Machterhalt vor Wählerwillen?

Von Siegfried Gerdau

Die Berliner SPD ist in Aufruhr. Zehn Prozentpunkte weniger als die CDU? Ein solches Wahlergebnis konnten sich selbst ausgewiesene Experten nicht vorstellen. Die SPD hat das schlechteste Wahlergebnis seit der Wiedervereinigung erreicht. Nun suchen die Berliner Genossen ein Bauernopfer und das könnte die Frau an der Spitze sein. Viele ihrer Parteifreunde äußern sich nicht gerade positiv über die „noch“ regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey.

Das Berliner Reichstagsgebäude lässt sich von dem Parteienhickhack nicht aus der Ruhe bringen und hält die Bundeflaggen hoch. Foto: Gerdau

Der stellvertretende SPD-Landesvorsitzende Kian Niroomand fordert einen Neuanfang. Auch das Landesvorstandsmitglied Kevin Hönicke glaubt, dass es jetzt kein Weiter-so geben darf. Wenn man genau hinhört, könnte mit alldem Giffey gemeint sein.

Ob die dazu bereit ist, eine Kröte zu schlucken und mit dem Wahlsieger CDU zusammengeht, kann schon bald ein Thema sein.  Obwohl verschiedene Kreise in der SPD ungeachtet des Wahlausgangs von einem Rot-Rot-Grün „weiter so“ fabulieren, haben über 28 Prozent der Wählerinnen und Wähler von dieser Konstellation die Berliner Schnauze voll.

Der frühere Förderer von Giffey Heinz Buschkowski brachte es auf den Punkt: „Regierungsbildungen müssen sich nach der politischen Gefühlslage in der Bevölkerung richten.“ Der ehemalige Bürgermeister von Neukölln (SPD) meinte im Gespräch mit t-online: „Wenn Rot-Grün-Rot einfach so weitermacht wie bisher, sei das nichts anderes als Wählerbetrug“. An der vollzogenen Abwahl von Giffey bestehe kein Zweifel, fügte er hinzu.

Jedoch: Erst einmal müssen schon wieder Ungereimtheiten bei der Auszählung bereinigt werden. In Friedrichshain-Kreuzberg hat es eine Panne gegeben. Dort wurden bei der Auszählung Stimmen vertauscht. Nach der Briefwahl-Panne in Lichtenberg, mit plötzlich aufgetauchten Briefwahlzetteln, muss nun ein ganzer Wahlkreis neu ausgezählt werden. Bei den Direktmandaten kam es zu einem Patt.

Von SPD und Grünen ist Unisono zu hören, wer regieren will, braucht Mehrheiten. Aber: Politik sollte mehr als nur das Addieren von Zahlen sein und die hundsmiserable Akzeptanzwerte der Berliner Landesregierung kann kein Politiker mit Charakter ignorieren.  

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert