„Bergpredigt“ mit Hindernissen

Felix Reck ließ mir dieses köstliche Geschichtchen zukommen. Ich hoffe die Leser von gerdaus-welt.de freuen sich darüber genauso wie ich und sehen in ihm keine Blasphemie.

Ein Langenaubacher Pastor hatte vor seiner ersten Predigt großes Lampenfieber. Er fragte seinen Apotheker um Rat,

    was er dagegen tun könnte. Dieser empfahl ihm, vor dem Spiegel zu üben und immer dann, wenn er anfangen würde

    zu zittern, solle er einen Schnaps trinken.

    Am Sonntagmorgen zitterte der Pastor siebzehnmal und bestieg anschließend die Kanzel. Nach seiner Predigt verließ er diese

    unter anhaltendem Beifall der Gemeinde. Sein Apotheker lobte ihn auch, erklärte ihm aber gleichzeitig, dass er zehn Fehler

    in seiner Predigt hatte:

    1. Eva hat Adam nicht mit der Pflaume, sondern mit einem Apfel verführt.

    2. Kain hat Abel nicht mit einer MP erschossen, sondern ihn erschlagen.

    3. Es heißt auch nicht Berghotel, sondern Bergpredigt.

    4. Jesus wurde nicht auf einer Kreuzung überfahren, sondern gekreuzigt.

    5. Gott opferte seinen Sohn nicht den Eingeborenen, sondern seinen eingeborenen Sohn.

    6. Es war nicht der warmherzige Bernhardiner, sondern der barmherzige Samariter.

    7. In der Bibel steht auch nicht: „Suche mich nicht in der Unterführung”, sondern dort heißt

        es ”führe mich nicht in Versuchung”.

    8. Weiter heißt auch nicht: „Dem Hammel sein Ding”, sondern: “Dem Himmel sei Dank”.

    9. Es heißt nicht „Jesus, meine Kuh frisst nicht”, sondern „Jesus meine Zuversicht”.

  10. Am Ende der Predigt sagt man „AMEN” und nicht „Prost”. (Ähnlichkeit mit noch lebenden oder bereits verstorbenen Personen sind rein zufällig und keinesfalls beabsichtigt)

„Jede Schulstunde muss zugleich eine Deutschstunde sein“

Von Siegfried Gerdau

In einer Video-Pressekonferenz, an der neben dem Hessischen Kultusminister Professor Dr. Alexander Lorz (CDU), der Vorstandsvorsitzende der Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt Prof. Dr. Ronald Kaehlbrandt, Dr. Jörg F. Maas (Hauptgeschäftsführer der Stiftung Lesen) und die Schulleiterin der Pestalozzi- Grundschule in Herborn- Schönbach, Herborn- Hörbach sowie der Neue Friedensschule in Merkenbach und Sinn Esther Ringsdorf- Zörb teilnahmen, ging es um das brandaktuelle Thema „Stärkung der Bildungssprache Deutsch“.

Videokonferenzen sind während der Corona-Pandemie „Salonfähig“ geworden.

In seinem Statement machte der Minister deutlich, dass ihm dieses Thema sehr wichtig sei und es eines der zentralen Maßnahmenpakete der Landesregierung wäre. „Es ist heute eben nicht mehr selbstverständlich, dass die Bildungssprache Deutsch ist und das trifft nicht selten auch auf Kinder zu, die keinen Migrationshintergrund haben.“ Es bestehe in der Kultusministerkonferenz große Einigkeit, dass dafür aktiv und Länderübergreifend etwas getan werden müsse, sagte Lorz. Deutsch müsse eben nicht nur in der originären Deutschstunde unterrichtet werden. „Jede Schulstunde muss zugleich auch eine Deutschstunde sein“, forderte er. Das Ziel sei, dass jedes Kind von der ersten Schulstunde mitreden können müsse. Wenn bei den einschlägigen Einschulungs-Tests hier sprachliche Defizite festgestellt würden, habe man noch ein Jahr Zeit, die entsprechenden Maßnahmen einzuleiten. Er nannte in diesem Zusammenhang verpflichtende Vorlaufkurse im kommenden Schuljahr, eine zusätzliche Deutschstunde in der 4. Jahrgangsstufe und die verbindliche Festlegung einer verbundenen Handschrift.

Der Maßnahmenkatalog des Ministers war prall gefüllt.

Die Handschrift von Kindern und Jugendlichen hat sich seit etwa drei Jahrzehnten dramatisch verschlechtert. Zu dieser Einschätzung kamen jedenfalls mehr als 2000 Lehrkräfte aus Grund- und Sekundarschulen, die 2015 zum Handschreiben vom Schreibmotorik Institut im Auftrag des Deutschen Lehrerverbands befragt wurden. Ende 2018 hat der Verband Bildung und Erziehung nochmals eine vergleichbare Umfrage von diesem Institut durchführen lassen, wiederum mit ähnlich besorgniserregenden Ergebnissen. Danach sind nur vier Prozent der befragten Lehrkräfte an Sekundarschulen mit der Handschrift ihrer Schülerinnen und Schüler zufrieden. Grundschullehrkräfte gaben an, dass „über ein Drittel der Kinder Probleme hat, eine gut lesbare, flüssige Handschrift zu entwickeln“. An Sekundarschulen könnten „nur zwei von fünf Jugendlichen 30 Minuten und länger beschwerdefrei schreiben“. Lehrkräfte an weiterführenden Schulen sehen die größten Probleme in unleserlichen Schriften und im zu langsamen Schreiben, was Rechtschreibschwierigkeiten auslösen, aber auch die schulischen Leistungen generell beeinträchtigen könne. Drei Viertel der Lehrkräfte fordern deshalb ein spezielles motorisches Schreibtraining. Es fehle ihnen aber das nötige Wissen, ein förderndes Schreibtraining durchzuführen, denn in der Lehrerausbildung werde Handschreiben gar nicht mehr oder nur noch am Rande vermittelt. Wer Kindern später im Schuldienst die Technik des Schreibens nahebringen möchte, benötigt jedoch eine genaue Kenntnis des bewegungsrichtigen Schreibens einzelner Buchstaben und Buchstabenverbindungen sowie schreibmotorischer Fähigkeiten. Daher sollten die Didaktik und Praxis des Handschreibens in der Ausbildung für das Lehramt an Grundschulen wieder einen hohen Stellenwert bekommen. Quelle: Siegener Erklärung zur Schrift in der Schule.

