Buchbesprechung

„Die Macht der Geographie“

Das vorliegende Werk wurde mir von einem guten Freund empfohlen und er hatte Recht damit. Die Lektüre von „Die Macht der Geographie“ von Tim Marshall hat meinen geopolitischen Verstand erweitert und mich verstehen lassen, warum die Welt so ist, wie sie ist. Anhand zahlreicher Erklärungsversuche in Verbindung mit dem entsprechenden Kartenmaterial, macht der englische Autor auch die gierige Kolonialpolitik der einst führenden Länder mitverantwortlich für misslungene Startversuche einiger Länder in die Selbständigkeit.

Trotz immer der immer wieder propagierten „Gleichheit“ aller Völker, beweist er in seinem Buch wie wichtig „gewachsene“ Grenzen zwischen den unterschiedlichen Kulturen sind.

Das willkürlich trennen, von teils Jahrhunderte lange Zusammenleben von Völkern und Volksgruppen, ist nicht selten der Auslöser für Krieg und Dauerstreit.

In seinem Buch analysiert Marshall die aktuellen Krisenherde in der Welt und versucht diese zu begründen.

Der gelernte Redakteur, unter anderen für BBC, berichtete aus mehr als dreißig Ländern und man kann im unterstellen, dass er dadurch einen Weitblick gewonnen hat, dem man vertrauen kann.

Das Buch ist sicher nicht ohne Grund Spiegel-Bestseller durch die entsprechend hohe Verkaufszahl geworden.

Was mir besonders gut gefallen hat, ist die Tatsache, dass es verständlich und sehr gut lesbar verfasst wurde. Hochtrabend wissenschaftliche Schachtelsätze und „nachschlagenotwenige“ Fremdwortgebilde wird man in dem 334-seitigen Buch zum Glück nicht finden.

Fazit: Ein sehr gut zu lesendes Sachbuch, dass ich nur aufs wärmste empfehlen kann. sig

Sie reden viel und handeln wenig

Ein beachtenswerter Artikel stand gestern in der Neuen Züricher Zeitung (NZZ). Dabei wurde ein Thema angefasst, über das man in der Vergangenheit nicht reden konnte, ohne Gefahr zu laufen, als Rechter oder Schlimmeres abgestempelt zu werden. Fatina Keilani, Redakteurin der NZZ, Berlin weist darin auf die unterschiedlichen Ansichten, auch innerhalb der Koalition hin und bemängelt, dass außer Reden nicht viel passiert. Währenddessen raufen sich Kommunalpolitiker bundesweit die Haare, weil sie nicht mehr wissen, wo sie all die überwiegend jungen Männer unterbringen sollen. Tendenz steigend. Die Tatsache, dass diese Entwicklung nicht nur gesellschaftlichen Zündstoff beinhaltet, sondern von der Gemeinschaft aller Bürger (dem Staat) mit viel Geld bezahlt werden muss, fand in dem Artikel keinen Platz. sig

Viel Wasser fließt die Dill hinunter, während in Berlin endlose Diskussionen über brennende Probleme geführt werden.

Keilani schreibt:

Besonders rot-grüne Politiker bremsen eine neue Migrationspolitik

Das gesellschaftliche Klima in Deutschland hat sich geändert, eine Begrenzung des Zustroms von Migranten ist kein Tabu mehr. Doch einige Akteure haben kein Interesse daran. Zudem verdient die Sozialbranche gut an den Migranten.

Die Debatte über die deutsche Migrationspolitik spitzt sich zu. Der Bedarf nach stärkerer Steuerung und Begrenzung der Migration ist erkannt, und doch setzt Deutschland der irregulären Zuwanderung bis jetzt nichts entgegen, obwohl das möglich wäre. Denn die zuständige Innenministerin Nancy Faeser ist für offene Grenzen. Sie ist die größte Bremserin, wenn es darum geht, den Zustrom zu verringern. Faeser ist zuständig für die innere Sicherheit, Migration und Grenzkontrollen, und sie ist oberste Dienstherrin der Bundespolizei.

Da die Sozialdemokratin gemerkt hat, dass diese Haltung sie Stimmen kostet, ist sie dazu übergegangen, mit Worten Politik zu machen. Sie wolle «den Schleusern das Handwerk legen» und «die irreguläre Migration eindämmen», sagt sie nun immer wieder. Es wird jedoch viel geredet und wenig gehandelt.

Ein erster Schritt wäre es, die deutsche Grenze zu schließen und Grenzkontrollen wieder einzuführen. Dies würde das Schengen-Abkommen vorübergehend erlauben, und von den europäischen Partnern würde sich niemand beschweren, da sie das deutsche Verhalten ohnehin überwiegend kritisch sehen. Überraschend kam am Montag die Nachricht, dass Faeser noch vor dem EU-Innenministertreffen am Donnerstag mit Polen und Tschechien über Grenzkontrollen beraten wolle. Ergebnisse bleiben abzuwarten.

Für Seenotrettung fließt jetzt Steuergeld

Zu den Bremsern gehören auch Grüne und Linke. Innerhalb der Grünen-Prominenz gibt es verschiedene Strömungen. Parteichefin Ricarda Lang hat erkannt, dass etwas geschehen muss, und in der vergangenen Woche dafür plädiert, mehr Rückführungsabkommen zu schliessen. Damit kam sie in ihrer Partei nicht gut an.

Anders die Vizepräsidentin des Bundestags, Katrin Göring-Eckart, die sich immer wieder gegen eine Schließung der Grenzen positioniert. Ihr Lebensgefährte Thies Gundlach organisiert die «Seenotrettung» der NGO «United4rescue». Seit die Grünen mitregieren, erhält die Organisation Steuergeld: Jährlich zwei Millionen Euro bewilligte der Haushaltsausschuss Ende 2022.

