Wer von dem kleinen Breitscheider Ortsteil Medenbach spricht, denkt zuerst an den ganz in der Nähe liegenden Kalksteinbruch. Das Dorf selber hält jedoch ebenfalls einige Schönheiten bereit, die es zu entdecken gilt.
Allen voran die evangelische Kirche mit ihrem bemerkenswerten frühgotischen Chorturm mit seinem pyramidenförmigen Helm und vier kleinen Spitzgiebeln. Er schließt sich an das modernisierte Kirchenschiff an. Der Altarraum wird von einem Kreuzgratgewölbe überdeckt. Der Triumphbogen ebenso wie die flache Nischen bildenden Schildbögen des Gewölbes sind spitzbogig. In den Nischen der Schildbögen befinden sich Reste von mittelalterlicher Wandmalerei, in der südlichen eine Darstellung „Christus vor Pilatus“. Die farbige Fassung des Triumphbogens, der Schildbögen und der Kreuzgrate entstammt der letzten, 1966 durchgeführten Restaurierung.
Im Verlauf der Hauptstraße gibt es vier gusseiserne Brunnen. In ihrer Gestaltung entsprechen sie dem im Dillgebiet üblichen Typ als acht- beziehungsweise viereckigen Brunnentröge. Sie stellten zum Zeitpunkt ihrer Aufstellung die Wasserversorgung des Dorfes sicher. Heute rhythmisieren sie den Straßenverlauf.
Wie Eingangs schon bemerkt ist Medenbach jedoch besonders durch seinen Kalksteinbruch bekannt. Das Kalkvorkommen ist Teil eines urzeitlichen Korallenriffs, das sich von Langenaubach über Breitscheid bis nach Erdbach zieht.
Die allumfassende Bedeutung des Medenbacher Sedimentgesteins Kalk ist nur Wenigen bewusst.
Kalk ist die Entwicklung des Lebens auf der Erde. Seit jeher verhilft das Mineral jedem Lebewesen zu Wachstum und Stabilität. Bereits vor mindestens 14.000 Jahren kannten die Menschen den Kalk als Baustoff und setzten ihn zum Tünchen und zur Mörtelherstellung ein. Mit der Zeit entdeckte man immer neue Wirkungsweisen und Einsatzbereiche. Das hat sich bis heute nicht geändert. Im Gegenteil. Die Nutzungsmöglichkeiten sind unüberschaubar. Ob in Häusern und Straßen verbaut oder bei der Produktion von Glas und Kunststoffen, zahlreichen Hygieneartikeln, Papier und Schmuck, Lebensmitteln und Getränken eingesetzt – Kalk ist überall und ist aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Der Medenbacher Kalk wird unter anderem als Zuschlag für Hochöfen, Stahlwerke und Eisengießereien gewonnen.
Er dient als Zusatzstoff im Hühnerfutter oder als Düngemittel für die Landwirtschaft. Kalksteinmehle werden in Rauchgasentschwefelungsanlagen verwendet. Zahlreiche Polier- und Schleifmittel – darunter auch Zahncreme – basieren auf Kalkstein. Beton, Zement, Fliesen, Gläser und Scheiben sind ohne Kalkanteile nicht herstellbar.
Wer weiß denn schon, dass die massiven Kalksteine nach einem langen Weg durch zahlreiche Verarbeitungsprozesse als Zitronensäure (dem Grundstoff für die Getränke-, Kosmetik- und Pharmaindustrie) oder in mehrwertigen Alkoholen, Klebstoffen, Farben und Lacken, zum Beispiel als Weißpigmentextender (Streckmittel) in Dispersionsfarben landen. Als Propylenoxid sind sie unverzichtbare Weichmacher in der Kunststoffindustrie. Auch als Kalkseife ist Kalk ein wichtiger Rohstoff für die Papierindustrie, ebenso in Schmiermittel und Stabilisator bei der Herstellung von Kunststoffen. Selbst beim Zahnarzt kommt man mit Kalk in Form von synthetischen Gipsen für die Gipsabdrücke beim Zahnarzt in Berührung. Das chemisch gefällte Calciumcarbonat, dem Calciumpräcipitat ist in vielen Produkten des täglichen Bedarfs wie Zahnpasta, Kosmetika, Papier, Gummiwaren, Mineralfarben und Arzneimitteln zu finden.
Um das Maß der Anwendungen und Einsatzarten voll zu machen muss noch die Kosmetika, zum Beispiel als Putzkörper in Zahnpasta, zur Mattierung in Puder oder mit Peelingwirkung erwähnt werden. Text und Fotos: Siegfried Gerdau