Gedanken zum Krieg

Von Siegfried Gerdau

Krieg sei die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln, behauptete der „Militärphilosoph“ (eigentlich Militärhistoriker) Carl von Clausewitz in seinem Buch „Vom Krieg“ im Jahre 1832.

Der preußische General konnte sein Werk zu Lebzeiten nicht vollenden und dennoch gilt es als absolute Grundlage einer Kriegsführung bis zum heutigen Tag und wird in allen Militärakademien der Welt gelehrt.

Clausewitz legitimiert in seinem Buch den Krieg zwischen Völkern und Staaten und bezeichnet ihn ab einer gewissen Phase der völkischen Auseinandersetzung als unausweichlich.

Gesiegt bis in den Tod.

Er schrieb dieses Buch nach den Befreiungskriegen vom napoleonischen Joch. Den deutsch/französischen Krieg 1870/71, den Weltkrieg I und II und alle anderen „moderne Kriege“ konnte er damals nicht einmal erahnen. Vielleicht hätte er sein sicherlich zu seiner Zeit epochales Werk ein wenig anders gestaltet oder zumindest überarbeitet.

Krieg ist nämlich immer nur ein Mittel der Herrschenden, die sich ihres Volkes bedienen und es letztendlich dadurch zur Schlachtbank führen. Damit das funktioniert bedarf es nur weniger Tricks, die an ihrer Wirksamkeit bis heute nichts verloren haben.

Gustave Le Bon hat dies in seinem 1895 erschienen Buch „Psychologie der Massen“ sehr eindringlich beschrieben. Seine Behauptung „Nie haben die Massen nach Wahrheit gedürstet“ und „von den Tatsachen die ihnen missfallen, wenden sie sich ab und ziehen es vor, den Irrtum zu vergöttern, wenn er sie zu verführen vermag.  Wer die Massen zu täuschen versteht, wird leicht ihr Herr, wer sie aufzuklären sucht, stehts ihr Opfer.“

Ja, Monsieur Le Bon sie haben es schon damals erkannt, aber in den entscheidenden Momenten hört auch heute niemand auf sie.

Was ist Krieg? Eine archaische Auseinandersetzung, die für viele den Tod oder Verstümmelung bedeutet. Er ist wenig intelligent und nur für die zu gewinnen, die dabei ihren Reibach machen. Nach Clausewitz’scher Vorstellung ist es legitim, dass sich Massen duellieren, die im „normalen Alltagsleben“ nie die Hand gegeneinander erhoben hätten. Krieg ist jedoch nach meiner Auffassung die Fortsetzung von Wirtshausschlägereien auf einem anderen Niveau. Der Unterschied besteht in den Mitteln und der Intensität. Einen Krieg zu beginnen ist eine schreckliche Sache, auf ihn zu antworten, sich also zu verteidigen, eine andere. Zu gewinnen ist Krieg nie und ihn zu planen und den Plan dann minutiös einzuhalten, ist eine Vorstellung, die sich nicht erfüllt.

Für den „Kriegshandwerker“, den sogenannten kleinen Mann, seiner Anverwandtschaft und deren Lebensraum, ist Krieg immer ein Verlustgeschäft und das ist ja auch die Absicht des „Anzettelers“. Soldaten gewinnen oder verlieren. Sterben oder sind verstümmelt. Die Überlebenden bekommen Orden oder vielleicht auch einen Prozess wegen Kriegsverbrechen, wenn sie die Grenzen des Erlaubten überschritten haben. Stehen die am Leben gebliebenen letztendlich auf der Verliererseite, waren sie die Bösen und haben gemeinsam mit ihrem Volk die moralische Arschkarte gezogen.

Wenn sie dann in vielen Jahre nach dem Krieg endlich begriffen haben, dass Krieg eben kein anderes Mittel der Politik ist und man mit Waffengewalt keinen echten Frieden schaffen kann, geht das ganze Spiel wieder von vorne los.

Krieg und somit die gewollte oder ungewollte Auseinandersetzung zwischen Menschen und ganzen Völkern scheint ein Naturgesetz zu sein. Möglicherweise ein Versuch der Natur sich gegen die Überpopulation zur Wehr zu setzen. Auch die jeweilige Gottheit hat eher nichts dagegen. Segneten ihre Vertreter auf Erden doch schon seit jeher die Waffen, mit denen die eigenen Spezies umgebracht wurde. Aus dieser Sicht betrachtet ist Krieg dann wohl doch legitim, auch wenn es sarkastisch klingt.

Wie ist es denn nun mit dem Recht. Hat der Recht, der sich mit Waffengewalt gegen einen Aggressor verteidigt oder hätte er nach christlichen Regularien besser seine zweite Wange hinhalten sollen. In den Gotteshäusern der Protestanten und Katholiken, bei Lobpreisungen und Predigten gibt es daran keine Zweifel. Im realen Leben hingegen schon. Derzeit schlagen ja die Zivilisierten und Gottgläubigen mit aller Brutalität aufeinander.

Die vergangenen 50 Jahren mit ihren Bestrebungen Auseinandersetzungen verbal auszutragen, sind passé. Ostermarschierer, Kriegsdienstverweigerer und Atomkraftgegner haben sich zu Kriegsbefürwortern gemausert. Noch vor wenigen Jahren wurden Bundeswehrsoldaten als potentielle Mörder bezeichnet und bei Vereidigungen niedergebrüllt. Das waren dieselben Schreihälse, die heute nach noch mehr Waffen rufen und sich wieder einen totalen Krieg vorstellen können.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) warnt davor, politische Entscheidungen über Waffenlieferungen an die Ukraine von Gefühlen wie Angst und Mitleid abhängig zu machen. Angst vor einem Dritten Weltkrieg „habe ich nicht“, so Habeck in einem Interview mit der „Zeit“, schrieb die Welt in einem Artikel vom 4.5.2022.

US-Präsident Biden sieht die Gefahr einer atomaren Konfrontation mit katastrophalen Folgen nach Drohungen aus dem Kreml so groß wie seit 60 Jahren nicht mehr. Die Welt habe seit der Kuba-Krise 1962 nicht vor der Aussicht auf ein „Armageddon“ gestanden, hatte Biden bei einem Auftritt in New York gesagt.

Na denn auf zum „Heiligen Krieg“. Wir haben ihn ja nicht angefangen und sind deshalb auf der sicheren Seite. Verhandeln war gestern, heute geht es zur Sache. Wir werden den Aggressoren, den Russen, schon zeigen wo der Hammer hängt.  Foto: Gerdau 

Ein Gedanke zu „Gedanken zum Krieg

  • 12. Januar 2023 um 11:35 Uhr
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    Lieber Siggi,
    dem habe ich nichts hinzuzufügen!
    Liebe Grüße
    Ronald

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