Neubauen oder Sanieren?

Gibt es für Herborn einen Königsweg oder ist das Schmuckstück Altstadt schon bald Geschichte

Städteplanerisch betrachtet ist die Stadt an der Dill ein in weitem Umkreis einzigartiges historisches Kleinod. Interessanterweise sehen das in erster Linie die Besucher aus nah und fern. Viele Einheimische registrieren es zwar mit Genugtun, betrachten jedoch diese Bewunderung als selbstverständlich und in Stein gemeißelt. Dabei wird an vielen Stellen und nicht erst seit gestern, die Hand ans geschichtsträchtige Stadtbild mit seiner unvergleichlichen Bausubstanz gelegt. Hier ein kleiner Abriss, dort ein wenig Neugebautes und auch dem Grünzeug geht es oft ungeniert an die Wurzeln.

Wer den alten Stadtkern mit seinen mittelalterlichen Gebäuden erhält und mit geschickten Handwerkern nahezu unsichtbar modernisiert, bleibt im Gerede und wird aber meist wenig geschätzt. Im Schatten dieser nachhaltigen Altstadtsanierung entstehen gleichzeitig, fast über Nacht, neue Zweckbauten ohne Rücksicht auf Tradition und Stil. Die geschmacklosen Klötze sind mittlerweile nicht nur an der Herborner Peripherie zu „bewundern“, sondern haben sich mitten in der Stadt breit gemacht. Fakten sind oft schneller geschaffen als der Unmut der Menschen, die ohne davon zu profitieren, damit leben müssen. Klar ist Herborn braucht (noch) Wohnraum. Mit der immer weiter schrumpfenden Industrie wird dieser Bedarf aber in absehbarer Zeit gedeckt sein. Die Mieten für die teils luxuriösen Neubau-Wohnungen können viele Alleinverdiener oder junge Familien kaum noch zahlen. Ein Teufelskreis, der die Ansiedlung von Unternehmen nicht gerade begünstigt. Die Stadt braucht bezahlbare Wohnungen und keine Luxus-Appartements für gut betuchte Rentner und Pensionäre. Ob die heutigen Kommunalpolitiker noch einmal eine Bausünde wie auf dem Pertuisplatz favorisieren würden, darf bezweifelt werden. Die Stadt muss jungen Menschen die Integration in das innerstädtische Gefüge ermöglichen.

Das Haus Passauer (links) in der Herborner Hainstraße soll laut zuverlässigen Informationen nach rechts in die Breite wachsen und den Hainturm daneben mit verschlingen.

Informationstechnisch gesehen ist Herborn ein sehr gut funktionierendes analoges Netzwerk und braucht in dieser Hinsicht den Vergleich mit einem Dörfchen nicht zu scheuen. Jetzt wurde kolportiert, dass in der Hainstraße das Haus Passauer von einem ortsansässigen Investor an- und umgebaut werden soll. Dabei soll der Sockel des Hainturmes, ebenso wie das angrenzende Wiesenstück mit in den Ausbau einbezogen werden. Ob es nur ein Gerücht ist oder den Tatsachen entspricht, wird sich zeigen. Fakt ist, dass mit einem solchen Bau an dieser Stelle, brutal in das Altstadt-Ensemble/ Herborner Schloss eingegriffen würde. Die Kanalisation und Versorgungsleitungen wurden in diesem Bereich bereits auf den neusten Stand gebracht.

sig/Fotos: Gerdau

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