Die Grünen und die populistische Benzinwutkampagne

Einen Kommentar von Thorben Meier, den ich heute im sozialen Netzwerk fand, hielt ich für so treffend, dass ich ihn nachfolgend auch in gerdaus-welt.de veröffentlichen möchte.

Annalena Baerbock (Grüne) möchte den Benzinpreis noch teurer machen. Kritik daran ist für den grünen Fraktionsvorsitzenden Anton Hofreiter eine „populistische Bezinwutkampagne“. Die Grünen haben sich vollkommen von der Lebenswirklichkeit der Deutschen abgekoppelt. Arroganz von Leuten, die jederzeit einen Fahrer zur Verfügung haben und die sich eine Steuererhöhung – durch hohe Diäten etc. – finanziell locker leisten können.

Dabei geht es doch keineswegs um eine „Benzinwutkampagne“. Es geht vielmehr für viele Menschen um nicht weniger als die Frage, ob sie sich das Leben in der Heimat in Zukunft noch leisten können. Wer diese Sorgen niederbrüllt oder verächtlich macht, spielt mit dem sozialen Frieden.

Ein stabiler Handkarren und ein geräumiges Fahrrad für die Masse. Kann so dass Klimaproblem in der Welt nachhaltig gelöst werden? Archivfoto: Gerdau

15% der Deutschen leben in Städten mit weniger als 5.000 Einwohnern. 27% in Städten zwischen 5.000 und 20.000 Einwohner und in Städten mit 20.000 bis 100.000 Einwohnern leben weitere 27%. Insgesamt also fast 70%. Nur etwas über 30% der Deutschen leben in Großstädten. Gleichzeitig ist der Wunsch auf dem Land zu leben ungebrochen: Laut einer Umfrage von Kantar von 2019/2020 wollen 34% der Deutschen in einem Dorf, 27% auf dem Land/Kleinstadt und 26% am Stadtrand leben. Nur 13% wollen in der Stadt leben.

Nun ist es aber so, dass erst ab einer gewissen Stadtgröße der ÖPNV eine echte Alternative zum PKW darstellt. Je nach Einzelfall dürfte dies ab einer Stadtgröße von 70/80.000 Einwohnern überhaupt wirklich relevant sein. Und selbst bei Großstädten sind viele Randbezirke derart schlecht angebunden, dass es für Menschen z.B. im Schichtdienst keine wirkliche Alternative zum eigenen PKW gibt. Das, was die Grünen mit Radschnellwegen und einem „verbesserten ÖPNV“ erreichen wollen, taugt nur für eine Minderheit der Deutschen.

Daran zeigt sich aber die ganze Unsinnigkeit der Erhöhung von Bezinpreisen: Erhöhte Steuern sollen entweder Leute davon abhalten etwas zu tun (z.B. Tabaksteuer, oder damals die „Alkopops“) oder sie sollen die Leute dazu bringen, auf andere Alternativen umzusteigen, die dann steuerlich bevorzugt werden. Bei der Bezinsteuer geht es vor allem um Letzteres. Das Problem: Für die Mehrheit der Deutschen gibt es wie gesagt diese Alternative nicht. Wer in Berlin zentral wohnt, der wird schon heute das Auto nur selten nutzen, wer aber im Speckgürtel von Hannover wohnt, in Ostwestfalen, Niederbayern, der Uckermark oder Ostfriesland, der hat diese Alternative schlichtweg nicht. Für solche Leute kann eine höhere Co2-Bepreisung auf Treibstoff keinerlei Lenkungswirkung entfalten – weil er mangels Alternative trotzdem zum PKW greifen muss. Er zahlt nur viel mehr Geld für das gleiche. Insofern ist die Erhöhung von Benzinpreisen ein vollkommen untauglicher Versuch.

Eigentlich ist das Ergebnis noch schlimmer: Den Leuten auf dem Dorf, in Klein- und Mittelstädten und den Speckgürteln der Metropolen bleibt nichts anderes übrig, als noch mehr für Sprit zu bezahlen. Damit finanzieren dann Leute, die oftmals eher nicht zu den Gutverdienern gehören, irgendwelche Zuschüsse zu Solaranlagen, E-Autos und neuen Heizungen, die wiederum vor allem denen zugute kommen, die sich eh ein e-Auto oder eine Solaranlage leisten können – die paar tausend Euro Prämie aber gerne mitnehmen. Es ist eine unsoziale Umverteilung von unten nach oben. Ohne jede positive Lenkungswirkung für das Klima.

Dörfer und Klein- und Mittelstädte werden massiv leiden. Wer sein Kind zur Musikschule oder zum Sport bringen will, wer am Übungsabend der Feuerwehr teilnehmen oder sich in der Kreispartei engagieren möchte, muss viele Kilometer mit dem Auto zurücklegen. Der Bus ist keine Alternative. Der fährt nämlich nach 18 Uhr nicht mehr. Diese Leute werden es sich in Zukunft doppelt überlegen müssen, ob sie sich das finanziell weiter leisten wollen.

Die Benzinpreisorgie der Grünen bringt rein gar nichts. Es gibt es keine wirkliche Alternative zum PKW. Und auch in Zukunft wird ein 15-Minuten-Takt in Ostwestfalen, dem Allgäu oder im Erzgebirge nicht realisierbar sein. Insofern führen die Pläne der Grünen dazu, dass weite Landstriche veröden, das Dorfleben weiter stirbt und der Druck auf den Wohnraum in bestimmten städtischen Lagen weiter steigt. Und dann rufen dieselben Grünen wieder nach einer Mietpreisbremse. De facto ist die Bezinpreiserhöhung eine Umverteilung von unten nach oben.

Dass den Grünen dies egal ist und man die berechtigte Sorge um die Zukunft in der ländlichen Heimat als „populistische Benzinwutkampagne“ bezeichnet, zeigt, wie wenig diese Partei der Besserverdiener sich um die Belange aller Menschen in unserem Land kümmern.

Die Grünen zu wählen, das muss man sich zuallererst leisten können.

Zur Wahrheit gehört jedoch auch: Die Erhöhung des Benzinpreises um 16 Cent ist schon beschlossen – von der GroKo. Ein sozialer Ausgleich, wie die GRÜNEN ihn planen, wurde allerdings abgelehnt – von der CDU.

Schreibt Daniel Sattler, Herborn, zum Thema

Ein Gedanke zu „Die Grünen und die populistische Benzinwutkampagne

  • 28. September 2021 um 20:24 Uhr
    Permalink

    Der Kommentator hat das Konzept einer Kompensation der CO2-Bepreisung durch Rückzahlung eines „Energiegeldes“ offenbar nicht verstanden, wenn er eine Umverteilung von unten nach oben unterstellt. Berechnungen zeigen genau das Gegenteil: Geringverdiener, die sich keine Kreuzfahrt, keine Flugreise und womöglich nicht einmal ein Auto leisten können, haben durch das „Energiegeld“ mehr Geld in der Tasche. Auch die meisten Pendler profitieren, zumal sie auch noch von der Pendlerpauschale profitieren. Wenn CDU-Leute etwas anderes behaupten, ist das purer Populismus und Irreführung der Öffentlichkeit.

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