Eine Buchbesprechung von Siegfried Gerdau
Wer umfassende Informationen über Donald J.Trump, den umstrittenen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika erwartete, sah sich schon nach der Hälfte der Lektüre des 278-Seiten-Werks „ZU VIEL IST NIE GENUG“ von Mary L. Trump enttäuscht. Die Nichte des 74-Jährigen Plutokraten hatte offensichtlich nie die Absicht sich in epischer Breite über ihren Onkel Donald auszulassen. Da ihr auch Zeitlebens die körperliche Nähe zu ihm fehlte, wäre das auch nur sehr lückenhaft gewesen. Marys Antrieb war wohl eher von Rache befeuert. Rache für ihren Vater Freddy, den Bruder von Donald, der bei seinem Vater, dem Großvater und Gründer des Trump-Imperiums Fred Trump nichts galt. Rache auch dafür, dass vom Erbe des Großvaters für ihre Familie nichts übrigblieb. Donald das geborene und ewig bleibende „Enfant terrible“ hatte die Sympathie seines Vaters, obwohl er der klassische reiche Versager war und dies auch noch mit dem ihm eigenen Stolz zur Schau trug. Die promovierte Psychologin Mary mag sich auch gedacht haben mit den Pfunden der Familiengeschichte Trump zu wuchern und so ein wenig von dem Reichtum zurück zu bekommen.
Egal, wer das Buch liest, wird am Ende sogar ein wenig Verständnis und vielleicht ein wenig Mitleid mit dem Mann haben, der seine Kindheit zwischen einer empathielosen Mutter und einem geldgierigen, despotischen Vater verbringen musste. Donald passte sich jedoch dem Trumpschen System perfekt an und nahm sich ausgerechnet den harten und gnadenlosen Vater zum Vorbild. Seinen älteren Bruder Freddy, den Vater von Mary, kostete die Unfähigkeit sich ebenso anzupassen, die Achtung, den Respekt und letztlich die zweifelhafte Liebe seines Vaters. Er zerbrach an dem Zwiespalt, sich nach eigenen Vorstellungen zu entwickeln und trotzdem die Liebe und Anerkennung des Vaters doch irgendwann noch zu bekommen. Marys Familie brach auseinander, während Donald in der Firmenhierarchie immer weiter nach oben stieg und diesen Weg rücksichtslos verfolgte. Egal welchen Mist er dabei machte, Vater Fred deckte ihn. So konnte Donald Trump irgendwann überhaupt nicht mehr unterscheiden, was er selber vollbracht oder lediglich kaputtgemacht hatte. Nach dem Tod des Vaters begann er gemeinsam mit einem weiteren Familienangehörigen einen gnadenlosen, jahrelangen Kampf um dessen Erbe. Er hatte damals nur ein Ziel, die Familie seines Bruders auszubooten. Später schaffte es durch seine Unfähigkeit, die er großmäulig zu vertuschen verstand, das Imperium an die Wand zu fahren und mit Hilfe intelligenteren Mitstreitern wieder auf Kurs zu bringen. Nun als Präsident der USA diene ihm die Regierung in ihrer aktuellen Zusammensetzung, zu der die Exekutive wie auch der halbe Kongress und die Mehrheit des Supreme Cort gehöre, sein Ego zu schonen. „Die ihm eigene Monstrosität ist die Verkörperung genau der Schwäche in ihm, vor der er schon sein Leben lang davon zu laufen versuchte“, schreibt Mary L. Trump. In seinen Augen habe es nie eine andere Option gegeben, als Stärke zu zeigen.
Fazit: Man kann das Buch lesen. Neuheiten über die Person Donald J. Trump bringt es wohl kaum. Es beleuchtet jedoch in großer Intensivität warum und wie sich der amerikanische Präsident so entwickelt, wie er sich heute darstellt. Mitleid mit diesem Mann ist sicher Fehl am Platze. Man lernt zumindest zu verstehen ohne Verständnis zu entwickeln. Das Buch ist im Heyne-Verlag erschienen und kostet aktuell 22 Euro. Die ISBN lautet: 978-3-453-21815-4. Foto: sig