Ist die Demokratie in Gefahr?

Verschiedene Beiträge über Nordkorea und sein Regime haben mich veranlasst darüber nachzudenken, warum Menschen so etwas mit sich machen lassen. Mir, der ich in der ersten funktionierenden Demokratie auf deutschem Boden aufgewachsen bin, stellen sich die Nackenhaare hoch, wenn ich mir vorstelle ein nordkoreanischer Bürger zu sein.

Wahrscheinlich muss man die Art und „Funktionsweise“ des Homo Sapiens näher beleuchten, um zu verstehen, wie sich Abhängigkeit und Hörigkeit entwickeln. Wie schrieb der französische Mediziner, Anthropologe, Psychologe, Soziologe und Erfinder Charles-Marie Gustave Le Bon in seinem 1895 erschienenen Werk „Psychologie der Massen“: „Menschen von verschiedenartigster Intelligenz haben äußerst ähnliche Triebe, Antipathien und Gefühle. In allem was Gegenstand der Gefühle ist: Religion, Moral, Sympathien und Antipathien und so weiter überragen die ausgezeichnetsten Menschen nur selten das Niveau der gewöhnlichen einzelnen. Zwischen einem großen Mathematiker und seinem Schuster kann verstandesgemäß ein Abgrund klaffen, aber hinsichtlich des Charakters ist der Unterschied oft nichtig oder sehr gering.“

Diese Erkenntnis erklärt unter anderem, warum auch sehr intelligente Menschen einem Potentaten wie zum Beispiel Hitler bedingungslos folgten. Dies gilt auch offensichtlich für Anhänger einer Ideologie und sei sie noch so hirnrissig. Entscheidend ist, dass sie von einflussreichen Personen ausreichend postuliert wird, so dass sich der Einzelne in ihr wiederfindet und untertauchen kann.

Der Personenkult, wie er dem amtierenden Diktator Kim Jong-un entgegen gebracht wird, verwundert die Menschen in der westlichen Welt und lässt sie verständnislos darauf reagieren. Dabei hat dieser geradezu bizarre Personenkult eine lange Tradition. Man braucht gar nicht weit in die Geschichte zurückzugehen um genügend Beispiele zu finden.

Der niederländische Historiker und Sinologe Frank Dikötter hat sich in seinem 2020 erschienen Werk „Diktator werden“ sehr praxisnah mit dem Phänomen der Herrschaftstechniken von Diktaturen befasst. Unter anderem schreibt Dikötter: „Du brauchst keine Voraussetzungen. Du kannst klein sein wie Mussolini, füllig wie Stalin oder dumm wie Brot sein; der Schuster Ceaușescu brachte es trotz gähnender kognitiver Leere zu dem Ehrentitel „Genie der Karpaten“.

Svenja Hofert von Team Works schreibt in einem interessanten Beitrag folgendes: „Die frühen „Grünen“ haben immer einen Personenkult vermeiden wollen – doch spätestens mit Joschka Fischer und jetzt Habeck ist das nun endgültig zu Ende. Anna-Maria Baerbock strahlt weniger. Vielleicht sind es auch nur die Medien, die Habeck mehr strahlen lassen? Gut denkbar. Personenkult entwickelt sich nicht verordnet, er entsteht aus menschlichen Bedürfnissen und dem Medien-Framing (weshalb Medien eine unglaubliche Macht haben).“

Der Weg zur Diktatur Einzelner oder eines Einzelnen kann sehr kurz sein. In der Regel ist er aber anhand einzelner Parameter recht gut zu beobachten. Dazu philosophiert die Zeitschrift „Wirtschaftswoche“ in einem Beitrag: „……es muss eine staatliche Organisation die Beseitigung des Elends übernehmen. Es muss zunächst umverteilt werden. Reiche werden enteignet, und staatliches Vermögen wird gebildet. Die ersten, die nicht glücklich sind, sind die derart Enteigneten. Sollten sie nicht nachgeben, müssen sie diszipliniert, ausgebürgert oder eingesperrt werden. Auch kann ihnen keine politische Plattform eingeräumt werden, ohne dass dem Sozialismus das Ende droht. Demokratie muss also ein wenig eingeschränkt werden. Fazit: Dies ist der erste Schritt in die Diktatur.

Eine Opposition sollte nicht der Auslöser für ein sozialpsychologische In- und Out-Gruppen-Phänomen sein. Dabei grenzen sich Gruppen voneinander ab, eben Gut gegen Böse, auch wenn man das gegen Parteinamen oder andere Haltungen austauscht. Wenn sich diese Vorgehensweisen manifestieren, nimmt jede Demokratie auf Dauer Schaden.

Die Bundeszentrale für politische Bildung bringt es auf den Punkt und schreibt:
„Neben der Koalition gibt es in einem Parlament auch eine Opposition. Das Wort Opposition bedeutet „entgegenstellen“. Die Opposition ist oft anderer Meinung als die Koalition.
Sie schaut deshalb oft besonders genau hin, ob die Regierung gut arbeitet. Sie hat die Aufgabe, die Arbeit der Regierung zu kontrollieren.
Die Opposition kann auch zeigen, dass sie andere, bessere Lösungen hat. Sie kann deshalb auch einen Gegenvorschlag für ein Gesetz machen. Eine starke Opposition ist für die Demokratie wichtig.
Die Opposition sagt ihre Meinung im Parlament. So hören die Regierung und die Bürger und Bürgerinnen auch andere Meinungen, als die von der Koalition und der Regierung. Der Wähler oder die Wählerin kann dann bei der nächsten Wahl entscheiden, welche Meinung er oder sie besser findet.

Wenn auch diese Grundsätze funktionieren, besteht nur wenig Gefahr, dass die Demokratie Schaden nimmt. Andersdenkende in der Oppositionen, aber auch außerhalb des Parlaments, muss eine Demokratie aushalten können und mit entsprechend besserer Regierungs-Arbeit Paroli bieten.

Wer den Bürger als Souverän der Politik ernst nimmt und seine Interessen ausreichend vertritt, braucht keine Angst um Machterhalt oder genügend Einflussnahme zu haben. Vor allen Dingen braucht sich niemand um den Erhalt der Demokratischen Grundordnung Sorgen zu machen. sig/Foto: Gerdau

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