Resultierend aus diesen Schwierigkeiten hat die hessische Landesregierung die Konsequenzen gezogen und mittels Auswahlverengung die verbindliche Festlegung einer vereinfachten Ausgangsschrift eingeführt. „Weniger Schnörkel sollen die Schrift flüssiger machen“, so der Minister. Dem für viele Menschen suspekten „Schreiben nach Gehör“ wird so ganz am Rande die Existenzberechtigung entzogen.   

Auch die in den vergangenen drei Jahrzehnten vernachlässigte Handschrift der Schüler soll eine Aufwertung erfahren.

Der Grundwortschatz wird auf 850 Worteinheiten festgelegt, die in der Grundschule verpflichtend geübt werden müssen und Schreibfehler werden bereits ab dem 2. Schulhalbjahr korrigiert. Der Minister nannte dies pädagogisch motivierte Fehlerkorrektur. Sehr deutlich machte er klar, dass das Korrigieren nicht mit dem Bewerten gleichzusetzen sei. Falsch sei also nicht gleich eine schlechte Note. Auch an den höheren Klassen, wie die 9/10 wird im übernächsten Jahr der Fehlerindex eingeführt.

Prof. Dr. Roland Kaehlbrandt von der Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt am Main warb sehr überzeugend für sein langjähriges Erfolgskonzept „Deutschsommer – Ferien, die schlau machen“. Der spielerische Umgang mit der Bildungssprache Deutsch bedeute für die Frankfurter Drittklässlerinnen und Drittklässler: Drei Wochen lang Ferien erleben, die schlau machen. „Die Kinder lernen nicht nur Deutsch und Theater spielen, sondern auch sich selbst und andere besser kennen. In Fach-, Selbst- und Sozialkompetenzen gestärkt, starten sie anschließend in das entscheidende vierte Schuljahr“, erklärte der Professor.

Die Lesekompetenz möchte das Kultusministerium ebenfalls massiv stärken. Im Vergleich mit anderen Ländern fehle es bei Kindern und Jugendlichen erheblich an der entsprechenden Motivation. Jedoch: Die Fähigkeit, Texte zu lesen und zu verstehen, beeinflusst alle Bereiche des Lebens und ist auch in der Schule wichtig und notwendig für das Lernen in allen Unterrichtsfächern.

100 Millionen Euro will Hessen in der kommenden Zeit für dies Stärkung der Bildungssprache ausgeben. Auch an eine entsprechende Aufstockung an Lehrkräften ist gedacht. Ebenfalls sollen diese entsprechend Aus- und Weitergebildet werden.

Reformen kosten, aber in der Bildung ist das Geld gut angelegt.

Dieses gesamte Maßnahmenpaket sei ein dickes Brett, sagte Dr. Jörg Maas, Hauptgeschäftsführer der Stiftung Lesen. Er und sein Stiftungskollege Kaehlbrandt arbeiten eng mit dem Kultusministerium zusammen. Die Lesekompetenz schon im Klein-Kindesalter zu entwickeln, halte er für unabdingbar. Schule alleine könne das später nicht schaffen und hier seien die Eltern gefragt. Täglich eine halbe Stunde vorlesen könne so den Grundstock für die spätere Lesekompetenz liefern.

Deutsch in Wort und Schrift zu beherrschen, sei der Schlüssel für alles andere, sagte Schulleiterin Ester Ringsdorf-Zörb. „Ohne diese Kompetenzen versanden alle Talente“, fügte die Rektorin hinzu. So halte sie alle Maßnahmen, die geeignet seien Sprachkompetenzen zu stärken für gut und richtig. Wichtig seien jedoch einheitliche Regeln, zeigt sie sich überzeugt.

Auch zum Thema Korrektur vertrat sie nachdrücklich ihren Standpunkt. „Das ist nichts Schlimmes. So würde ein Gitarrenlehrer nie auf die Idee kommen, falsche Anschläge seiner Schüler unkorrigiert zu lassen“, fügte sie hinzu. „Wenn ich auch nur ein Kind wegen seiner Deutsch-Defizite zurückstellen muss, tut mir das sehr leid.“ All diese eingeleiteten Maßnahmen verpflichtend zu machen sei richtig. Sie helfen dem Kind und Jugendlichen gut durch die Schule zu kommen. Sehr authentisch und realitätsnah sprach Ester Ringsdorf-Zörb im Anschluss über ihre nachhaltigen Erfahrungen aus dem Schulalltag.

