Sein Herz schlägt für die Freiwillige Feuerwehr seit er denken kann. Maik Holler wünscht sich nichts sehnlicher, als mit den Kameradinnen und Kameraden in der Haigerer Ortsteil-Wehr zusammen sein zu können. Grundsätzlich rennt der Haiger-Rodenbacher damit offene Türen ein. Die Brandschützer suchen händeringend Nachwuchs, der immer spärlicher wird. Bei dem 20-Jährigen hingegen reagieren sie eher zurückhaltend bis ablehnend. Der Grund: Maik Holler ist von Geburt an körperlich behindert. Er leidet an unheilbarer Zerebralparese, einer körperlichen Behinderung die Bewegung und Körperhaltung beeinträchtigt. Bei ihm sind beide Beine und der rechte Arm gelähmt.
Nach Ablauf der allgemeinen Schulpflicht, nahm Maik Holler eine Stelle bei der Dillenburger Lebenshilfe im Werk Haiger-Flammersbach an. Die Arbeit sei für ihn keine Herausforderung und so war er glücklich, dass er in der Jugendfeuerwehr seiner Heimatgemeinde zumindest teilweise seinen Traum von Feuerwehr verwirklichen konnte. Er war dabei und erledigte zum Beispiel Aufgaben wie die Schulung seiner jungen Mitstreiter im Sprechfunk mit Bravour. Die anderen Kinder und Jugendlichen mochten ihn und dies nicht zuletzt durch seine lustige Art, sondern vor allem durch sein großes Fachwissen. Seine Eltern waren begeistert. „Unser Junge war förmlich aufgeblüht und hatte sich dem Leben gegenüber sehr positiv weiterentwickelt.“
„Meine körperlichen Einschränkungen waren nie ein Thema und mir hat es genügt die Dinge zu erledigen, die diese zulassen“, sagte Maik. Mutter Ulrike war immer zur Stelle, um ihren Jungen zu den Übungsstunden und anderen Veranstaltungen zu transportieren. Sie wartete im Auto bis zum Ende. Dabei wollte er die Mama verständlicherweise nicht haben.
Als die Zeit der Übernahme in die Einsatzabteilung kam, war es vorbei mit seiner kleinen, heilen Welt. Man eröffnete ihm, dass diese für ihn aus versicherungstechnischen Gründen ausgeschlossen sei. Als ihm dann auch noch aus den gleichen Gründen der Zutritt ins Rodenbacher Gerätehaus untersagt wurde, brach die Welt des vom Schicksal schwergeprüften Menschen völlig zusammen. Er wollte doch nur dabei sein und dies schon alleine aus rein praktischen Erwägungen, keines Falls bei Brand-oder Übungseinsätzen.
So wie man ihm sagte, seien die Rodenbacher Kameraden nicht dagegen gewesen, ihn auch weiterhin zu inkludieren. Das Nein kam vom Haigerer Stadtbrandinspektor Andreas Dilauro, der sinngemäß geäußert haben solle, „das kann man den Rodenbacher Kameraden nicht zumuten.“ Ulrike Holler ging ein Haus weiter und bat den Haigerer Bürgermeister Mario Schramm als obersten Brandschützer der Stadt um Hilfe. Nach dessen Zusage im Juni dieses Jahres, sich um die Sache zu kümmern, kam bisher noch nichts.
Maik Holler: „Ich kann ja verstehen, dass ich niemals ein vollwertiger Brandschützer sein werde, aber im Rahmen meiner Möglichkeiten kann ich viele Dinge erledigen, die meine Kameraden entlasten.“ Er könne auch verstehen, dass seine Behinderung bei dem einen oder anderen nicht ins Bild einer starken Wehreinheit passe, fügte er zerknirscht hinzu.
Jetzt sitzt Maik Holler Tag für Tag zu Hause in seinem Rollstuhl und fühlt sich noch weniger Wert als ohnehin. Vater Thomas und Mutter Ulrike verstehen die Welt nicht mehr. Da werde ständig über Inklusion geredet und wenn sie ihre Situation und die von Maik betrachten, sei es wohl nur Gerede. Das Ehepaar hat sich jedoch schlau gemacht und wurde bei einem Positionspapier zur „Einbindung von Menschen mit Behinderung in die Jugendfeuerwehr/Freiwillige Feuerwehr“ fündig.
