Begrenzung irregulärer Migration

Neue Regelungen für mehr und schnellere Rückführungen

Der Bundesrat hat das von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte Rückführungsverbesserungsgesetz beschlossen. Ein Überblick.

Freitag, 2. Februar 2024 

Abschiebung am Flughafen Leipzig.

Abschiebung am Flughafen Leipzig: Das Rückführungspaket wurde vom Deutschen Bundestag beschlossen.

Ein wesentlicher Schritt zur Begrenzung irregulärer Migration sind schnellere Rückführungen und Abschiebungen von Personen ohne Bleiberecht in Deutschland. Ein entsprechender Gesetzentwurf wurde am 2. Februar 2024 im Bundesrat beschlossen.

Die Bundesinnenministerin freut sich, dass der Bundesrat den Gesetzentwurf zur Verbesserung der Rückführung gebilligt hat. „Mit dem Gesetzespaket sorgen wir dafür, dass Menschen ohne Bleiberecht schneller unser Land verlassen müssen. Mit einer Reihe von Neuerungen verhindern wir, dass Personen untertauchen, bevor sie abgeschoben werden können. Zugleich erleichtern wir die Identitätsfeststellung. Die Zahl der Rückführungen war im Jahr 2023 schon um rund 25 Prozent höher als im Vorjahr, dennoch gibt es erheblichen Änderungsbedarf, dem das Gesetz Rechnung trägt. Die restriktiven Maßnahmen sind notwendig, damit wir weiterhin unserer humanitären Verantwortung für die Menschen gerecht werden können, die wir vor Krieg und Terror schützen müssen – wie die 1,1 Millionen Geflüchteten aus der Ukraine.“, so Nancy Faeser.

Das Rückführungspaket sieht ein Bündel an Maßnahmen vor, die effektivere Verfahren und eine konsequentere Durchsetzung der Ausreisepflicht vorsehen. Dabei geht es auch um die schnelle Abschiebung von Straftätern und Gefährdern.

Einzelmaßnahmen

Ausreisegewahrsam: Die Höchstdauer soll im Einklang mit dem verfassungs- und europarechtlichen Rahmen von derzeit 10 auf 28 Tage verlängert werden. Damit erhalten die Behörden mehr Zeit, eine Abschiebung vorzubereiten.

Rückführung von Straftätern: Bei Personen, die mindestens zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt wurden, wiegt das Ausweisungsinteresse künftig besonders schwer, was eine Abschiebung erleichtert.

Die Ausweisung von Schleusern soll besonders forciert werden.

Die Ausweisung von Mitgliedern krimineller Vereinigungen wird deutlich erleichtert. Sie wird unabhängig von einer individuellen strafgerichtlichen Verurteilung bei hinreichenden Tatsachen ermöglicht, die eine Mitgliedschaft in der kriminellen Vereinigung belegen. Dies ist ein weiteres Instrument zur Bekämpfung von Strukturen der organisierten Kriminalität.

Die Durchsuchung von Wohnungen nach Datenträgern und Unterlagen wird ermöglicht, insbesondere um die Identität einer Person zweifelsfrei klären zu können.

Unter engen rechtsstaatlichen Voraussetzungen sollen die Möglichkeiten zum Betreten weiterer Räume in Gemeinschaftsunterkünften geschaffen werden. Damit soll sichergestellt werden, dass im Falle einer Abschiebung die betroffene Person auch tatsächlich in der Gemeinschaftsunterkunft angetroffen wird.

Verstöße gegen Einreise- und Aufenthaltsverbote werden als eigenständiger Grund für Abschiebehaft geregelt.

Eine Abschiebung wird bei Ausreisepflichtigen in Haft nicht mehr angekündigt. Ebenso soll die einmonatige Ankündigungspflicht für Abschiebungen, denen eine mindestens einjährige Duldung vorausging, gestrichen werden. Ausnahmen gelten für Familien mit Kindern unter zwölf Jahren.

Einreise- und Aufenthaltsverbote sollen ebenso wie Wohnsitzauflagen und räumliche Beschränkungen künftig sofort vollziehbar sein, um ihre Wirksamkeit zu erhöhen.

Darüber hinaus greift der Gesetzentwurf Vorschläge zur Entlastung der Ausländerbehörden auf. Konkret ist eine längere Gültigkeitsdauer von Aufenthaltsgestattungen im Asylverfahren (von drei auf sechs Monate) und von Aufenthaltserlaubnissen von subsidiär Schutzberechtigten (von einem auf drei Jahre) sowie von elektronischen Aufenthaltstiteln von Ausländern mit Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU vorgesehen.

Welche Änderungen am Gesetzentwurf wurden im Deutschen Bundestag beschlossen?  

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung wurde im parlamentarischen Verfahren im Deutschen Bundestag geändert bzw. ergänzt. Ein Überblick

Minderjährige und Familien mit Minderjährigen werden „grundsätzlich nicht in Abschiebehaft“ genommen. Ausnahmen hiervon gibt es etwa bei minderjährigen Gefährdern oder Jugendstraftätern.

Betroffenen in Verfahren zur Abschiebungshaft oder Ausreisegewahrsam wird eine Pflichtverteidigung zur Seite gestellt.

Zur Bekämpfung der Schleusungskriminalität ist eine Verschärfung der bisherigen Strafandrohungen für entsprechende Delikte vorgesehen.

Es wird klargestellt, dass die Rettung Schiffbrüchiger auch künftig nicht strafbar ist.

Asylbewerber erhalten künftig drei Jahre statt 18 Monate lang die niedrigeren Asylbewerberleistungen.