Die Frage eines der anwesenden Pressevertreter nach der Ursache mangelnder Motivation bei Jugendlichen in Punkto Lesefleiß beantwortete Jörg Maas wie folgt: „Entscheidend sind die ersten sechs Lebensjahre. Diese entscheiden über den weiteren Verlauf und das spätere Leseinteresse des Kindes. Das können Eltern sehr stark durch Vorlesen beeinflussen“. Natürlich könne da später ein Motivationsknick aus den unterschiedlichsten Gründen eintreten, fügte er hinzu, aber die einmal geschaffene Basis sei Gold Wert. Die Pressekonferenz wurde von Michael Ashelm, Pressesprecher des Hessischen Kultusministerium geleitet. Fotos: Gerdau

Unglaublich aber wahr

Nachfolgend angehängte Messanger erreichte mich eben (21 Uhr). Ich bin fassungslos und kann gut verstehen, dass mein Bekannter sich auf den Arm genommen fühlt. Sind wir in unserem Land eigentlich noch normal? Ich habe mittlerweile berechtigte Zweifel. Übrigens: Wenn jemand auf den Gedanken kommt und meint ich würde Fake News verteilen, muss ich ihn enttäuschen. Der Mann ist über jeden Zweifel erhaben und ich glaube ihm jedes Wort. Natürlich ist mir sein vollständiger Name sowie seine Anschrift bekannt.

Hey Siggi

Ich komme gerade aus Rumänien heim. Ich sitze im „Blabla Fern-Bus“ mit anderen acht Personen.

Ich musste diesen Weg wählen, da ich heute morgen keinen PCR TEST am Flughafen hatte.

Der Flieger ging dann ohne mich.

Dann reisten neun Personen stundenlang ohne Maske und Corona-Test auf dem normalem Landweg in Deutschland ein.

Mann, das sollte man echt mal bringen, um die Leute aufzuwecken🥺😩

Das ist doch alles nicht mehr nachvollziehbar.

Ausreisen und in Rumänien einreisen auf dem Landweg darf man ohne Test🤭

Lieben Gruß W.

Stadtentwicklung mit Fingerspitzengefühl

Von Siegfried Gerdau

Nicht erst in jüngster Zeit stehen der Wohnungsbau und damit die Mietpreise in der Region Herborn und anderswo immer wieder zur Debatte. Dem Ruf „wir brauchen Wohnungen“, wird nicht zu Unrecht genauso oft dagegengehalten, „aber zu bezahlbaren Mietpreisen.“ Da mir vorgeworfen wurde, ich habe zu ungenau recherchiert, möchte ich mit nachfolgender Aufstellung den Beweis für die Richtigkeit meiner Aussagen in einem meiner vorherigen Artikel antreten.

Natürlich gibt es im Lahn-Dill- Kreis und explizit im Großraum Herborn sehr viele gutverdienende Menschen und nicht „nur“ Fabrikarbeiter. Es gibt Millionäre, einkommensstarke Geschäftsleute, Beamte und Politiker mit hohen Monatsgehältern, aber eben auch ein Heer von Arbeitern, Angestellten und Dienstleistungsmitarbeitern, die „den Karren“ in Bewegung halten.

Wer sehr genau überlegen muss, wo er am günstigsten einkauft, wie oft er sich ein Theaterstück oder eine Tasse Kaffee leisten kann und ob das Kind den Schulausflug mitmachen darf oder nicht, ist der Personenkreis, um den es mir geht.

Diese Leute können eine Wohnung nicht nach Ausstattung, Lage und Größe wählen, sondern in erster Linie nach der Miethöhe. Wer jetzt antwortet, „dann hätten die mal besser in der Schule aufgepasst und einen ordentlichen Beruf gelernt“, sollte jetzt aufhören weiter zu lesen.

Politiker die sich dem Wohle des Volkes verpflichtet fühlen (und das sollten alle) müssen Willens und in der Lage sein, die Dinge wahrzunehmen so wie sie sind und immer wieder an gerechten Lebensbedingungen für alle Menschen arbeiten. Zu Zeiten eines Ludwig Wilhelm Erhard (CDU), der auch gerne als Vater des „deutschen Wirtschaftswunders“ und des als Soziale Marktwirtschaft bezeichneten Wirtschaftssystems der Bundesrepublik Deutschland bezeichnet wurde, war es dennoch unstrittig, dass die Gesellschaft durch sozial-, wirtschafts- und finanzpolitische Maßnahmen Grenzen ziehen oder Regeln setzen muss.6

Natürlich ist es wichtig, Investoren zu finden, die es ermöglichen die Infrastruktur einer Kommune (am besten positiv) zu verändern. Diese Menschen wollen Geld damit verdienen und auch das ist absolut verständlich. Genau hier kommt jedoch die Politik ins Spiel. Sie muss beide Interessen miteinander verbinden und auch das Gesamtbild nicht aus den Augen verlieren.

Alles so lassen wie es immer war, ist sicher eine schlechte Lösung. Stadtentwicklung verträgt dennoch keine Schnellschüsse. Foto: Gerdau

Fabrikarbeiter:

1. Gehalt

Für Fabrikarbeiter liegt das deutschlandweite Gehalt bei 2.552 € pro Monat. Diesen Wert ist auf Basis von 518 Datensätzen ermittelt worden. Hinsichtlich der Gehaltsspanne ist festzustellen, dass die unteren Monatsgehälter bei 1.959 € beginnen, Fabrikarbeiter in den oberen Regionen jedoch auch bis zu 3.370 € und mehr verdienen können.

