Meine Düsseldorfer Agentur „vor-ort-foto.de“, für die ich seit vielen Jahren arbeite, hat sich mit ein paar denkwürdigen Überlegungen ins neue Jahr verabschiedet. Das hat mir so gut gefallen, dass ich es Wert fand, ihnen einen Platz in gerdaus-welt einzuräumen. sig
„Ist es noch zeitgemäß, dass…?” Diese Frage wird heutzutage allerorten gestellt. Ob es um Klima, Energieverbrauch oder Geschlechterfragen geht, die Regeln des gesellschaftlichen Zusammenseins scheinen sich rapide zu ändern. In einer Kirche in Prag hat Michael Ebert eine radikale Antwort auf so eine Frage gefunden: „Nein, es ist nicht mehr zeitgemäß, in einer Kirche durch Anzünden echter Kerzen die Umwelt zu belasten.”
Diese Antwort hat eines gemein mit vielen Antworten, die heute bei Fragen dieser Art gegeben werden: Sie ist absolut eindimensional und eigennützig. Der spirituelle oder auch psychologische Hintergrund des Kerzenanzündens wird komplett ausgeblendet und die Konsequenz des Denkens hört auf, wenn es um Einnahmen geht. Konsequent und rational zu Ende gedacht, ist das Kerzenanzünden auch dann eine nutzlose Energieverschwendung, wenn es „nur” LEDs sind. Es würden aber keine Silberlinge mehr in der Kasse klingeln.
Gesundes Misstrauen ist also immer angesagt, wenn jemand daherkommt und sagt, dass dies oder das nicht mehr zeitgemäß sei. Zu allen Zeiten hat es sich gelohnt, selber zu denken und den „Zeitgeist” in Frage zu stellen. Vielfach liegt der Schluss nahe, dass es eher darum geht, die eigene Weltanschauung zum Standard zu machen, als die Gesellschaft als Ganzes voranzubringen.
Es gibt Werte wie Ehrlichkeit, Verlässlichkeit und gegenseitige Rücksichtnahme, die unabhängig von gerade vorherrschenden Strömungen für unser Zusammenleben wichtig sind. Darauf sollten wir uns vielleicht eher besinnen, als uns in Auseinandersetzungen darum zu begeben, was denn noch „zeitgemäß” sei.