Viele Haushalte durch hohe Mietkosten stark belastet
Der Wohnungsmarkt bleibt vor allem in den Großstädten prekär. Es fehlen kleine, günstige Wohnungen, für ärmere Haushalte ist die Miete ein großes finanzielles Problem.
18 Prozent der Mieterhaushalte in Großstädten können laut einer Studie nicht mit bezahlbaren und angemessenen Wohnungen versorgt werden. © Lothar Ferstl/dpa
Fast jeder zweite der rund 8,4 Millionen Haushalte mit einer Mietwohnung in einer deutschen Großstadt gibt mehr als 30 Prozent seines Nettoeinkommens für die Miete aus. Das geht aus einer von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung geförderten Untersuchung der Humboldt-Universität Berlin hervor. Demnach muss gut ein Viertel der Haushalte mindestens 40 Prozent des Einkommens für Warmmiete und Nebenkosten aufwenden. Knapp 12 Prozent der Großstadthaushalte benötigten sogar mehr als die Hälfte ihres Einkommens für die Miete.
Die verstärkte Bautätigkeit hat die Wohnungsnot allenfalls geringfügig verbessert, schreiben die Forscher. Vor allem kleine und günstige Wohnungen fehlten, und das Angebot sei über die Jahre noch deutlich knapper geworden.
Laut der Studie können selbst unter Annahme einer optimalen Verteilung des vorhandenen Wohnraumes 1,5 Millionen Haushalte nicht mit bezahlbaren und angemessenen Wohnungen versorgt werden. Dieser „harte Kern“ der Wohnungsnot betreffe mehr als 18 Prozent aller Mieterhaushalte in den Großstädten. Das Angebot an Wohnungen, die mehr als 15 Euro brutto warm kosteten, sei seit 2006 dagegen deutlich um mehr als 535.000 gestiegen.
Eine Überlastung durch hohe Mieten ist der Studie zufolge nicht auf bestimmte Städtetypen begrenzt. So fänden sich unter den Städten mit der höchsten Belastungsquote bei der Warmmiete im Verhältnis zum Einkommen vergleichsweise wohlhabende und „teure“ Großstädte wie Düsseldorf, Wiesbaden oder Darmstadt ebenso wie das wirtschaftlich eher schwache Bremerhaven, Recklinghausen oder Mönchengladbach. Dort seien zwar die Mieten, aber auch die Einkommen niedriger.
Auch das Statistische Bundesamt hatte die Belastung der Haushalte mit den Wohnkosten analysiert. Nach seinen Daten lebten im Jahr 2019 knapp 14 Prozent der Bevölkerung (rund 11,4 Millionen Personen) in Haushalten, die von hohen Wohnkosten finanziell überlastet waren. Eine Überbelastung bei Wohnkosten sieht die Behörde, wenn ein Haushalt mehr als 40 Prozent des verfügbaren Einkommens für das Wohnen ausgibt.
Quelle: ZEIT ONLINE 15. Juni 2021, 7:49 Uhr
Kommentar
von Siegfried Gerdau
Diese sicher unstrittigen Tatsachen, denen sich die ZEIT in dem obigen Artikel gewidmet hat, können verantwortungsbewusste Politiker aller Ebenen auf Dauer nicht ignorieren.
Am Beispiel der Stadt Herborn im Lahn-Dill-Kreis mit ihrem wunderschönen Ambiente, wird das mehr als deutlich. Die Bautätigkeit, mit dem Ziel hochpreisige Eigentums-Wohnungen zu errichten, ist ungebrochen. Mittlerweile kann man schon von einer Bauwut sprechen. Mieten jenseits der 1 000 Euro-Marke sind fast schon die Regel und die Kaufpreise liegen für den normal Sterblichen im exorbitanten Bereich. Von der Zersiedlung des alten Stadtkerns möchte ich hier gar nicht reden. Mit der unglückseligen Pertuisplatz-Bebauung, die heute keiner mehr so gewollt hat, hat sich bereits mancher Kommunalpolitiker ein Denkmal der besonderen Art gesetzt.
Man bedient mit der Schaffung von exklusivem Wohnraum lediglich eine fest umrissene Klientel. Wohlhabende Rentner und Pensionäre, Manager und Geldanleger. Junge Menschen und hier denke ich besonders an junge Familien mit ganz normalen Einkommen, haben keine Chance und wenden notgedrungen Herborn den Rücken zu. Genau diese Personengruppen braucht aber eine Stadt, wenn sie sich weiterentwickeln will.
Um es noch einmal in aller Deutlichkeit zu sagen: Für den Durchschnittsverdiener, der in der heimischen Industrie oder im Handwerk beschäftigt ist, wird es kaum möglich sein, viel mehr als 2000 Euro netto monatlich nach Hause zu bringen. Abzüglich der laufenden Kosten und dem Riesenbetrag für Miete und Nebenkosten bleibt für Kultur und Sonstiges nichts mehr übrig.
Natürlich können Politiker all dieses völlig ignorieren und sich freuen, wenn möglichst viele gutsituierte Ruheständler die Herborner Cafés füllen. Ob diese Entwicklung aber auf Dauer gut und ausreichend ist, mag dahingestellt sein. Angesichts der Tatsache, dass sich Herborn langsam aber sicher zu einer Kaffeehaus-Stadt entwickelt und die „industrielle Revolution“ der Nachbarstadt Haiger überlässt, wohl eine logische Folge.
Unter diesem Aspekt und sehr sarkastisch betrachtet, braucht man ja auf den sogenannten sozialen Wohnungsbau keinen Wert mehr zu legen. Wir schicken die jungen Leute dahin, wo die lukrativen Arbeitsplätze und bezahlbare Wohnungen sind und bauen für deren alten Tage noch ein paar Luxuswohnungen und Altenheime mehr.
Herborn, eine ehemals prosperierende Stadt mit viel Industrie und Wirtschaft, ist müde geworden. Wir sollten sie wieder aufwecken und nicht den Beton-Gold-Investoren das Feld alleine überlassen. Ein zweiter Pertuisplatz im Herborner Hinterthal, jedoch in fünffacher Dimension, kann nicht im Sinne einer vernünftigen und verantwortungsvollen Wohnungspolitik sein.
Dies wird sicher auch in der versprochenen Bürgerversammlung deutlich werden.
Na ja, wieviel Vorurteile denn noch. Exklusiver Wohnraum? Woher lieber Siggi nimmst Du denn das. Schau Dir den exklusiven Wohnraum in der Au an. Die Mietpreise werden nicht anders sein als im Hintertal. Und auch nicht wesentlich höher als das, was die Geno in Herborn für die zu errichtenden Neubauten nehmen wird. Aber gut. Absolut falsch ist Deine Gehaltsbewertung des Durchschnittsverdieners. Wo hast Du diese Zahl her. Die Agentur für Arbeit, das Statistische Landesamt, die Tarifvertragssituation jedenfalls können das kaum belegen. Also da musst Du schon mal genauer werden. Und ehrlicherweise ist dies doch gerade für “Junge” eine Tolle Chance Eigentum zu bilden. Also ich finde wir müssen da schon unaufgeregter ran gehen. Trotzdem, Danke für die Diskussion. Alles Liebe JMM
Ich frage mich hier gerade, wie Menschen mit einem Durchschnittsverdienst Eigentum bilden können? Befristete Arbeitsverträge geben die entsprechende Sicherheit dazu. Genau mein Humor! Nicht jeder erbt Vermögen von seinen Eltern oder Großeltern. Bleibt wohl eher einem kleinen Teil vorbehalten Wohneigentum zu schaffen.