Wie bei nahezu allen Berufen, hat neben vielen anderen Faktoren auch der Standort des Arbeitgebers individuellen Einfluss auf die Höhe des Gehalts. So beträgt das monatliche Durchschnittsgehalt im nördlichsten Bundesland der Republik ungefähr 2.748 €. Arbeitet man hingegen im Süden, so kann man beispielsweise in Baden-Württemberg mit einem durchschnittlichen Gehalt von 2.812 € rechnen. Insoweit ist anzumerken, dass die Analyse unserer Daten bundesweit regelmäßig zu dem Ergebnis führt, dass die Gehälter im Süden Deutschlands tendenziell über denen im Norden liegen. Jedoch ist dabei – wie auch beim Vergleich des Verdienstes in städtischen Gebieten mit denen auf dem Land – zu beachten, dass die Lebenshaltungskosten oft parallel zu den Gehältern steigen. Quelle: Gehaltsvergleich.com

Nach dem „Gehaltsrechner“ von Gehaltsvergleich.com liegt somit das Netto-Gehalt im Durchschnitt zwischen knapp unter 2 000 und 2300 Euro.

Aktueller Marktmietspiegel für

Herborn (Hessen)

7,48 €

pro m² Wohnfläche

5,50 € – 9,73 € (Preisspanne) Quelle: wohnpreis.de

9,00 € (Neubau) Das sind für eine 100 Quadratmeterwohnung 900 Euro Kaltmiete+ mindestens 200 Euro Nebenkosten. Ergibt eine Miete von 1 100 Euro monatlich.

Somit verbleiben einem Fabrikarbeiter mittleren Alters, verheiratet und einem Kind knapp 1000 Euro für Lebenshaltungskosten wie Lebensmittel. Abzahlungen für den Kauf eines PKW (demnächst E-Auto), Versicherungen und vieles mehr.

Bei den alles andere als gut bezahlten Angestellten in der Gastronomie, im Friseurhandwerk oder in der Lebensmittelbranche sehen diese Zahlen durchaus ein wenig anders aus.

Leser-Stellungnahme:

Ra-Mona schrieb heute folgendes zu meinem Artikel in Facebook und das fand ich so treffend, dass ich es meinen Blog-Freunden nicht vorenthalten möchte.

Nicht zu vergessen die mittlerweile Heerscharen an benötigten Kurier- und Postfahrern, die üblicherweise zwischen 1500 und 2000 Euro bekommen – brutto! Und die können sich mit Sicherheit nicht mal Mieten von 700 Euro leisten, ganz zu schweigen von PKW oder ständig neuem Handy oder Computer für die Kinder. Ganz schwer haben es auch die Langzeitarbeitslosen (oft sind sie ohne eigenes Verschulden davon betroffen, das sieht aber anscheinend eine Menge Leute leider anders). Die dürfen nur nach kleinen Wohnungen suchen und das noch zu Mieten, die je nach Anzahl der Familienmitglieder 300 bis 400 Euro i.d.R. nicht überschreiten dürfen. Wo sind die Wohnungen für diese Menschen?“

Soll Politik Einfluss auf Wohnungsmarkt nehmen?

Viele Haushalte durch hohe Mietkosten stark belastet

Der Wohnungsmarkt bleibt vor allem in den Großstädten prekär. Es fehlen kleine, günstige Wohnungen, für ärmere Haushalte ist die Miete ein großes finanzielles Problem.

18 Prozent der Mieterhaushalte in Großstädten können laut einer Studie nicht mit bezahlbaren und angemessenen Wohnungen versorgt werden. © Lothar Ferstl/​dpa

Fast jeder zweite der rund 8,4 Millionen Haushalte mit einer Mietwohnung in einer deutschen Großstadt gibt mehr als 30 Prozent seines Nettoeinkommens für die Miete aus. Das geht aus einer von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung geförderten Untersuchung der Humboldt-Universität Berlin hervor. Demnach muss gut ein Viertel der Haushalte mindestens 40 Prozent des Einkommens für Warmmiete und Nebenkosten aufwenden. Knapp 12 Prozent der Großstadthaushalte benötigten sogar mehr als die Hälfte ihres Einkommens für die Miete.

Die verstärkte Bautätigkeit hat die Wohnungsnot allenfalls geringfügig verbessert, schreiben die Forscher. Vor allem kleine und günstige Wohnungen fehlten, und das Angebot sei über die Jahre noch deutlich knapper geworden.

Laut der Studie können selbst unter Annahme einer optimalen Verteilung des vorhandenen Wohnraumes 1,5 Millionen Haushalte nicht mit bezahlbaren und angemessenen Wohnungen versorgt werden. Dieser „harte Kern“ der Wohnungsnot betreffe mehr als 18 Prozent aller Mieterhaushalte in den Großstädten. Das Angebot an Wohnungen, die mehr als 15 Euro brutto warm kosteten, sei seit 2006 dagegen deutlich um mehr als 535.000 gestiegen.

Eine Überlastung durch hohe Mieten ist der Studie zufolge nicht auf bestimmte Städtetypen begrenzt. So fänden sich unter den Städten mit der höchsten Belastungsquote bei der Warmmiete im Verhältnis zum Einkommen vergleichsweise wohlhabende und „teure“ Großstädte wie Düsseldorf, Wiesbaden oder Darmstadt ebenso wie das wirtschaftlich eher schwache Bremerhaven, Recklinghausen oder Mönchengladbach. Dort seien zwar die Mieten, aber auch die Einkommen niedriger.

Auch das Statistische Bundesamt hatte die Belastung der Haushalte mit den Wohnkosten analysiert. Nach seinen Daten lebten im Jahr 2019 knapp 14 Prozent der Bevölkerung (rund 11,4 Millionen Personen) in Haushalten, die von hohen Wohnkosten finanziell überlastet waren. Eine Überbelastung bei Wohnkosten sieht die Behörde, wenn ein Haushalt mehr als 40 Prozent des verfügbaren Einkommens für das Wohnen ausgibt.

