„Der III.Weltkrieg“

Durch einen glücklichen Umstand ist mir ein Buch wieder in die Hände gefallen, dass mir einer meiner Kommandeure vor vielen Jahren schenkte.

Der britische General Sir John Hackett schrieb 1978 den 371 Seiten umfassenden Wälzer über eine Fiktion, die bereits wenige Jahre nach dem II. Weltkrieg die Menschheit beschäftigte. „Der III. Weltkrieg-Hauptschauplatz Deutschland“, so der Titel des Werkes, welches im weitesten Sinne durchaus ein Gefahrenpotential der Gegenwart erkennen lässt.

Der am 9. September 1997 Verstorbene war britischer Offizier, Schriftsteller und Universitätsleiter. Der zielstrebige Mann qualifizierte sich auch als Dolmetscher für Französisch, Deutsch und Italienisch, studierte Arabisch und beherrschte schließlich zehn Sprachen fließend.

Hackett hatte zahlreiche Kommandos und Kriegseinsätze. Unter anderem stellte er 1944 die 4. Fallschirmbrigade für den Angriff der Alliierten auf Arnhem im Rahmen der Operation Market Garden auf und befehligte sie. In der Schlacht von Arnheim wurde Brigadier Hackett schwer im Magen verwundet. Am 14. April 1966 wurde er zum Kommandeur der British Army of the Rhine (BAOR) und zum parallelen Kommandeur der NATO – Heeresgruppe Nord ernannt.

Insgesamt kann man davon ausgehen, dass Hackett wusste wovon er schrieb. 1968, zwei Jahre nach seiner Amtsniederlegung, schrieb er einen äußerst umstrittenen Brief an The Times , in dem er die offensichtliche Unbesorgtheit der britischen Regierung über die Stärke der NATO-Streitkräfte in Europa kritisierte.

Es ist wichtig zu wissen, dass er General sich bei der Verfassung seines Werkes auf die Fachkenntnis mehrerer Offiziere in höherem Rang sowie hohen Politikern stützte.

Zum Roman: Den Zusammenbruch des sowjetischen Imperiums prognostizierte ein russischer Historiker für das 1985. Dazu kam es zwar in dieser Form nicht, aber durch die Friedensinitiativen des letzten sowjetischen Staatspräsidenten Michail Sergejewitsch Gorbatschow zur Auflösung des Imperiums.

Dies war für Hackett damals jedoch noch nicht erkennbar.

Für ihn begann bereits am 4. August 1985 der Angriff sowjetischer Truppen mit dem Überschreiten der Demarkationslinie, die beide Deutsche Staaten teilte. Sehr minutiös schilderte er im Folgenden den Zusammenstoß zwischen Nato und sowjetischen Truppenteilen.

Hackett befasste sich in seinem Roman sehr ausführlich mit der weltpolitischen Situation im Jahr vor der Invasion sowjetischer Truppen auf Nato-Gebiet. Die damalige sowjetische Regierung zeige sich besorgt über die Unzufriedenheit in der Roten Armee und dass die jüngere Generation von der damals dreijährigen Wehrpflicht nicht gerade begeistert sei.

Die gegenseitige Abschreckung durch die Verbreitung nuklearer Kapazität und die Dauerrivalität zwischen den USA und der Sowjetunion war damals nicht anders als heute. Es gab zahlreiche Warnungen einflussreicher Amerikaner, die davor warnten den russischen Bären zu diesem Zeitpunkt bewusst zu reizen. Es sei möglich, dass ein dritter Weltkrieg durch eine falsche Lagebeurteilung ausgelöst werden könnte. Langatmige, philosophische und politische Betrachtungen über die Konfliktherde im mittleren Osten und in Afrika folgten in dem Buch.

Wohlgemerkt, es wurde im Jahr 1078 geschrieben. Die Bedrohung durch den Ostblock war deutlich, aber nicht alle westlichen Politiker nahmen sie zur Kenntnis. Erst nach und nach rangen sie sich Ende der 1970er Jahre dazu durch, die Verteidigung der Allianz aus dem bedrohlichen Zustand der Schwäche zu befreien.