Ausländer, die verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, können eine Beschäftigung nach 6 statt 9 Monate aufnehmen.

Die Vollbeschäftigungszeit vor Erteilung einer Beschäftigungsduldung wird von 18 auf 12 Monate gesenkt. Das wöchentliche Mindestmaß der Beschäftigung wird von 35 auf 20 Stunden reduziert.

Damit mehr Menschen von der Beschäftigungsduldung profitieren, wird der Stichtag für die Einreise auf Ende 2022 statt bis zum 1. August 2018 verlegt.

Weitere Informationen beim Bundesinnenministerium.

Ende September 2023 lebten nach Angaben des Bundesinnenministeriums 255.000 ausreisepflichtige Ausländer in Deutschland. Rund 205.000 von ihnen hatten aber eine Duldung, können aktuell also nicht abgeschoben werden. Rund 12.000 Abschiebungen gab es in diesem Jahr laut Ministerium bis Ende September. Das sind mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres, aber deutlich weniger als in der Zeit vor der Coronapandemie. Quelle: taz

Bundestagsdebatte zum Thema Leistungen für Asylbewerber

Die CDU/CSU-Fraktion hat einen Antrag mit dem Titel „Leistungen für Asylbewerber senken – Rechtliche Spielräume nutzen“ (20/9740) vorgelegt, der am Freitag, 19. Januar 2024, erstmals im Bundestag beraten wurde. Nach der Debatte überwiesen die Abgeordneten die Vorlage gemeinsam mit einem AfD-Antrag mit dem Titel „Sozialstaat sichern – Bürgergeld für EU-Bürger und Drittstaatsangehörige begrenzen“ (20/10063) zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Arbeit und Soziales. 

Union fordert „echte Asylwende“

Stephan Stracke (CDU/CSU) verwies zu Beginn der Debatte auf die im Jahr 2023 gestellten mehr als 350.000 Asylanträge, wozu noch 1,1 Millionen ukrainische Flüchtlinge kämen. Das führe zu einer Überlastung des ganzen Landes, konstatierte er. „Wir brauchen eine echte Asylwende“, sagte der Unionsabgeordnete. 

Dafür sei es unabdingbar, das Asylbewerberleistungsrecht neu auszurichten. Nicht zuletzt, da sich die deutschen Sozialleistungen zu einem Migrationsmagneten entwickelt hätten. Die Union, so Stracke, wolle die Leistungen für Asylbewerber reduzieren. An deren Anspruch auf Sicherung des Existenzminimums werde gleichwohl nicht gerüttelt. 

SPD verweist auf umgesetzte Maßnahmen

Rasha Nasr (SPD) zeigte wenig Verständnis für die Forderungen der Union. Schließlich sei die Verlängerung der Bezugsdauer der niedrigeren Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz von 18 Monaten auf 36 Monate gerade erst umgesetzt worden. Auch sei der Einsatz einer Bezahlkarte schon jetzt rechtlich möglich. 

Aus ihrer Sicht steht jedoch „kein einziger Mensch in diesem Land besser da, wenn wir Geflüchteten noch mehr wegnehmen“. Asylsuchende würden rund 18 Prozent weniger als Bürgergeldempfänger erhalten, also weniger als das Existenzminimum vorsehe. „Irgendwann ist es auch mal gut“, befand die SPD-Abgeordnete. 

AfD will Zugang zum Bürgergeld einschränken

47 Prozent der Bürgergeldbezieher seien Ausländer, sagte Norbert Kleinwächter (AfD) und forderte für den Zugang zum Bürgergeld eine Niederlassungserlaubnis sowie eine fünfjährige existenzsichernde Tätigkeit in Deutschland. Den Migranten, so Kleinwächter, sei es schließlich jederzeit möglich, „nach Hause zurückzukehren und dort eine sinnvolle Erwerbstätigkeit aufzunehmen“. 

Kleinwächter griff das Wort „Migrationsentscheidung“ aus dem Unionsantrag auf. Sobald Migration das Ergebnis einer Entscheidung ist, „kann sie nicht mehr Asyl sein“. Daher seien die Millionen Migranten „keine Flüchtlinge, sondern ordinäre illegale Migranten“. 

Grüne warnen vor Stigmatisierung 

Angesichts solcher Debatten mache sie sich Sorgen um den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Demokratie, sagte Stephanie Aeffner (Bündnis 90/Die Grünen). Das Versprechen des Sozialstaates auf ein soziales Netz, das Menschen in Krisen auffängt, werde immer öfter angegriffen. Es dürften nicht ständig neue Brandherde gelegt werden, betonte Aeffner.

 Erst in dieser Woche sei die Verlängerung des Bezuges der niedrigeren Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beschlossen worden – ebenso wie die Streichung des Bürgergeldes bei Ablehnung von Arbeit. Das alles führe zu einer Stigmatisierung und Entmenschlichung bestimmter Gruppen. 

FDP für mehr Differenzierung

Jens Teutrine (FDP) sieht die Migrationspolitik in Deutschland schon seit längerem auf dem falschen Weg. Es sei absurd, dass Auszubildende abgeschoben würden und dass es Menschen, die nach Deutschland kommen, um zu arbeiten, mit bürokratischen Hürden so schwer gemacht werde. 

Dies geschehe, „weil wir der Lüge anhängen, Deutschland sei kein Einwanderungsland“, sagte er. Richtig sei es dennoch, irreguläre Migration zu bekämpfen, weil sonst die Akzeptanz für die legale Migration fehle. Teutrine forderte dabei mehr Differenzierungen und „weniger alle rein oder alle raus“.  Quelle: Deutscher Bundestag

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