Quelle: ZEIT ONLINE 15. Juni 2021, 7:49 Uhr

Alles fließt. Nur die Richtung kann der Mensch beeinflussen. Foto: Gerdau

Kommentar

von Siegfried Gerdau

Diese sicher unstrittigen Tatsachen, denen sich die ZEIT in dem obigen Artikel gewidmet hat, können verantwortungsbewusste Politiker aller Ebenen auf Dauer nicht ignorieren.

Am Beispiel der Stadt Herborn im Lahn-Dill-Kreis mit ihrem wunderschönen Ambiente, wird das mehr als deutlich. Die Bautätigkeit, mit dem Ziel hochpreisige Eigentums-Wohnungen zu errichten, ist ungebrochen. Mittlerweile kann man schon von einer Bauwut sprechen. Mieten jenseits der 1 000 Euro-Marke sind fast schon die Regel und die Kaufpreise liegen für den normal Sterblichen im exorbitanten Bereich. Von der Zersiedlung des alten Stadtkerns möchte ich hier gar nicht reden. Mit der unglückseligen Pertuisplatz-Bebauung, die heute keiner mehr so gewollt hat, hat sich bereits mancher Kommunalpolitiker ein Denkmal der besonderen Art gesetzt.

Man bedient mit der Schaffung von exklusivem Wohnraum lediglich eine fest umrissene Klientel. Wohlhabende Rentner und Pensionäre, Manager und Geldanleger. Junge Menschen und hier denke ich besonders an junge Familien mit ganz normalen Einkommen, haben keine Chance und wenden notgedrungen Herborn den Rücken zu. Genau diese Personengruppen braucht aber eine Stadt, wenn sie sich weiterentwickeln will.

Um es noch einmal in aller Deutlichkeit zu sagen: Für den Durchschnittsverdiener, der in der heimischen Industrie oder im Handwerk beschäftigt ist, wird es kaum möglich sein, viel mehr als 2000 Euro netto monatlich nach Hause zu bringen. Abzüglich der laufenden Kosten und dem Riesenbetrag für Miete und Nebenkosten bleibt für Kultur und Sonstiges nichts mehr übrig.

Natürlich können Politiker all dieses völlig ignorieren und sich freuen, wenn möglichst viele gutsituierte Ruheständler die Herborner Cafés füllen. Ob diese Entwicklung aber auf Dauer gut und ausreichend ist, mag dahingestellt sein. Angesichts der Tatsache, dass sich Herborn langsam aber sicher zu einer Kaffeehaus-Stadt entwickelt und die „industrielle Revolution“ der Nachbarstadt Haiger überlässt, wohl eine logische Folge.  

Unter diesem Aspekt und sehr sarkastisch betrachtet, braucht man ja auf den sogenannten sozialen Wohnungsbau keinen Wert mehr zu legen. Wir schicken die jungen Leute dahin, wo die lukrativen Arbeitsplätze und bezahlbare Wohnungen sind und bauen für deren alten Tage noch ein paar Luxuswohnungen und Altenheime mehr.

Herborn, eine ehemals prosperierende Stadt mit viel Industrie und Wirtschaft, ist müde geworden. Wir sollten sie wieder aufwecken und nicht den Beton-Gold-Investoren das Feld alleine überlassen. Ein zweiter Pertuisplatz im Herborner Hinterthal, jedoch in fünffacher Dimension, kann nicht im Sinne einer vernünftigen und verantwortungsvollen Wohnungspolitik sein.

Dies wird sicher auch in der versprochenen Bürgerversammlung deutlich werden.

Stellungnahme zur Bebauung im Herborner Hinterthal mit aktuellem Foto

Die geplante Bebauung mit 15 Wohntürmen für zirka 200 Appartement-Wohnungen und eines Parkhauses an Stelle des ehemaligen Toom/REWE-Marktes im Herborner Hinterthal gefällt nicht allen Herborner Bürgern. Der Investor, der im Juni 2020 die HELM Wohnpark Herborn GmbH & Co. KG, Aßlar gründete, stellte in der nachfolgend genannten Sitzung den Bauausschuss-Mitgliedern des Herborner Parlaments das Projekt vor. Dabei ergaben sich zahlreiche unbeantwortete Fragen, die in zwei weiteren Sitzungen geklärt werden sollen. Klar war jedoch, dass der Bauherr im Zuge der Baumaßnahmen 8 Nistkästen für heimische Wildvogelarten installieren will. Dies wurde in der Sitzung kommentarlos zur Kenntnis genommen. sig

Der ehemalige REWE/Toom-Markt im Herborner Hinterthal ist abgerissen. An seiner Stelle sollen 15 Wohntürme entstehen. Foto: privat

Die Initiative „Bürger für Herborn“ schickte mir per Mail nachfolgenden Bericht, mit der Bitte diesen in gerdaus-welt.de zu veröffentlichen.

Den Stadtverordneten wurde in der Bauausschusssitzung im Merkenbacher Bürgerhaus am 2. Juni 2021 erstmals die Dimension der geplanten Änderung des Bebauungsplans im Herborner Hinerthal bewusst. Zahlreiche Fragen blieben offen.
Unsere Forderungen, nicht im beschleunigten Verfahren zu beschließen, sondern sich ausführlich mit den Festsetzungen im Bebauungsplan und dem geplanten Bauvorhaben auseinanderzusetzen, wurde gefolgt. In der 27. Kalenderwoche, die am 28. Juni beginnt, sind zwei öffentliche Termine des Ausschusses im Herborner Hinterthal und in Gießen „Am alten Schlachthof“ geplant – siehe Artikel von heute (12. 06.) im Herborner Tageblatt.  Leider ist in dem Artikel nicht mehr die Rede von der angekündigten Bürgerversammlung.

