Gedanken zum Tag der Deutschen Einheit

Von Siegfried Gerdau

Was daraus wird, wenn ganze Völker aufeinandergehetzt werden, hat die deutsche Teilung deutlich gemacht. Der schlimme II. Weltkrieg mit Millionen Toten und Verwundeten und der Zerstörung ganzer Städte, waren der Preis für Größenwahn und Alleinherrschaftsstreben Hitlers.

Am 3. Oktober 1990 „fand zusammen was zusammen gehört.“ Foto: Gerdau

Das Deutsche Volk ließ sich verblenden und Millionen hatten mitgemacht oder sich schweigend abgeduckt. Als sich die Besiegten ihre Wunden leckend versicherten nie mehr so etwas geschehen zu lassen, gab es viele Deutsche, die das glaubten.

Es war schon im Ansatz ein Irrglauben. Es entwickelten sich zwei waffenstarrende Blöcke, der Warschauer Pakt und die Nato. Deutschland stand zwar geteilt, aber wieder an vorderster Front. Die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik waren schon bald bereit, aufeinander loszugehen. Die Indoktrination auf beiden Seiten war erfolgreich und das nach einer solch verbrecherischen Vergangenheit, die noch wenige Jahre vorher unselige Realität war.

Während sich „Gut“ und „Böse“ feindlich gegenüberstanden, kamen nur wenige auf den Gedanken, dass es Deutschland war, das 1941 über Russland herfiel. Die Machthaber in der DDR betonten, dass dies wieder unmittelbar bevorstehe und ihre Gegenüber begründeten die Aufrüstung damit, dass man jederzeit mit einem Angriff aus „dem Reich des Bösen“ rechnen müsse.

Als sich die Sowjetrepublik totgerüstet hatte und zusammenbrach, war auch die Deutsche Teilung am 3. Oktober 1990 Geschichte. Eine neue Zeit begann und der Friede unter den Völkern schien nahe. Doch der hielt nicht allzu lange. „Sprüche, wie „wir sind von Freunden umgeben“, würde heute niemand mehr von sich geben.

Mit dem Russischen Machthaber und Kreml-Chef Wladimir Putin betrat ein Mann die politische Bühne, der Michail Sergejewitsch Gorbatschows Ideen von friedlicher Koexistenz nachdrücklich konterkarierte. Die alten Ressentiments zwischen Russland und den USA flammten wieder auf und als die ehemalige Rote Armee in die Ukraine einfiel, fanden sich auch die Politiker der westlichen Welt bestätigt.

Heute am 3. Oktober, 33 Jahre nach der Beendigung der Teilung Deutschlands steht die Welt wieder vor einem Abgrund, der schlimmer ist, als er sich während der Kuba-Krise 1962 darstellte. Was lange für unmöglich gehalten wurde, hat sich wiederholt und was daraus wird, weiß niemand. Nicht wenige Menschen unterstützen die Drohungen durch Einsatz von militärischen Mitteln und halten selbst eine atomare Auseinandersetzung für möglich.

Vergessen ist die Zeit von Not und Elend-die damals Betroffenen leben zum großen Teil schon lange nicht mehr. Selbst wir inzwischen Zahnlosen wollen Zähne zeigen. Fakt ist, wenn es zu einem Krieg der Machthaber USA und Russland kommt, wird Deutschland wieder einmal der Mittelpunkt des Geschehens sein.

Wenn heute die Feierlichkeiten anlässlich der Wiedervereinigung Deutschlands stattfinden, kann man als denkender Mensch nicht reinen Herzens den schönen Reden zuhören. Zuviel steht auf dem Spiel und verdrängen ist nicht besonders hilfreich. Leider weiß auch ich den Königsweg oder eine Lösung nicht zu finden. Dennoch: Ich bin glücklich, dass das Deutsche Volk wieder vereint ist und ich persönlich werde nicht kopflos den Ideologen im Lande folgen, die unsere einstigen Friedensbemühungen aufs Spiel setzen.

Einigkeit und Recht und Freiheit nicht nur fürs deutsche Vaterland muss der Leitsatz unseres Strebens sein. Die „Predigten“ zur Alternativlosigkeit von militärischer Gewalt sind menschenverachtend und wenig intelligent.

Die von mir sicher nicht priorisierte TAZ schreibt in ihrem aktuellen Artikel „Frag mal Clausewitz“ folgendes:

Mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet dies, dass es höchste Zeit ist für eine umfassende Debatte darüber, wie dieser Krieg beendet und wie die sicherheitspolitische Ordnung in Osteuropa sowie das Verhältnis zu Russland künftig gestaltet werden soll.

Eine gute Aussage, der ich mich vorbehaltlos anschließen kann.

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