Gedruckt erlaubt, geschmiert verboten

Es ist Wahlkampf und der tritt gerade in seine heiße Phase. Die Parteien werben mit großen Plakaten, um ihre Kandidaten fürs Europaparlament.

Ist dabei alles erlaubt, fragte sich ein Bürger als er ein Wahlplakat der Grünen in seiner Stadt ansah. Ein durchgestrichenes Hakenkreuz nicht geschmiert, sondern gedruckt mit dem Slogan „Mach Nazis ein Kreuz durch die Rechnung“ und „Machen was zählt“, hatte seinen Unmut erregt.

Wahlplakat der Grünen zur Europawahl. Aufgehängt in einer hessischen Kleinstadt

Der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages erklärt folgendes:

Immer wieder befassen sich deutsche Gerichte bis hin zum Bundesverfassungsgericht mit dem sogenannten Kennzeichenverbot (§ 86a StGB1). Danach ist es strafbar, Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen zu verbreiten oder öffentlich, in einer Versammlung oder in verbreiteten Inhalten zu verwenden.2 Kennzeichen in diesem Sinne sind „namentlich Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen“ (§ 86a Absatz 2 StGB).

Aber: DerBundesgerichtshof relativierte dies bereits in einer Pressemitteilung in 2007.

Das Ergebnis:

Durchgestrichenes Hakenkreuz kein verbotenes Kennzeichen

Das Landgericht Stuttgart hatte den Inhaber eines Unternehmens wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen nach § 86 a StGB zu einer Geldstrafe verurteilt. Er hatte für die Punkerszene Aufkleber, Anstecker und ähnliche Gegenstände vertrieben, auf denen nationalsozialistische Kennzeichen in einer Form abgebildet worden sind (Durchstreichen, Zerschmettern u. a.), dass bereits aus der Darstellung die Gegnerschaft zum Nationalsozialismus deutlich wurde.

Der 3. Strafsenat hat das Urteil aufgehoben und den Angeklagten freigesprochen. Zur Auslegung des § 86 a StGB hat er ausgeführt, dass der Tatbestand zu weit gefasst ist und der Einschränkung bedarf. Dies war bereits im Gesetzgebungsverfahren erkannt, die Eingrenzung der Vorschrift im Einzelfall aber der Rechtsprechung überlassen worden. Dementsprechend hatte der Senat schon in früheren Entscheidungen bestimmte Kennzeichenverwendungen ausgenommen, bei denen sich aus den Umständen ergeben hatte, dass der Schutzzweck des Gesetzes ersichtlich nicht verletzt war. Nunmehr hat er entschieden, dass der Gebrauch des Kennzeichens einer verfassungswidrigen Organisation auch dann nicht von § 86 a StGB erfasst wird, wenn bereits der Inhalt der Darstellung in offenkundiger und eindeutiger Weise die Gegnerschaft zu der Organisation und die Bekämpfung ihrer Ideologie zum Ausdruck bringt. Dies gilt selbst dann, wenn solche Artikel aus kommerziellen Interessen massenhaft vertrieben werden. Die Befürchtung des Landgerichts, rechtsextreme Personen könnten diese Lockerung des Verbots ausnutzen und ihrerseits derart abgeänderte Kennzeichen verwenden, hat der Senat nicht geteilt. Er ist davon überzeugt, dass Anhänger rechtsextremer Organisationen Darstellungen, in denen solche Kennzeichen in gegnerischer Zielrichtung verwendet werden, als Verhöhnung der ihnen „heiligen“ Symbole empfinden und selbst nicht gebrauchen würden.

Der Senat hat die Sache selbst abschließend entschieden. Bei den vom Angeklagten vertriebenen zahlreichen Artikeln war – mit einer Ausnahme – eindeutig und offenkundig die Gegnerschaft zum Nationalsozialismus deutlich gemacht worden und daher der Tatbestand nicht erfüllt. Lediglich bei einer CD-Hülle war die Distanzierung allerdings nicht auf den ersten Blick erkennbar und daher unzureichend. Doch hat der Senat ausgeschlossen, dass dem Angeklagten angesichts der besonderen Umstände insoweit ein entsprechender Vorsatz nachgewiesen werden könne, und ihn insgesamt freigesprochen.

LG Stuttgart – 18 KLs 4 Js 63331/05 – Entscheidung vom 29. September 2006. Urteil vom 15. März 2007 – 3 StR 486/06.

Jedoch gilt:

Wer auf ein Wahlplakat beispielsweise ein Hakenkreuz oder andere verbotene Symbole malt (ob durchgestrichen oder nicht), macht sich neben der Sachbeschädigung unter Umständen auch wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen strafbar und das heißt: Es erfolgt eine Anzeige und der Staatsschutz steht vor der Tür.

Begründung: Wer Wahlplakate beschmiert oder entfernt macht sich strafbar. Wer dazu noch Symbole wie Hakenkreuze darauf schmiert, bekommt es mit dem § 86a StGB1zu tun und das kann sehr wehtun. Ob ihm ein Durchstreichen des Nazi-Symbols strafmildernd zugute kommen würde, ist die Frage und letztlich eine Richter Entscheidung. sig

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