Wir möchten an dieser Stelle nochmals betonen, dass es nicht das Ziel unserer Initiative ist, jegliche Bebauung zu behindern oder gar zu verhindern. Es geht um einen gerechten Ausgleich von sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Interessen.
Wir stören uns weiter an der Art und Weise, wie seitens der Stadt und der Investoren versucht wird, in beschleunigten Verfahren und unter Ausschluss der Öffentlichkeit, Tatsachen zu schaffen, ohne ein ausführlichen Diskurs zuzulassen. 
Ebenso schädlich für die weitere Stadtentwicklung sehen wir auch bei diesem Vorgang, die Diskussion um einzelne Standorte und Objekte und fordern weiter einen öffentlichen Diskurs um die integrierte Stadtentwicklung. 
Wir wünschen uns, dass die Stadt Herborn in einem integrierten Stadtentwicklungskonzept für Kernstadt und Stadtteile auch Flächen für Wohnbebauung ausweist und es zu einer Umkehr kommt. Die Stadt bietet Flächen mit Vorgaben für sozial verträglichen Wohnungsbau und nicht Investoren suchen Schwächen in der Bauleitplanung.
Ronald Lommel und Hans-Dieter Wieden

http://www.Wir-für-Herborn.de. E-Mail: buergerherborn2051@aol.com
02772 5726555 (Lommel) – 02772 40674 (Wieden)

Die Grünen und die populistische Benzinwutkampagne

Einen Kommentar von Thorben Meier, den ich heute im sozialen Netzwerk fand, hielt ich für so treffend, dass ich ihn nachfolgend auch in gerdaus-welt.de veröffentlichen möchte.

Annalena Baerbock (Grüne) möchte den Benzinpreis noch teurer machen. Kritik daran ist für den grünen Fraktionsvorsitzenden Anton Hofreiter eine „populistische Bezinwutkampagne“. Die Grünen haben sich vollkommen von der Lebenswirklichkeit der Deutschen abgekoppelt. Arroganz von Leuten, die jederzeit einen Fahrer zur Verfügung haben und die sich eine Steuererhöhung – durch hohe Diäten etc. – finanziell locker leisten können.

Dabei geht es doch keineswegs um eine „Benzinwutkampagne“. Es geht vielmehr für viele Menschen um nicht weniger als die Frage, ob sie sich das Leben in der Heimat in Zukunft noch leisten können. Wer diese Sorgen niederbrüllt oder verächtlich macht, spielt mit dem sozialen Frieden.

Ein stabiler Handkarren und ein geräumiges Fahrrad für die Masse. Kann so dass Klimaproblem in der Welt nachhaltig gelöst werden? Archivfoto: Gerdau

15% der Deutschen leben in Städten mit weniger als 5.000 Einwohnern. 27% in Städten zwischen 5.000 und 20.000 Einwohner und in Städten mit 20.000 bis 100.000 Einwohnern leben weitere 27%. Insgesamt also fast 70%. Nur etwas über 30% der Deutschen leben in Großstädten. Gleichzeitig ist der Wunsch auf dem Land zu leben ungebrochen: Laut einer Umfrage von Kantar von 2019/2020 wollen 34% der Deutschen in einem Dorf, 27% auf dem Land/Kleinstadt und 26% am Stadtrand leben. Nur 13% wollen in der Stadt leben.

Nun ist es aber so, dass erst ab einer gewissen Stadtgröße der ÖPNV eine echte Alternative zum PKW darstellt. Je nach Einzelfall dürfte dies ab einer Stadtgröße von 70/80.000 Einwohnern überhaupt wirklich relevant sein. Und selbst bei Großstädten sind viele Randbezirke derart schlecht angebunden, dass es für Menschen z.B. im Schichtdienst keine wirkliche Alternative zum eigenen PKW gibt. Das, was die Grünen mit Radschnellwegen und einem „verbesserten ÖPNV“ erreichen wollen, taugt nur für eine Minderheit der Deutschen.

Daran zeigt sich aber die ganze Unsinnigkeit der Erhöhung von Bezinpreisen: Erhöhte Steuern sollen entweder Leute davon abhalten etwas zu tun (z.B. Tabaksteuer, oder damals die „Alkopops“) oder sie sollen die Leute dazu bringen, auf andere Alternativen umzusteigen, die dann steuerlich bevorzugt werden. Bei der Bezinsteuer geht es vor allem um Letzteres. Das Problem: Für die Mehrheit der Deutschen gibt es wie gesagt diese Alternative nicht. Wer in Berlin zentral wohnt, der wird schon heute das Auto nur selten nutzen, wer aber im Speckgürtel von Hannover wohnt, in Ostwestfalen, Niederbayern, der Uckermark oder Ostfriesland, der hat diese Alternative schlichtweg nicht. Für solche Leute kann eine höhere Co2-Bepreisung auf Treibstoff keinerlei Lenkungswirkung entfalten – weil er mangels Alternative trotzdem zum PKW greifen muss. Er zahlt nur viel mehr Geld für das gleiche. Insofern ist die Erhöhung von Benzinpreisen ein vollkommen untauglicher Versuch.