Die Debatte wird – vielleicht absichtlich – mit falschen Begriffen geführt. Beispiel «Seenotrettung». Seeleute sind verpflichtet, einander bei Not zu helfen. Wenn sich Hunderte bewusst einem Risiko aussetzen und in einer Nussschale über das Mittelmeer wollen, wenn also vermeintliche Seenot planvoll erzeugt wird, brauchte es dafür eigentlich einen eigenen Begriff. Auch die evangelische Kirche unterstützt die Seenotrettung und ruft zur Solidarität mit den «Geflüchteten» auf, die man eigentlich als Migranten bezeichnen müsste.

«Menschenrechte sind unverhandelbar», ist einer der Slogans von Akteuren wie «United4rescue», bloß ist es kein Menschenrecht, ohne Papiere oder Anspruch fremdes Territorium zu betreten. Auch hier wird mit falschen Begriffen gearbeitet. Deutschland ist nicht verpflichtet, Menschen aufzunehmen, die vor Armut und Perspektivlosigkeit fliehen. Das gesellschaftliche Klima in dieser Frage wandelt sich derzeit. So hat sich der frühere Bundespräsident Joachim Gauck für eine Begrenzung der Migration ausgesprochen, und auch der amtierende Bundespräsident Frank Walter Steinmeier sprach davon, dass die «Belastungsgrenze» erreicht sei.

Falsche Begriffe prägen die Debatte

Innenministerin Faeser hat «Asyl-Obergrenzen» gerade erneut abgelehnt. Eine «Obergrenze» könne es beim Asyl nicht geben. Darum geht es jedoch eigentlich gar nicht. Das «Asyl» ist ein individuelles Recht, der Antragsteller muss persönlich politisch verfolgt sein, das trifft auf 99,3 Prozent nicht zu. Daher ist eine Obergrenze beim Asyl irrelevant: Die wenigen tatsächlich Asylberechtigten bekommt Deutschland problemlos unter.

Gemeint ist stattdessen, dass man niemandem verwehren dürfe, einen Asylantrag in Deutschland zu stellen. Faeser sagte es gerade vergangenen Mittwoch wieder im Bundestag. Das ist jedoch falsch. Wer in Deutschland Asyl beantragt und auf dem Landweg gekommen ist, hat zwangsläufig einen sicheren Drittstaat passiert und muss dort seinen Asylantrag stellen. Er kann sich laut Grundgesetz dann nicht auf das Asylgrundrecht berufen.

Auch die grüne Außenministerin Annalena Baerbock steht auf der Bremse. Am Montag sagte sie im Deutschlandfunk, sie und Innenministerin Faeser arbeiteten hart daran, «dass wir in Europa endlich zu gemeinsamen Regelungen in der Asyl- und Flüchtlingspolitik kommen». Doch der Verweis auf Europa steht unter Ausrede-Verdacht. Auch wenn keine europäische Lösung da ist, kann Deutschland einen eigenen Weg gehen, und sei es nur, statt Bargeld wieder Sachleistungen an Asylbewerber auszugeben, um unattraktiver zu werden.

Brüssel blickt kritisch auf Berlin

In Brüssel nimmt man die Bundesregierung als «sehr prinzipiengeleitet, fast schon ideologisch» wahr, zitiert der «Tagesspiegel» EU-Diplomatenkreise. Berlin verhindert im Grunde, dass es bei dem europäischen Asylkompromiss vorwärtsgeht, der im Juni gefunden wurde.

Die Ampelregierung stimmt bis jetzt der Krisenverordnung nicht zu, die im Notfall eine Absenkung der Standards bei Asylverfahren ermöglichen soll. Aus Brüsseler Sicht steht also die Ampel als Ganzes auf der Bremse, während sie im Inland immer die Notwendigkeit einer europäischen Lösung beschwört.

Nicht zuletzt sind auch wirtschaftliche Interessen im Spiel. Caritas und Paritäter, Diakonie und soziale Träger bekommen viel Geld vom Staat für ihre Versorgung der Angekommenen. Und auch wer eine Immobilie zur Unterbringung der vielen Menschen anbietet, kann mit mehr als auskömmlicher Finanzierung rechnen. NZZ Fatina Keilani, Berlin, 25.09.2023

In ihrem Leitartikel schreibt das Herborner Tageblatt (VRM) am Dienstag in dieser Woche, dass Bundeskanzler Scholz effektivere Abschiebungen angemahnt habe. Zitat wörtlich : „Das sind sehr viele, die nach Europa und nach Deutschland kommen und die Zahl hat dramatisch zugenommen“, sagte Scholz am Samstag bei einer SPD-Kundgebung in Nürnberg.

Er nannte die Lage „schwierig“. Das auszusprechen sei in einer Gesellschaft, die über Probleme frei diskutiere, unverzichtbar und richtig. Wer komme und sich nicht auf Schutzgründe berufen könne oder hierzulande Straftaten begangen habe, müsse aber zurückgeführt werden.

Die Union verlangt Grenzkontrollen auch an den Grenzen nach Osten, ähnlich der an der deutsch-östereichischen Grenze. CDU-Chef Friedrich Merz adressierte an den Kanzler: „Lassen sie uns das zusammen machen und wenn sie das mit den Grünen nicht hinbekommen, dann werfen Sie sie raus, dann machen wir es mit Ihnen“.

Die Zeitung schreibt weiter, dass aus Ländern und Kommunen Warnungen vor einer Überlastung kämen. Bis Ende August registrierte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mehr als 204 000 Erstanträge auf Asyl. Das sei ein Plus von 77 Prozent im Vergleich mit dem Vorjahreszeitraum. sig

Der FDP-Generalsekretär Bijan DjiR-Sarai: „Die Grünen sind in der Migrationspolitik ein Sicherheitsrisiko für das Land“.

Eilmeldung :

Bundeskanzler Olaf Scholz hat ein Machtwort im Asyl-Streit gesprochen. Am Mittwoch soll er seinen Ministern klargemacht haben, dass Deutschland dem neuen Asylrecht nicht im Weg stehe, wie die „Bild“ berichtet.

Demnach habe sich Außenministerin Annalena Baerbock gegen die Asyl-Krisenverordnung der EU quergestellt.

Kartoffelfest der SGH

Den 3. Oktober (Tag der Deutschen Einheit) sollten sich Kartoffel-Liebhaberinnen und Liebhaber sehr gut merken. Die Sozial-Gruppe-Herborn (SGH) feiert an diesem Tag ihr Kartoffelfest auf dem Gelände der Hohen Schule in Herborn. Ab 12 Uhr gibt es auch die beliebten, frischgeraspelten und gebackenen Herborner Hatscheln (Kartoffelpuffer) mit Apfelkompott, die nach altem Rezept liebevoll zubereitet werden. Der SGH-Vorsitzende Kurt Meinl wünscht sich, dass möglichst viele Bürgerinnen und Bürger dieser Einladung folgen. sig/Foto: Gerdau

Attraktivität ist kein Selbstläufer-städtisches Leben will gepflegt werden

„Die Stadt ist ja wie ausgestorben“, sagte die Hannoveranerin, die mit ihrem Ehemann in Herborn auf Tour war. Es sei doch Samstag-Spätnachmittag und fast alle Cafés und Einzelhandelsgeschäfte hätten geschlossen. Ob das immer so sei, fragte sie die Wirtin der ältesten Herborner Gaststätte, die gerade dabei war ihre Kneipe zu öffnen.

Herborns älteste Gaststätte ist ein städtisches Kleinod, das gepflegt werden will.

„Nein, das war nicht immer so“, meinte die Angesprochene, während sie ihren Gästen ein frisches Bier zapfte. Früher sei die Stadt auch an den Wochenenden belebt gewesen. Einzig der Freitag mit seinem Wochenmarkt bringe Leben in die Stadt. Ein Herborner Gast mischte sich in die Unterhaltung ein. Er glaube, dass sich seine Stadt mittlerweile selbst darin überhole, zu kundenfreundlichen Zeiten die „Bürgersteige hochzuklappen“. Wer nach Feierabend noch einen Kaffee oder ein Schoppen trinken wolle, stehe bei den meisten Gasthäusern und Cafés vor verschlossenen Türen. Von Einkaufen gar nicht erst zu reden.

Er könne zwar verstehen, dass die angespannte Personalsituation die Wirte dazu zwinge, ihre Betriebe nur noch an bestimmten Zeiten offenzuhalten, aber das sei dennoch für das gesamte Stadtbild kontraproduktiv.

Teufelskreis Öffnungszeiten

So wie hier ist die Herborner Fußgängerzone abends nicht belebt.

Das Thema Öffnungszeiten ist heiß und wurde schon immer diskutiert. Jetzt ist es aber so weit, dass ernsthafte Denkmodelle entwickelt werden müssen, wie die unterschiedlichsten Bedürfnisse befriedigt werden können. Es geht immer mehr ums Ganze und da hilft es dem Geschäftsmann nicht, „dass er glaubt es kommt ja niemand mehr, also mache ich zu.“ Der Kunde denkt „ich brauche gar nicht hinzugehen, weil er ja zu hat.“ Ein Teufelskreis, der dem Online-Handel in die Pakete spielt.

Wer keine Industrie mehr will und sich auch nicht darum bemüht, muss andere Wege gehen.

Die Stadt verliere immer mehr ihren einstigen Status eines prosperierenden Industriestandortes, meinte ein anderer. Da müsse man eben mit dem Nimbus einer stolzen Fachwerkstadt wuchern. Alleine die alten Balken vorteilhaft zur Geltung bringen, reiche nicht aus. Die Besucher müssen die Möglichkeit haben, auch zu anderen Zeiten als von 9 bis 18 Uhr shoppen gehen zu können oder sich beim Bier und Kaffee zu treffen.

Um negative Stadtentwicklungen zu beobachten, brauche man nicht allzu weit zu fahren. Politische Parteien, die sich mit aller Kraft für Autofreiheit in der Innenstadt, Gänseblümchen auf Brachstückchen und dem Klimaschutz einsetzen, täten besser daran die Gesamtsituation ihrer Stadt im Blick zu behalten.

Eine Kommune verliert sehr schnell ihre Anziehungskraft, wenn ihr Innenleben vernachlässigt wird. Warum sollen Menschen von weit herkommen, wenn es an attraktiven Angeboten mangelt. Shisha-Bars, Pizzerien, Döner-Buden oder Spielsalons sind sicher für manche Personengruppen schön, aber das Gros der Besucher wird von einer Überzahl dieser einschlägigen Etablissements eher abgeschreckt.

Die „ganz normalen“ Besucher möchten bummeln, in schönen Gaststätten und Cafés verweilen, etwas gutes Essen gehen und natürlich beim Einzelhändler vor Ort händisch einkaufen. Wenn dies dann noch zu Zeiten, nach der allgemeinen Arbeitszeit, möglich ist, spricht man von einer schönen, ihren Bewohnern zugewandten, gemütlichen Stadt.

Lediglich den zunehmenden Online-Handel für Negativ-Entwicklungen verantwortlich zu machen, ist nicht besonders hilfreich. Ideen sind gefragt sowie die permanente Bereitschaft alte Zöpfe abzuschneiden. Unternehmer, die dazu bereit sind, werden auch in der alten Fachwerkstatt an der Dill oft ausgebremst oder verunglimpft. Dazu kommen Bausünden, die nicht wieder gut zu machende Schäden am Stadtbild verursachen.

Das Sicherheitsgefühl leidet

Bürgerinnen und Bürger haben oft nicht ganz unberechtigt Angst, sich bei Dunkelheit in der Stadt zu bewegen. Ihre Sicherheitsbedenken, auch wenn die nur ein Gefühl sind, sollten nicht ignoriert werden. Wer soziale Brennpunkte nicht entschärft, wird Großbrände nur schwerlich löschen können. Die Stadt, respektive das Ordnungsamt, muss Flagge zeigen, das heißt die Präsenz seiner Ordnungskräfte muss erkennbar und dies nicht nur zu den Bürostunden sein. Dazu gehört sicher auch, dass der Standort der Ordnungshüter so gewählt werden muss, dass Fehlleistungen einer bestimmten Klientel bereits im Ansatz ersticken.

Fazit: Fürs Klima ist es bestimmt gut, wenn nicht so viele Menschen in die Stadt kommen. Für den Stadtsäckel, der ohnehin an geringer Füllung krankt, sicher nicht. Industrie abbauen liegt ja bundesweit im Trend, aber damit gehen auch die unterschiedlichsten Einnahmen für die Kommunen verloren. Wer stattdessen den Haushalt mit Einnahmen aus dem Tourismus decken will, muss sich intensiv darum kümmern. Das heißt die Attraktivitäten wie Wildgehege und Co. nicht ebenfalls abbauen, sondern im Gegenteil entsprechend anpassen. Historische Gebäude pflegen und nicht verkommen lassen. Auch ist die „friedliche Koexistenz“ von Fußgängern, Radfahrern und Automobilisten besser als ideologischer Kahlschlag, der immer zu Lasten einzelner Gruppen geht.

„Herborn ist anders“ und das muss die Stadt immer wieder unter Beweis stellen. Stillstand einhergehend mit parteipolitischen Spielchen schaden der Stadt und ihren Bürgern. Daher: „Suche der Stadt Bestes“ und dieser Satz darf nicht zu einem abgedroschenen Spruch bei Festreden verkümmern. Wer wissen will wo in der Stadt und bei ihren Bürgern der Schuh drückt, muss immer wieder hinhören und mit den Menschen reden. sig/Foto: Gerdau

Dialog- und Anwendungscenter für schnellen Aufbau von Energie-Infrastruktur

Rittal Application Center eröffnet in Gera

Die Energiewende erfordert einen schnellen Um- und Ausbau der Strominfrastruktur – und damit steigt der Bedarf an Niederspannungs-Schaltanlagen. Besucher im neuen Rittal Application Center in Gera erarbeiten zusammen mit Rittal, Eplan und Ehrt, wie sie mit der Automatisierung ihrer Prozesse sowie vormontierten Verteilsystemen und passenden Schienen den Aufbau von Schaltanlagen beschleunigen. So können Schaltanlagenbauer in Zeiten knapper Fachkräfte mehr Aufträge bearbeiten, die dringend zur Umsetzung der Energiewende benötigt werden.

Seit April dieses Jahres betreibt Rittal in Gera bereits ein Vormontagezentrum, um die Kunden mit vormontierten VX25 Ri4Power Stromverteilungssystemen und konfektionierten Kupferschienen beim schnellen Aufbau der Anlagen zu unterstützen. Am 21. September wurde nun das Rittal Application Center für Kunden geöffnet. Prof. Friedhelm Loh und die Rittal Geschäftsführung teilten mit Geras Oberbürgermeister Julian Vonarb feierlich das rote Band und gingen bei einer Informations- und Netzwerkveranstaltung gleich mit den ersten Kunden ins Gespräch.

„Das neue Rittal Application Center ist ein Kompetenzcenter für ganzheitliche Lösungen. Kunden können dort nicht nur konfektionierte Kupferschienen als Arbeitsergebnisse der Maschinen bestellen, sondern sich bei einem Besuch auch mit dem Herstellungsprozess und den Möglichkeiten auf ihrem eigenen Shopfloor befassen“, sagt Uwe Scharf, Geschäftsführer Rittal Vertrieb Deutschland. Rittal Automation Systems und Kupfer-Spezialist Ehrt aus der Unternehmensgruppe bieten die Maschinen in Verbindung mit Eplan auch als Automatisierungslösungen für den Shopfloor der Schaltanlagenbauer an.

In Gera ermitteln die Besucher mit den Fachleuten von Rittal, Eplan und Ehrt, welche Automatisierungsschritte in ihrer eigenen Fertigung beim Aufbau von Schaltanlagen den besten Effekt erzielen. An den live arbeitenden Maschinen können sie es direkt mit eigenen Projekten testen.

Tempo für die Energie-Infrastruktur mit standardisierten Prozessen

Die in Gera arbeitenden Maschinen sind Teil der abgestimmten Lösungen aus Software und Hardware von Rittal, Eplan und Rittal Automation Systems, die allesamt darauf zielen, den Prozess im Steuerungs- und Schaltanlagenbau zu beschleunigen und zu optimieren.

„Die Industrie braucht hohes Tempo und standardisierte Qualität beim Ausbau der Energie-Infrastruktur. Dabei haben die Schaltanlagenbauer eine Schlüsselfunktion“, sagt Markus Asch, CEO Rittal International und Rittal Software Systems: „Das wesentliche Optimierungspotenzial steckt in industrialisierten Arbeitsprozessen, gerade in Zeiten von knappen Fachkräften. Der Prozess muss schneller, effizienter und standardisierter werden. Dies gelingt nur aus der klugen Verbindung von Hardware und Software, über Digitalisierung und Automatisierung.“

Welche Maschine und welche Lösung rentiert sich bei welcher Art von Aufträgen am schnellsten? Lohnt sich das Investment in eine eigene Automatisierungslösung? Oder werden die knappen Personalressourcen in der aktueller Situation schneller frei für wertschöpfende Prozessschritte, wenn die Rittal Systemtechnik und Kupferschienen zunächst aus Gera vormontiert und konfektioniert eingekauft wird? Für diese und weitere Fragen rund um Energy, Power und Automatisierung der Prozesse ist in Gera eine Anlaufstelle nach dem neuartigen Rittal Application Center Konzept entstanden.

Rittal Application Center: Wertschöpfung live erleben

Die Rittal Application Center gehen derzeit weltweit als „Fitness-Camps“ für Steuerungs- und Schaltanlagenbauer an den Start. Unter dem Motto „Join. Apply. Grow.“ können Kunden und Neukunden dort gemeinsam mit Experten von Eplan, Rittal und Rittal Automation Systems an ihren Projekten arbeiten, neue Technologien kennenlernen und sie einfach ausprobieren. Sie können ihre eigenen Projekte mitbringen, in realen Werkstattumgebungen neue Workflows auf Effizienz testen sowie die Vorteile von Softwarelösungen und Automatisierungstechnik erfahren.

Foto: Bei der Eröffnung des Rittal Application Centers in Gera teilten Prof. Friedhelm Loh, Inhaber und Vorstandsvorsitzender der Friedhelm Loh Group, seine Frau Debora Loh und die Rittal Geschäftsführung gemeinsam das rote Band. Mit dabei waren u. a. Uwe Scharf, Geschäftsführer Rittal Vertrieb Deutschland, Ulrich Engenhardt, Chief Business Units Officer, und Markus Asch, CEO Rittal International und Rittal Software Systems (v. l. n. r.). Quelle: Rittal

Kunstwerke in Herborn

Nur noch Heute und Morgen, jeweils von 13 bis 19 Uhr in der Alten Färberei.

Herborner Marktplatz 360 Grad. Foto: Gerdau

Die letzten beiden Tage der Kunstaustellung der großartigen Malerin Benita von Wendt, des begnadeten Kunstgießers Eduard Rangnau und des Fotografen Siegfried Gerdau sind angebrochen.

Das Trio stellt heute (Samstag) und Morgen (Sonntag) noch einmal seine Werke in der Alten Färberei Herborn (hinter dem Kornmarkt) jeweils von 13 bis 18 Uhr aus.

Skulptur von Eduard Rangnau
Gemälde von Benita von Wendt
Foto von Siegfried Gerdau

Die Künstler sind an beiden Tagen anwesend und der Eintritt ist natürlich frei.

Kunstausstellung in der Alten Färberei, Herborn

Auch auf die Gefahr, dass ich nerve, die Kunstausstellung mit einem wahren Meister der Kunstgießerei, einer gelernten Malerin mit Studium in Paris und einem langjährigen Fotografen und Freie Journalisten, läuft noch täglich bis Sonntag (24. September) in der Alten Färberei (Haus der Vereine) in Herborn.

Die Ausstellungseröffnung (Vernissage) am vergangenen Freitag, machte es vielen Besuchern aufgrund des hohen Andrangs fast nicht möglich, sich mit den einzelnen Themen intensiver zu befassen. Das lässt sich leicht nachholen, da die Ausstellung täglich von 13 bis 19 Uhr geöffnet ist. Die Veranstalter sind außerdem ständig vor Ort.

Wir würden uns freuen Sie alle begrüßen zu dürfen.

Ein paar (vermutlich unpopuläre) Worte zum Krieg in der Ukraine

Eine Diskussionsrunde zum Thema Russische Okkupation der Ukraine und Gespräche mit vielen Menschen, die Dinge und Geschehnisse hinterfragen und nicht in dem allgemein gängigen Schwarz/Weiß-Denken verhaftet sind, haben mich veranlasst die Gedanken des Zellforschers Rapoport in meinem Blog zu veröffentlichen. Der Artikel wurde von mir nicht verändert und somit Punkt für Punkt übernommen. Natürlich kann auch dieser Wissenschaftler keine zufriedenstellende Lösung anbieten. Seine Gedanken liefern lediglich Denkanstöße. Der Artikel wurde mir von einem Freund und seinem engem Bekannten Rapoport zur Veröffentlichung überlassen. Aufgrund seiner Aktualität und bemerkenswerten Aussagekraft, halte ich es für dringen geboten, die dramatischen Geschehnisse in diesem europäischen Land auch aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. sig

