4500 Höhenmeter mit Tagestouren bis zu fünf Kilometern legten vier Schülerinnen und Schüler der 9. Klasse der Herborner Comeniusschule gemeinsam mit zwei Lehrern in vier Tagen auf dem Stubaier Höhenweg zurück. Nach einer halbjährigen Vorbereitungszeit in einer eigens dafür ins Leben gerufenen Arbeitsgemeinschaft, machte der „Alpenguru“ der Schule Kevin Kölsch, die Bewerber für die Anforderungen einer Hochgebirgswanderung fit. Als das Los schließlich auf Aleksandra Kosik, Anna Meckel, David Riske, Til Schneider fiel, war die Freude groß. „Unsere Schule ist die Einzige, die solche Touren anbietet“, sagte Schulleiter Micha Gabriel, der selber mit von der Bergpartie war. 2019 fand die erste Tour in die Bergwelt statt. Dann kam Corona und an eine Fortsetzung war in dieser Zeit nicht zu denken.
Neben der Steigerung der körperlichen Fitness kam es Kölsch darauf an, die Mitwanderer auch mental auf die zu erwartenden Schwierigkeiten vorzubereiten. „Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sind außerdem elementare Voraussetzungen für solche Vorhaben“, sagte Gabriel. Die Ausrüstung, die alles Notwendige umfasst, wurde sorgsam ausgewählt. Immer im Blick: Das Gesamtgewicht. Schließlich mussten das 8 bis 12 Kilogramm schwere Gepäck über die gesamte Distanz mitgeschleppt werden.
Mit dem Schulbus ging die Fahrt über München ins Stubaital und zum Großparkplatz Mutterbergalm. Beim zweistündigen Aufstieg von 1740 Meter über NN bis zur Dresdener Hütte in 2308 Meter, bekamen die Hochgebirgswanderer einen ersten Vorgeschmack auf das, was sie in den nächsten Tagen erwartete. Um den Tag vollends auszufüllen ging es vor der Einkehr in die Unterkunft noch zum „Großen Trögler“ (2902 Meter) und wieder zurück.
Das Vorbereitungstraining hatte sich zwar ausgezahlt, aber Jeder-bis auf Kevin Kölsch- merkte was es bedeutet alles per pedes und teils auf unwegsamen Abschnitten zurücklegen zu müssen. Es war allen klar, dass es kein Zurück geben konnte und somit war Durchbeißen angesagt. Der Tag darauf führte die Wanderer über das Peiljoch (2672 m)und eine Stahlbrücke. Geröllblöcke erschwerten das Fortkommen und bereits schon jetzt spürte man Muskeln, die man vorher gar nicht gekannt hatte. Der Weg vom Peiljoch bergab am Sulzenausee vorbei, war schon fast eine Erholung. Die Sulzenauhütte, 2191 Meter hoch gelegen, rückte in erreichbare Nähe und die Freude auf ein gutes Essen und vor allem einen erholsamen Schlaf, beflügelte ihre Schritte.
Die Reduzierung auf das Wesentliche und vor allem die Bergkameradschaft war für Schüler und Lehrer eine wertvolle Erfahrung. Ihre Handys hatten zwar alle für den Notfall dabei, aber Verbindung mit der Außenwelt gab es lediglich sporadisch. „Auf den Hütten sind Erfahrungsaustausch und Brettspiele angesagt. Auch das ist in unserer digitalen Welt schon lange nicht mehr selbstverständlich“, sagte Gabriel.
Der Weg zum nächsten Ziel, zu der in 2297 Meter gelegenen Nürnberger Hütte, hatte es in sich. Mehrere Bäche mussten überquert werden. Dann gings übers „Niederl“ Richtung „Hohe Scharte.“ Dieser „Weg“ konnte nur mit Drahtseilen und Tritthilfen bewältigt werden. Erneut zahlte sich die intensive Vorbereitung aus und ohne die nötige Schwindelfreiheit wäre diese Aufgabe in die Hose gegangen. Wo noch vor wenigen Jahren Gletscher bis weit herunterreichten, ist jetzt nur noch Geröll, erzählt Gabriel. Das Sterben der Gletscher schreite kontinuierlich voran. Geblieben sind die malerischen Bergseen, besonders im Bereich des „Niederl“.
Die Nürnberger Hütte, das letzte Ziel für die Herborner Wanderer auf dem Stubaier Höhenweg, bietet Platz für 130 Übernachtungsgäste. Ob Matratzenlager für mehrere Wanderer oder Mehrbettzimmer die „Hütte“ ist mit Dusche (max.2 Minuten) und vier Gaststuben gut ausgestattet, so dass der Name Hütte für Laien irreführend ist. Das Essen auch in den anderen Hütten wurde von allen Teilnehmern sehr gelobt.
Der darauffolgende Tag war dem Talabstieg gewidmet. Dann ging es sieben Stunden lang mit dem Bus in Richtung Heimat. Fazit: Es gab viel zu lernen, eine wunderschöne Landschaft zu erleben und vor allem den eigenen Körper neu zu entdecken. „Wir haben erfahren, wie minimalistisch man auch heute noch gut existieren kann und beim Thema Umwelt gab es ebenfalls keine Kompromisse“, stellte Schulleiter Gabriel ganz pragmatisch fest. Jeder Abfall musste zurück ins Tal mitgenommen werden. Da überlege man schon vorher, ob die vielen Umverpackungen wirklich sein müssen. sig/Fotos: Gabriel