Eigentlich ist das Ergebnis noch schlimmer: Den Leuten auf dem Dorf, in Klein- und Mittelstädten und den Speckgürteln der Metropolen bleibt nichts anderes übrig, als noch mehr für Sprit zu bezahlen. Damit finanzieren dann Leute, die oftmals eher nicht zu den Gutverdienern gehören, irgendwelche Zuschüsse zu Solaranlagen, E-Autos und neuen Heizungen, die wiederum vor allem denen zugute kommen, die sich eh ein e-Auto oder eine Solaranlage leisten können – die paar tausend Euro Prämie aber gerne mitnehmen. Es ist eine unsoziale Umverteilung von unten nach oben. Ohne jede positive Lenkungswirkung für das Klima.

Dörfer und Klein- und Mittelstädte werden massiv leiden. Wer sein Kind zur Musikschule oder zum Sport bringen will, wer am Übungsabend der Feuerwehr teilnehmen oder sich in der Kreispartei engagieren möchte, muss viele Kilometer mit dem Auto zurücklegen. Der Bus ist keine Alternative. Der fährt nämlich nach 18 Uhr nicht mehr. Diese Leute werden es sich in Zukunft doppelt überlegen müssen, ob sie sich das finanziell weiter leisten wollen.

Die Benzinpreisorgie der Grünen bringt rein gar nichts. Es gibt es keine wirkliche Alternative zum PKW. Und auch in Zukunft wird ein 15-Minuten-Takt in Ostwestfalen, dem Allgäu oder im Erzgebirge nicht realisierbar sein. Insofern führen die Pläne der Grünen dazu, dass weite Landstriche veröden, das Dorfleben weiter stirbt und der Druck auf den Wohnraum in bestimmten städtischen Lagen weiter steigt. Und dann rufen dieselben Grünen wieder nach einer Mietpreisbremse. De facto ist die Bezinpreiserhöhung eine Umverteilung von unten nach oben.

Dass den Grünen dies egal ist und man die berechtigte Sorge um die Zukunft in der ländlichen Heimat als „populistische Benzinwutkampagne“ bezeichnet, zeigt, wie wenig diese Partei der Besserverdiener sich um die Belange aller Menschen in unserem Land kümmern.

Die Grünen zu wählen, das muss man sich zuallererst leisten können.

Zur Wahrheit gehört jedoch auch: Die Erhöhung des Benzinpreises um 16 Cent ist schon beschlossen – von der GroKo. Ein sozialer Ausgleich, wie die GRÜNEN ihn planen, wurde allerdings abgelehnt – von der CDU.

Schreibt Daniel Sattler, Herborn, zum Thema

Herborn bewegt sich

Kommentar von Siegfried Gerdau

An allen Ecken und Enden wird in der schönen Fachwerkstadt gebaut, was das Zeug hält. Wir brauchen Wohnraum, ist von offiziellen Stellen zu vernehmen und das ist richtig. Bezahlbaren Wohnraum vor allem und der ist trotz der anhaltenden Bauwut immer noch Mangelware. Für die Besserverdiener, mit monatlichen Einkommen über 8 000 Euro sind läppische 1 300 Euro Miete ein Klacks. Für den normalen Bürger, die Friseurin, den gewerblichen Mitarbeiter oder die Servicekraft in der Gastronomie hingegen Utopie.

Jetzt steht gerade ein neues Wohnprojekt im Raum. Das Herborner Hinterthal ist bereits seit Beginn des vergangenen Jahres in den Focus von Investoren gerückt. Abgesehen von der Genossenschaft für Bau- & Siedlungswesen Herborn eG (GBS), die sich in ihren Statuten „Versorgung mit Wohnraum zu fairen Preisen“ auf die Fahnen geschrieben hat, tummeln sich auch Gewinnmaximierer auf dem Markt für Betongold. Während die GBS an Stelle des ehemaligen bedra-Geländes drei Wohngebäude mit jeweils 20 Wohnungen errichten will, sollen ein paar Meter weiter 15 sechsstöckige Blöcke mit insgesamt 330 Wohnungen plus 60 bis 70 Boarding-House- Wohnungen entstehen. Schwer vorstellbar, wenn dort bis zu 30 Meter hohe Wohnklötze entstehen, die noch über das Niveau der benachbarten Westerwaldstraße ragen.

Archivbild Herborn. Links hinten steht noch bedra und der alte REWE/Toom-Markt. Foto: Gerdau

Dazu ist bei Wikipedia zu lesen:

Der Begriff Boardinghouse (von engl. boarding = Verpflegung/Beköstigung, house = Haus) oder Serviced Apartment bezeichnet einen Beherbergungsbetrieb, welcher Zimmer oder Apartments mit hotelähnlichen Leistungen in meist städtischer Umgebung vermietet. Im Gegensatz zu einer Pension oder einem Hotel ist in einem Boardinghouse ein längerer Aufenthalt geplant. Daher wird im deutschen Sprachraum auch die Bezeichnung „Zuhause auf Zeit“ genutzt. Die Zimmer und Wohnungen in einem Boardinghouse werden vor allem von Firmen genutzt, die über längere Zeit Mitarbeiter für bestimmte Projekte in andere Städte entsenden. Deren Unterbringung in einem Boardinghouse ist wesentlich günstiger als in einem Hotel. Eine Alternative auf einfacherem Niveau bieten auch Monteurzimmer.

Der Investor, die HELM Wohnpark Herborn GmbH & Co. KG mit Sitz in Aßlar will angrenzend an die Wohnblöcke ein Parkhaus errichten, um die dann entstehende Nachfrage nach Parkraum zu befriedigen. Die Zufahrt zu dem Wohnkomplex soll über die Westerwaldstraße, über besagtes Parkhaus erfolgen.