Kriegsgräberfriedhof Herborn

Von Dr. Daniel Rapoport

(1) Wenn man das derzeitige Vorgehen Putins verstehen will, empfiehlt es sich, (a) seine Rede zu lesen und (b) die bisherigen Truppenbewegungen bzw. den bisherigen Verlauf des Krieges anzusehen: Die Rede beginnt und endet mit völkischen und imperialen Narrativen. Man kann also davon ausgehen, dass Putin in solchen Kategorien denkt. Außerdem ist er vermutlich der Meinung (reine Stipulation meinerseits), die Geschichte würde im Wesentlichen von Einzelpersonen gemacht, von Leuten wie Peter dem Großen, Napoleon, Hitler, Lenin, und eben auch ihm, Putin. Nehmen wir das einmal an. Wer in solchen Kategorien denkt, denkt auch – das folgt in dieser Sicht – in anderen Zeitdimensionen. Nur zur Erinnerung (nicht zum Vergleich Putin-Hitler): Es gab eine Zeit, da die Deutschen von einem „tausendjährigen Reich“ träumten. Solche Zeitskalen sind typisch für völkische und imperiale Verstiegenheiten. Putins politischer Pragmatismus stünde dann weniger im Dienste wirtschaftlicher Prosperität oder politischen Ansehens; das sind alles nur Vehikel, um sich in der Weltgeschichte als Architekt eines neorussischen, langwährenden Imperiums zu verwirklichen. Seine jetzige weltweite Unpopularität, ein paar „namenlose Tote“, all das wären in seiner Sicht Kleinigkeiten im Weltganzen der Geschichte. Selbst wenn man diese Lesart seiner Rede nicht mitmacht oder für eine Überinterpretation hält, so ist sie im Mindestens als Revision der Ergebnisse des Zerfalls der UdSSR zu lesen. Er wendet viele Worte auf die Ansicht, dass die Ukraine ein künstliches Gebilde sei, ein welthistorischer Irrtum, ein Fehler mit schrecklichen Konsequenzen, die nun korrigiert werden müssten. Diese Art der Weltsicht, denke ich, lässt sich ganz unersehen von den üblicherweise angestellten geopolitischen Erwägungen (NATO, EU, Öl, Demographie, Krim, Donezk/Luhansk etc. ) aus Putins Rede folgern.

Die Truppenbewegungen hinwieder zeigen: Wirklich besetzt wird der Osten (mit angestrebter Landbrücke zur Krim); in der Mitte geht es hauptsächlich um Kiew, das offenbar belagert, aber (noch?) nicht eingenommen werden soll; und der Westen der Ukraine schließlich ist weitgehend unbehelligt von der Militäroffensive. Daraus kann man vermuten, dass er (a) sich die Ostgebiete inklusive Landverbindung zum schwarzen Meer einverleiben will; (b) die Regierung in Kiew zur Aufgabe zwingen will, um die Restukraine (ohne Ostgebiete) schließlich in einen demilitarisierten, russlandhörigen Mittelteil und einen Westteil zu spalten. So jedenfalls lassen sich die derzeitigen Truppenbewegungen interpretieren. Deswegen ist auch nicht nötig, dass er Kiew direkt einnimmt, oder die Armee weiter schnell „vorankommt“. Es reicht, zu stehen, wo man steht, die Lufthoheit innezuhaben und die ukrainische Armee zu beschäftigen, bzw. an großen Bewegungen zu hindern und die Belagerungen dicht zu machen. Sehr bald schon werden die großen ost- und zentralukrainischen Städte durch die Belagerungsringe stranguliert — und in Putins Logik wäre die Ukraine dann selbst Schuld an allen weiteren Opfern. Sobald das die ukrainische Regierung zur Aufgabe gezwungen hat, denkt er, wird der Westen sich schon wieder einkriegen, wie er sich bisher noch immer eingekriegt hat; schließlich hat er genug ähnliche oder sogar schlimmere Feldzüge auf dem Gewissen. Wie gesagt, er denkt vermutlich in anderen Zeitdimensionen, Jahrzehnten, vielleicht Jahrhunderten. Spätestens, wenn er tot ist (er wird dieses Jahr 70), würde Russland ihm die eroberten Gebiete inklusive Pufferzone danken und die russische Wirtschaft peu a peu wieder auf die Beine kommen. Erreicht hätte er dann (in seinem Sinne) viel: Die Annektion von halbwegs befriedbaren Gebieten in der Ostukraine, Landzugang zum schwarzen Meer, eine militärische Pufferzone, eine Bestrafung der Ukraine für ihre Abtrünnigkeit von der ehemaligen SU und eine unmissverständliche Ansage an den Westen, dass man Russlands Interessen nicht wie bisher ignorieren könne. Soviel zunächst von Putin und seinen mutmaßlichen derzeitigen Zielen.

(2) Der Krieg kann nicht militärisch gewonnen werden. Das ist die bittere Haupteinsicht der Stunde. Weder von der Ukraine allein, noch von der Ukraine mit Waffenunterstützung, noch von der Ukraine mit militärischem Beistand.

Ich kann die Empörung und die Ohnmacht der Überfallenen nachvollziehen, aber ihr Land ist verloren. Das ist eine furchtbare Wahrheit; aber es ist m E. noch furchtbarer, zu versuchen, diese Wahrheit mit vergeblichem Heldenmut zu verdrängen. Das verlängert das Leid, den Krieg, die Zahl der Toten, ohne dass es etwas am Ausgang der Lage ändert. Die militärische Übermacht Russlands bleibt trotz möglicher Fehler im bisherigen Kriegsverlauf und trotz möglicher Fehleinschätzung der Gegenwehr erdrückend. Selbst wenn Putin ernsthaft geglaubt haben sollte (was ich bezweifle), dass seine Truppen als Befreier empfangen würden und die Militäraktion ursprünglich darauf abgezirkelt gewesen wäre: Letztlich, d.h. mittelfristig, entscheidet die schiere Feuerkraft. Das weiß sogar ein Militärlaie wie ich. Russland hat derzeit gerade mal ein Fünftel seiner regulären Streitkräfte im Einsatz — davon vielleicht die Hälfte an der Front — und schon damit befinden sie sich eher im Vormarsch als im Rückzug. Wenn wir vom „Recht des Stärkeren“ reden, das in der Außenpolitik fatalerweise wirke, dann sollten wir auch einsehen, was das heißt, „der Stärkere“.

Vor diesem Hintergrund ist es sinnlos, Waffen an die Ukraine zu liefern; und es ist noch sinnloser, Waffen an die Zivilbevölkerung auszugeben oder Molotov-Cocktails abzufüllen. All das führt lediglich dazu, dass sich der Krieg hinziehen wird, dass Zivilbevölkerung als feindliche Kämpfer auftritt und folglich auch bekämpft wird; dass letztlich das ganze Land zur Kriegszone, zu einem Afghanistan in Europa wird. Unregierbar, mit Warlords und marodierenden Banden vielleicht und letztlich doch unter der militärischen Knute Russlands. Wer denkt, es wäre eine „Strafe“ für Putin, im Ergebnis seines Überfalls ein unregierbares Land mit ewigem Partisanenkrieg und Chaos zu ernten, denkt zynisch und denkt nicht an die Menschen, die dort leben. Ich wollte ja was unpopuläres sagen: Für die Menschen dort erscheint es mir sinnvoller, unter Putin zu leben, als unter einem ungewinnbaren, vielleicht Jahre oder Jahrzehnte andauernden Krieg. Das ist leider die Alternative, die er den Menschen dort nun aufgezwungen hat. Und diese Realität, so mies sie ist, müssen wir erst einmal alle einsehen. (Gegen Hitlerdeutschland, um doch einmal diesen unpassenden Vergleich zu bemühen, konnte man gewinnen; gegen Putinrussland hingegen kann man nur verlieren. Das entkräftet m E. auch den Vorwurf des Appeasements; eine Militärmacht mit 6000 Atomsprengköpfen ist einfach militärisch nicht besiegbar. Daran kann man nicht herumdeuteln.)

(3) Daraus leite ich eine sehr andere Politik für den Westen ab, als die Linie, auf die er momentan einschwenkt. Waffenlieferungen helfen den Menschen in der Ukraine nicht. Sie helfen ihr auf dem Weg in ein neues Afghanistan. Das ist noch absehbarer, als die fatale Militäraktion in Afghanistan selbst es war. Die Berechnung Mancher, die Ukraine zu Putins Afghanistan (oder Vietnam etc.) zu machen, wird auf dem Rücken der Menschen dort ausgetragen. Wer Frieden ernsthaft will, muss an den Verhandlungstisch. Der Westen — und die ukrainische Bevölkerung — werden mit Sicherheit in irgendeiner Form akzeptieren müssen, dass die Ukraine in ihren bisherigen Grenzen nicht mehr zu haben sein wird. Je schneller diese Verhandlungen beginnen, desto besser.

Überdies steht, wer offiziell Waffen liefert, selbst schon fast im Krieg. Und eine Ausweitung des Krieges kann das Ziel nun noch weniger sein. Soviel Verantwortung sollten die westlichen Regierungen zeigen, nun nicht noch selbst in einen Krieg zu schlittern, der nur eine Gewissheit hat: Dass er keine Sieger kennen wird.

Meines Erachtens hat der Westen auch ein gewaltiges psychologisches Problem damit, sich die schlimme Wahrheit einzugestehen, dass dieser Krieg nicht gewonnen werden kann. Es widerspricht seinem Selbstverständnis als „zivile Welt“ und es wäre ein Eingeständnis der eigenen Ohnmacht — einer Ohnmacht, die aber real ist. Russland ist nun mal eine militärische Supermacht, eine Atommacht und ein Riesenreich. Keine Militärmacht der Erde kann Rußland besiegen, auch die NATO nicht; es würde in jedem Fall in einer allseitigen Niederlage enden. Das ist gewiss nicht leicht zu verdauen, aber deswegen nicht weniger wahr. Ein Teil des westlichen Furors, vermute ich, liegt auch im Sichwehren gegen und Nichterkennenwollen dieses Fakts.

Deshalb kann die Haltung des Westens vernünftigerweise nur sein, im Krieg zu vermitteln und an seiner schnellen Beendigung mitzuwirken. Die ursprüngliche Haltung der Bundesregierung war richtiger. Die Ukraine in ihrem Widerstand zu unterstützen, heißt, den Menschen dort beim Sterben zu helfen. Mir ist klar, dass sie selbst dazu bereit sind und dass sie bewundernswerten Heldenmut aufbringen. Auch Stolz und Trotz und Ohnmacht und Wut. Aber es ist keine vernünftige Politik. Mir ist ebenfalls klar, dass man diese Vernunft momentan nicht von den betroffenen Menschen dort verlangen kann; aber von westlichen Politikern kann man sie verlangen. Sie müssen in dieser Zeit umsichtig und kühl handeln, wenn sie Schlimmeres verhindern wollen; auch wenn es sie wahnsinnig unpopulär macht und von der Ukraine als Verrat empfunden werden muss. Aber wir leben weder im Jahr 1914 noch im Jahr 1940. Die Militärtechnik ist ungleich weiter.

Natürlich wirft das die Frage auf, wo Putin dann überhaupt zu stoppen sei? Was, wenn er nach Warschau, nach Berlin oder Paris griffe? Erstens halte ich das für unwahrscheinlich; es passt nicht zu seinen revisionistischen Bestrebungen; und zweitens könnte auch er diesen Krieg dann nicht gewinnen. Aber ein Staat wie Moldawien könnte sicher in Gefahr sein. Möglicherweise auch die Staaten des Baltikums, Litauen, Lettland und Estland. Eine Garantie, dass diese Staaten nicht auch seinen großrussischen Plänen zum Opfer fallen, gibt es nicht.

