Bei Selzer stehen Entlassungen ins Haus

Das Driedorf-Rother Unternehmen, eine ehemalige Indus-Tochter, wurde von Mutares der börsennotierten Private-Equity-Holding aus München bereits im vergangenen Jahr übernommen. Jetzt machen die neuen Eigner Ernst und wollen die Hälfte der noch 340 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlassen.

„Es geht nicht darum Beschäftigte zu entlassen, sondern lediglich Arbeitsplätze abzubauen“, soll ein Mitglied der Geschäftsführung des neuen Selzer-Eigners Mutares SE & Co. KGaA gesagt haben.

Mutares ist wie auch die ehemaligen Eigner Indus in Bergisch-Gladbach eine Holding. Deren Betriebszweck besteht darin Kapitalbeteiligungen an anderen Unternehmen zu halten.

Die Kapitalbeteiligung war bei der Selzer-Gruppe für Indus nicht mehr ausreichend, weil sich das Driedorfer Unternehmen in Schieflage befand. Oliver Scheld, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Herborn und Betzdorf betonte in einem Pressegespräch, dass daran einzig und alleine das Management von Indus schuld sei. Die Belegschaft die bis Anfang 2025 auf 160 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schrumpfen soll, stehe erstaunlicherweise nach wie vor voll hinter ihrem Unternehmen und tue alles, was ihr möglich sei.

Selzer habe seinen Maschinenpark an eine Leasing-Firma veräußert und diese zurück geleast. Auch die Ausbildungswerkstatt wurde bereits geschlossen. Nicht wenige Mitarbeiter sahen damals darin die ersten Anzeichen, dass es mit „ihrem“ Unternehmen den Berg hinunter gehe. Was die derzeitige Betriebssituation anbelangt, werden sie wohl recht behalten.

Die Unruhe und noch schlimmer die Unsicherheit in der Belegschaft sei groß, berichtet die Betriebsratsvorsitzende Sybille Brandenburger. Sie und ihre Betriebsratskollegen haben erhebliche Sorgen, wie es weiter gehen soll. Der bevorstehende Personalabbau in dem mittelständigen Unternehmen sei in dessen hundertjähriger Geschichte ebenso einmalig, wie dessen Restrukturierung.

So hat sich die Personalsituation bei Selzer geändert

So wie es aussehe, werde in Zukunft kaum noch Wert auf die hohe Produktqualität gelegt, für die Selzer einst bekannt war, glaubt Scheld. „Wenn der Aderlass so weiter geht, wird Selzer höchstens noch ein Dreherei-und Fräs-Unternehmen sein“, so seine wenig optimistische Prognose.

Es sei sehr schlimm, dass Beschäftigte in allen Bereichen Angst vor der Entlassung haben müssen. Einen Sozialplan gebe es darüber hinaus noch nicht und wen es trifft, der könne bei der miserablen Finanzlage kaum mit einer Abfindung rechnen. Sehr große Bedenken hat Scheld auch, dass Mutares die Westerwälder Tochter nach fünf Jahren abstoßen könnte. Dafür sei die Münchener Holding schließlich bekannt.

Der Betriebsrat und ebenso die IG Metall will auf jeden Fall den Kaufvertrag einsehen, notfalls mit gerichtlicher Hilfe. Was die Gewerkschaftler nicht verstehen, dass sich plötzlich wie aus dem Nichts die Unternehmensverluste von 6 Millionen auf 14 Millionen verdoppelt hätten. Der 1. Bevollmächtigte unterstellt Indus, dass die sich mit den erfolglosen Unternehmensgründungen im Ausland vergaloppiert hätten.

Auch das Unternehmen der Selzer-Gruppe in Bosnien sei noch immer nicht aus den roten Zahlen und bedürfe nach wie vor der Unterstützung aus Driedorf.

Sehr enttäuscht zeigte sich der IG-Metaller aus Herborn über die mangelhafte moralische Unterstützung der Kommunalpolitiker. Bis auf Landrat Wolfgang Schuster (SPD) habe noch keiner Notiz von der Notlage der Belegschaft genommen.

Oliver Scheld (links) mit Sybille Brandenburger

Der Betriebsrat will jedoch nicht kampflos aufgeben und ist dabei der Unterstützung der IG-Metall sicher. Auf jeden Fall brauche man die gleiche Zeit die auch die Manager beim Kauf von Selzer benötigt hätten. Auf die Frage, wie viele Belegschaftsangehörige gewerkschaftlich bei Selzer organisiert seien, meinte Scheld, dass man mit den Zahlen zufrieden sein könne. Sybille Brandenburger sprach von zwei Drittel Gewerkschaftsmitglieder im Unternehmen. Scheld machte daraufhin deutlich, dass seine Gewerkschaft nur etwas für diesen Personenkreis tun könne und sprach die Hoffnung aus, dass sich manch einer noch überlegen könnte Mitglied der IG-Metall zu werden. sig/Fotos: Gerdau

Ein Gedanke zu „Bei Selzer stehen Entlassungen ins Haus

  • 9. Februar 2024 um 11:13 Uhr
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    Wo sind jetzt die Nebenerwerbsbauern und zugleich Mitarbeiter der Fa Selzer mit ihren Traktoren ? Für eine Demo “ Rund um Roth -für sichere Arbeitsplätze“ hätten die Anwohner sicher mehr Verständnis, als eine Verkehrsbehinderung zu Gunsten der Agrarindustrie und ihrer Lobby.
    Leider habe ich in ihrem Bericht nichts von einer Stellungnahme des Driedorfer Bürgermeisters und „Landratskandidaten“ gelesen! ……Aber…..kommt sicher noch……muss sicher nur noch ein Konstrukt zur „Ampel“ erstellt werden.

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