So weit so gut oder schlecht. Die Stadt Herborn entledigt sich auf jeden Fall ihrer letzten Möglichkeit für eine repräsentative Stadthalle. Sie befindet sich damit in bester Gesellschaft mit den Nachbarkommunen Dillenburg und Sinn, die ebenfalls auf eine solch kulturelle Einrichtung verzichten müssen. Wenn die Konferenzhalle am Herborner Haus des Lebens einer geplanten Erweiterung des Seniorenheims weichen muss, ist weitgehend „Ende Gelände“. Der Vitos-Festsaal war bisher noch der letzte Rettungsanker für größere Veranstaltungen in der Stadt, aber auch sicher nicht die perfekte und immer verfügbare Ultima Ratio.

Jetzt soll sich im Hinterthal an Stelle des ehemaligen Toom-Marktes ein „Pertuis-Platz II“ entwickeln, aber die Mitglieder des Herborner Bauausschusses unter dem Vorsitz von Lukas Winkler im Beisein des 1. Stadtrates Claus Krimmel vernahmen erstmals am Mittwoch konkretes oder besser weniger Konkretes zu den geplanten Maßnahmen. Sie lehnten denn auch eine definitive Aussage mit Abstimmung zu dem Projekt ab und wollen sich doch lieber einmal ein Bild vor Ort machen.

Wie schon gesagt, die Stadt braucht bezahlbaren Wohnraum und das sicher nicht um jeden Preis. Schon einmal standen die Entscheider vor einer ähnlichen Situation. Daraus entwickelte sich eine immer noch unansehnliche Hochhausburg-Bebauung auf dem Schießberg. Viele Kommunalpolitiker sagten später, „das würden wir so nicht wieder machen.“

Auch die Bebauung des Pertuis-Platzes ist eine ähnliche Bausünde in der Mitte der Stadt und egal wen man heute fragt, es will niemand dafür gewesen sein. Wenn die Baugruben erst einmal ausgehoben sind, ist der Käse gegessen, wie der Volksmund sagt.

Ob die Wohnblocks auf dem ehemaligen Gutshof-Gelände auch wirklich dorthin passen, hinterfragte ebenfalls niemand. Jetzt stehen sie da- Herborn braucht Wohnraum- und bieten sich für knapp 1 000 Euro Wohnungs-Kaltmiete an.

Die Volksbank hat ihren Gebäude-Block direkt gegenüber der Tiefgarageneinfahrt des Dill-Center stehen. Schön ist auch hier etwas anderes. Es hat ein wenig Plattenbau-Charakter. Aber, Herborn braucht Wohnungen, auch wenn die Penthouse-Preise in Richtung der 1-Millionen Grenze ziehen.

Die Herborner Geschäftswelt und die Gastronomie dürfte der Zuzug vieler finanzpotenter Menschen in die Stadt freuen. Mich freut es auch, wenn unsere schöne Kommune prosperiert. Aber bitte immer mit dem Blick für das Ganze. Die Menschen ziehen nicht zuletzt wegen des schönen Ambientes an die Dill. Sicher aber nicht wegen der „vielen“ Arbeitsplätze. Die werden nämlich immer weniger und wenn sich Herborn peu à peu zu einer Kaffeehausstadt entwickelt, ist das eine wunderschöne, idyllische Angelegenheit, aber es fehlen dann irgendwann die Gewerbesteuereinnahmen.

Auch am Kornmarkt bewegt sich etwas. Schon seit Jahrzehnten spricht man davon den Schmalen Weg für den Durchgangsverkehr zu sperren und den Kornmarkt ebenso. Jetzt sollen auf dem Kornmarkt erst einmal nur an Wochenenden die parkenden PKW verschwinden und den Gastronomen mehr Raum für die Außenbewirtschaftung verschafft werden. Gut so, aber: Auch hier muss man mit sehr viel Gefühl vorgehen. Wie man eine Stadt weitgehend autofrei und damit tot machen kann, lässt sich leicht ein paar Kilometer weiter beobachten. Man kann natürlich auf das Fahrrad als Fortbewegungsmittel verweisen, aber dann hat man auch die Stadtteilbevölkerung von Schönbach oder beispielsweise Hirschberg ausgegrenzt. Ebenfalls die Dillenburger, Siegener oder die Menschen aus dem Hinterland, werden kaum mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur des Kaffees wegen in die Bärenstadt kommen.

Zum Schluss noch ein paar Worte mehr zur Parksituation in Herborn. Das Parkhaus am Hintersand will, so wie man vernehmen kann, niemand haben. Wer parken möchte oder muss soll in die Littau fahren. Dort gibt es aber gar nicht so viel Parkplätze, wie immer behauptet wird. Dann bitte schön der Schießplatz. Das nächtliche Testgelände für testosterongesteuerte Jugendliche ist aber an Werktagen mit den PKW der in der Stadt Beschäftigten schon per se gut gefüllt. Dort passte auch ein Parkhaus gut ins Bild. Es wird also eng mit den Plätzen für die ungeliebten CO2-Produzenten. Die Situation bessert sich auch nicht, indem man mehr Knöllchen verteilt. Übrigens, der Wohnmobil-Stellplatz auf dem Schießplatz ist eine Schande. In allen einschlägigen Führern wird er total abgewertet und das zu Recht.

Das soll auch so bleiben. Archiv-Foto: Gerdau

Augenmaß ist auch hier gefragt. Auf keinen Fall sollte man hinnehmen, dass Einkaufswillige die Stadt meiden, weil das Katzenstreu einfach zu schwer ist, um es hunderte von Metern weit zu schleppen.