In deren Präambel spricht sich die Deutsche Jugendfeuerweh gemeinsam mit dem Deutschen Feuerwehr Verband unter anderem folgendes aus: „Die deutschen Feuerwehren sehen sich in der Mitte der Gesellschaft. Wenn sie diese Gesellschaft widerspiegeln wollen, dann müssen sie sich allen gesellschaftlichen Schichten öffnen. Dazu zählen auch Menschen mit Behinderung. Daher spricht sich die Deutsche Jugendfeuerwehr für eine Aufnahme von Jugendlichen mit Behinderung in die Jugendfeuerwehr aus. Im Anschluss an die Jugendfeuerwehr-Mitgliedschaft sollte grundsätzlich ein ehrenamtliches Engagement in der Freiwilligen Feuerwehr möglich sein.“
Auch das Thema Versicherungsschutz, an dem die Aufnahme von Maik Holler gescheitert sein soll, wird hier behandelt. Unter Punkt 5. Erläuterung zum Versicherungsschutz heißt es: „
Die Unfallversicherung fußt auf den Regelungen des SGB VII und wird durch die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung gewährleistet. Nach der Aufnahme in die Jugendfeuerwehr bzw. Freiwillige Feuerwehr ist der Versicherschutz unter den Voraussetzungen des SGB VII gegeben. Gelingende Inklusion in der Feuerwehr verlangt eine zielgerichtete Prävention. Sie setzt eine individuelle Gefährdungsabschätzung und -beurteilung für das behinderte Mitglied voraus.
Sehr positive Aspekte für Holler, den leidenschaftlichen Anhänger der Freiwilligen Feuerwehr. Man kann nur hoffen, dass sich die Aversion bei den Verantwortlichen in Haiger nicht grundsätzlich gegen Behinderte in ihren Reihen richtet und sie ihre Entscheidung noch einmal überdenken.
Wenn sich die Haigerer Feuerwehrführung auch in Zukunft wider Erwartens gegen eine ehrenamtliche Aufnahme in ihren, respektive den Reihen der Rodenbacher Wehr stellt, ist Ulrike Holler gerne bereit ihren Sohn auch zu Feuerwehr-Kameradschaften in einer anderen Kommune zu fahren. sig/Foto: Gerdau
- Was ist Inklusion
- Dazu hat „Aktion Mensch“ eine verblüffend einfache Erklärung: „Inklusion bedeutet, dass jeder Mensch ganz natürlich dazu gehört. Oder anders: Inklusion ist, wenn alle mitmachen dürfen. Egal wie du aussiehst, welche Sprache du sprichst oder ob du eine Behinderung hast. Zum Beispiel: Kinder mit und ohne Behinderung lernen zusammen in der Schule. Wenn jeder Mensch überall dabei sein kann, am Arbeitsplatz, beim Wohnen oder in der Freizeit: Das ist Inklusion.“
Ich durfte Maik heute im Rahmen der Aktion „Schichtwechsel“ bei der Lebenshilfe in Flammersbach kennenlernen.
Ein sehr sympathischer und motivierter Mensch.
Das Verhalten des Haigerer Stadtbrandinspektor ist beschämend und ziemlich aus der Zeit gefallen.
Inklusion ist eine Bereicherung für beide Seiten und kann den Horizont erweitern……wenn man dann einen hat.
Es ist richtig und wichtig, das Menschen mit Behinderung aktiv am gesellschaftlichen Leben teilnehmen.
Die Aufnahme von Herr Holler würde ich über eine individuelle Gefährdungsbeurteilung analysieren. Hierbei können etwaige Widersprüche genau betrachtet und Lösungen erarbeitet werden.
Der mehr oder weniger willkürliche „Ausschluss“ des jungen Mannes würde das Ansehen der Feuerwehr nachhaltig schädigen.