Neben einem eisernen Denkmal erinnert die gleichnamige Straße in Herborn an den ersten deutschen Kaiser Wilhelm Friedrich Ludwig von Preußen Wilhelm I. Ein wenig durch das Laub der Bäume verdeckt, schaut der Monarch mit der Pickelhaube über die Dill und den „Obertorkreisel“. So wie hier entstanden im ganzen Reich über 100 Denkmäler, die an Wilhelm den Großen (dieser Beiname setzte sich allerdings nie durch) erinnern sollten. Auch die Herborner ehrten den populären Regenten mit dessen Abbild. Von ein paar zum Teil unzutreffenden Beschuldigungen in der Märzrevolution 1848 (Kartätschenprinz) abgesehen, entwickelte sich der König und spätere Kaiser zu einem liberalen Herrscher. Die Politik im Reich wurde jedoch weitestgehendst von Otto von Bismark, Kanzler und Ministerpräsident, bestimmt. Dem ergab sich Wilhelm I. klugerweise und äußerte einmal „Es ist nicht leicht unter einem solchen Kanzler Kaiser zu sein“.
Das Volk liebte und verehrte ihn, weil er für viele das „alte Preußen“ verkörperte. Nach seinem Tod im Dreikaiserjahr 1888 sangen die Deutschen „Wir wollen unseren alten Kaiser Wilhelm wieder haben“ zur Melodie des 1875 von Richard Henrion komponierten Fehrbelliner Reitermarschs .
Obwohl sein Nachfolger und Enkel Friedrich Wilhelm Viktor Albert von Preußen (Wilhelm II.) in seiner 30-jährigen Herrschaft von 1888 bis 1918 (wilhelminische Epoche) am beachtlichen wirtschaftlichen und politischen Aufschwung des Reiches einen gehörigen Anteil hatte, blieb ihm die Popularität seines Großvaters Wilhelm I. versagt. Dies nicht zuletzt wegen des Eintritts Deutschlands in den I. Weltkrieg.
Da Wilhelm der I. in seiner Amtszeit politisch eher unbedenklich war (die Sozialisten waren ihm jedoch ein Dorn im Auge) und man ihm weder die Nähe zu links oder rechts (gab es damals noch nicht) anlasten konnte, stehen seine Denkmäler heute noch. Auch die vielen Kaiserstraßen im Lande lassen darauf schließen, dass man seine geschichtliche Existenz und deren Symbole akzeptiert.
Das geht aber nicht so weit, dass Mantel und Pickelhaube von Zeit zu Zeit einmal eine Generalreinigung erführen. Die Gefahr ist zu groß, dass hier „monarchistische Tendenzen“ erkannt und angeprangert werden. Vielleicht ist es ja auch besser, die Denkmalstürzer nicht zu wecken und den Kaiser verschmutzt aber in Frieden stehen zu lassen. sig/Foto: Gerdau