Wie dieser (wie ich glaube: unrealistischen) Gefahr dennoch begegnen? Man könnte eine militärische Drohkulisse aufbauen, aber wenn die glaubhaft und wirksam sein soll, müsste sie letztlich auch den Einsatz von Atomwaffen beinhalten. Wir sehen ja, dass Putin nicht zurückschreckt, diese einzusetzen und ich sehe keinen Grund, daran zu zweifeln. Demzufolge müsste vermutlich eine Art massive atomare Vergeltungs-Doktrin implementiert werden, wie sie bis zur Kuba-Krise in der NATO galt. Dh. konkrete Ansage an Putin: Beim Überschreiten dieser Grenzen gibt es sofort einen atomaren Gegenschlag, ohne Vorwarnung, ohne Wenn und Aber. Die Frage ist: Wollen wir das wirklich? Wollen wir wirklich zu diesen Zeiten zurück kehren? Die Vorwarnzeiten wären heute durch die räumliche Nähe noch kürzer, als damals; wir haben vielleicht 3 Minuten, um einen Fehler zu erkennen, Tendenz durch immer schnellere Systeme sinkend. Wenn wir bei Strahlenwaffen, Hyperschallraketen, Weltraumbewaffnung etc. angelangt sind (also in ein bis zwei Jahrzehnten), sinkt diese Zeit auf praktisch null. Hinzu kommen autonome Kampfroboter, Minidrohnen etc. Deshalb glaube ich, dass die Idee der wechselseitigen Abschreckung auf dieser neuen Ebene nicht mehr tragfähig sein wird. Die Militärtechnik wird uns nötigen, andere Sicherheitskonzepte zu entwerfen. Wir müssen vermutlich sogar neue Ideen von Grenzen, Verwaltungsgebieten und Nationalstaatlichkeit entwickeln. Aber das steht auf einem anderen Blatt.

(4) Ein Letztes zu der Spekulation, dass die Russen selbst Putin an seiner Politik hindern könnten: Nichts deutet darauf hin, dass diese Rechnung aufgeht. Zumindest nicht in der kurzen Frist, die benötigt ist. Es gibt zwar vereinzelte Antikriegsproteste, vielleicht sogar größeren Unmut im Land, aber Putin hat die politischen Strukturen in seinem Land so vertikal angeordnet, dass ihm das momentan nicht gefährlich werden kann. Er ist in der Lage, alle wichtigen Teile seines Apparates schnell und in eigener Regie in Bewegung zu setzen und zu kontrollieren, Polizei, Presse, Armee etc. Eine Situation, in der es zum Staatsstreich gegen ihn kommt, ist zur Zeit sehr schwer herzustellen. Höchstens wäre ein Attentat denkbar, aber wir alle wissen, dass das ein bisschen ein Deus ex machina ist, der ganz unverhersehbar auf der Bühne der Geschichte auftaucht und auf den zu hoffen im Grunde nichts anderes ist, als einen Blitz des Zeus herbei zu sehnen.

Eine vernünftige Politik muss versuchen, mit ihren eigenen Mitteln zu hantieren. Und da meine ich muss der Westen genauso in der Realität ankommen, wie Putin. Putin muss doch den Westen, wenn er Waffen an die militärisch klar unterlegene Ukraine liefert oder auf einen Putsch in seinem Land hofft, für genauso verrückt halten, wie der ihn. Diese Art wechselseitiger Realitätsverkennung, diese Art, aneinander vorbei zu reden, ist im Moment das wirklich Gefährliche. Deswegen diese — wie gesagt: ganz sicher unpopulären — aber hoffentlich trotzdem zur Vernunft rufenden Zeilen.

PS. Da Deutschland offenbar mal eben 100 Milliarden für den Krieg locker machen kann: Wie wäre es, wenigstens 2 oder 3 dieser Milliarden auf Hilfe für ukrainische Flüchtlinge zu wenden? Polen könnte sicher auch Unterstützung brauchen, sie haben in nur einer Woche fast eine halbe Million Menschen ins Land gelassen (!) Vielleicht im Moment dringender, als ein paar neue F-35 oder F-22 Fighter? Just sayin’

Dr. Daniel Hans Rapoport ist Zellforscher und Essay. Er lebt in Lübeck und arbeitet dort an der Universität als Biotechnologe. Zuvor war er am  Fraunhofer-Institut tätig. Der Naturwissenschaftler entstammt einer bekannten jüdischen Familie aus der DDR.

Freiin von Wendt zeigt ihre Werke

Ab 16. September dreht sich im Herborner Haus der Vereine alles um die Malerei, das Fotografieren und um die bildhauerische Darstellung im Kunstgussverfahren.

Benita von Wendt vor einem ihrer unnachahmlicher Werke

Benita von Wendt, die Malerin und Mal-Pädagogin stellt zusammen mit dem begnadeten Bildhauer Eduard Rangnau und dem Fotografen Siegfried (Siggi) Gerdau ihre Werke aus. Es ist die zweite Ausstellung des Trios, das sich mit Leidenschaft den schönen Künsten verschrieben hat.

Benita von Wendt, wie sie ihre Schülerinnen und Schüler lieben.

Die 58-Jährige Benita Caroline Antonia Freiin von Wendt, Angehörige eines alten westfälischen Adelsgeschlechts, begann nach Studium und Diplom in Paris ihre künstlerische Laufbahn als Freischaffende Künstlerin. In zahllosen Ausstellungen stellte die Malerin ihre große Begabung unter Beweis. Seit 2006 sind die Malkurse in ihrem Kursatelier in Breitscheid-Erdbach eine feste Größe. Benita von Wendts Gemälde spiegeln oft die Landschaft ihrer Wahlheimat wider. Beim Betrachten ihrer, im wahrsten Sinne des Wortes, „großartiger“ Werke, kann man sich gerne darin verlieren.

Im Haus der Vereine, der Alten Färberei in Herborn, präsentieren die Kunstschaffenden ihre Werke auf drei Etagen. Vom 16. September an ist die Ausstellung täglich von 13 bis 19 Uhr bis einschließlich Sonntag, 24. September geöffnet. Der Eintritt ist frei. Die Vernissage findet am Freitag, 15. September um 19 Uhr statt. sig/Fotos: Gerdau