Angriffen der sowjetischen Armee damals an der innerdeutschen Grenze, frontal im Rahmen einer sogenannten „Vorneverteidigung“ zu begegnen, erwies sich als unmöglich. Man sprach daher von einer beweglichen Verteidigung in der Tiefe des Raumes mit konventionellen, aber auch als Antwort auf den Einsatz von atomaren Waffen, mit atomaren Vergeltungsschlägen. Was dies für die Bundesrepublik und deren Bevölkerung bedeutet, war klar.

Der englische General legte in seinem Buch logischerweise den Focus auf die britische Armee und auf Großbritannien.

Fakt ist, dass man sich für das Buch Zeit nehmen muss. Die zahlt sich jedoch für jeden aus, der auch die aktuellen Geschehnisse auf der Welt begreifen möchte.

In dem Wälzer spitzen sich erst zum Ende hin die kriegerischen Auseinandersetzungen derart zu, dass es schließlich zu dem lange für unmöglich gehaltenen Einsatz atomarer Kampfmittel kommt.

Vom dritten Weltkrieg würde angenommen, dass er der erste Atomkrieg sei- und vielleicht der letzte, schreibt John Hackett. Ob der nächste Satz trostspendend sein kann-„Kriege beschleunigen im allgemeinen den technischen Fortschritt“, mag jeder für sich selbst entscheiden.

Fazit: Das hochinteressante Buch lese ich nun zum zweiten Mal. Nicht weil mich meine 30-jährige Militärvergangenheit dazu auffordert. Im Gegenteil. Mir blieb es zum Glück erspart, mich in solchen kriegerischen Auseinandersetzungen bewähren zu müssen. Mich erschreckt schon geraume Zeit, wie völlig „unbeleckte“ Menschen mit dem Thema Krieg umgehen. Dazu kann ich nicht begreifen, dass Zeitgenossen, darunter auch viele Frauen, plötzlich eine Wendung vom absoluten Antimilitarismus hin zu Befürworter eines totalen Krieges werden.

Noch vor wenigen Jahren wurde mir und meinen Kameraden vorgeworfen wir seien alles potentielle Mörder. Pfarrer weigerten sich Soldaten in Uniform zu trauen und schon ein Holzgewehr in Kinderhand war ein Erziehungsversagen. Alles Schnee von gestern? Nein, denn ich sage es ist kollektiver Schwachsinn. Das damalige Gebrüll: „Nie wieder Krieg“, „Frieden schaffen ohne Waffen“ oder „Schwerter zu Flugscharen.“ War das alles skandierter Blödsinn von Idioten? Ich stand damals auf der anderen Seite und musste Buh-Rufe, Kasernenblockaden und persönliche Verachtung wegen meines Berufes, selbst von angeblichen Freunden, hinnehmen.

Wenn ich heute warne und zu bedenken gebe, dass für intelligente Menschen Krieg eben nicht die Ultima Ratio sein kann, werde ich wieder von dem gleichen Klientel niedergebrüllt und sogar als Putin-Versteher beschimpft. Wenn das nicht Schizophrenie par Exzellenz ist, dann weiß ich es nicht.

Natürlich ist auch für mich der Überfall der russischen Armee auf ein souveränes Land ungeheuerlich und dem muss begegnet werden. Bitte aber nicht nur unter Einsatz von immer mehr Waffen. Man muss auch an die Menschen denken die mitten im Kriegsgebiet leben und nicht selten durch Kriegswaffen sterben.

Sollte es zum gegenseitigen Austausch atomarer Sprengkörper, gleich welcher Art, kommen, wären wir alle schlauer, sofern wir es denn überleben. General Sir John Hackett hat diese unheilvolle Eskalation sehr gut beschrieben und schon Clausewitz stellte in seinem zwischen 1816 und 1830 geschrieben Werk „Vom Krieg“ fest: „Krieg kennt keine Sieger, jeder militärische Triumph erweist sich in Wahrheit als Niederlage aller Beteiligten.“ ISBN 3-570-01861-x

sig/Foto: Gerdau  

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