Achtung, der neue Bußgeldkatalog ist auf Eis gelegt. Es gilt wieder der Alte mit Rechtstand vom 01.12.2017 bis zum Widerruf.
Die seit dem 28. April 2020 in Kraft getretene Novelle der Straßenverkehrsordnung hält für die Verkehrsteilnehmer so manche Überraschung bereit. Hat sich der Sturm der Entrüstung bisher fast ausschließlich auf die härteren Sanktionen bei Geschwindigkeitsübertretungen inner- und außer Orts konzentriert, stiegen die Bußgelder für zahlreiche andere Verkehrsverstöße weitgehend unbeachtet gewaltig an. Die sogenannten „Kavaliersdelikte“ wie zum Beispiel das Parken auf Gehwegen oder das Befahren einer Straße, die nur für den Anliegerverkehr frei ist, reißen seit dem 28. April ein gewaltiges Loch in die private Kasse. Unter 50 Euro geht da kaum noch was.
Dennoch sieht man in den Städten und noch mehr auf dem Land mehr denn je Fahrzeuge, die sich mit zwei Rädern unerlaubt auf dem Bürgersteig befinden. Waren in der Vergangenheit dafür 20 Euro zu berappen sind jetzt 55 Euro fällig. Kommt da noch eine Behinderung oder Gefährdung anderer dazu, sind 70 beziehungsweise 80 Euro fällig.
Das besonders in Städten so beliebte in-der-zweiten-Reihe-Parken kostet ebenfalls 55 Euro und 1 Punkt. Das Halten auf einem unbeschilderten Radweg ist da mit 50 Euro vergleichsweise günstig. Unberechtigtes Parken auf einem Behindertenparkplatz kostet nun statt 35 55 Euro.
Übrigens: Deutschland gilt als Auto-Land und einer Studie zufolge, auch als Land der Falschparker.
Im Bundeseinheitlichen Tatbestandskatalog-Tatbestände mit insgesamt 576 Seiten ist zum Beispiel unter Nummer 112606 zu lesen: „Sie parkten im Bereich einer scharfen Kurve. Die Verkehrsfläche im Kurvenbereich war dadurch so stark eingeengt, dass eine Durchfahrt für Rettungsfahrzeuge im Einsatz nicht mehr gewährleistet war.“ Kostet 100 Euro. Wer länger als 3 Stunden auf einer schmalen Fahrbahn gegenüber einer Grundstücksein- bzw. -ausfahrt parkt wird mit 30 Euro Bußgeld bedroht.
Auch das nicht platzsparende Parken kann 10 Euro kosten. Wer dann noch ohne vorgeschriebene Parkscheibe länger als 3 Stunden parkt, ist zusätzlich mit 40 Euro dabei. Sogar das unachtsame Besteigen oder Verlassen des eigenen Boliden kann teuer werden. Wer dabei andere gefährdet, ist mit 40 Euro dabei.
Fußgänger sind im Straßenverkehr ausdrücklich zu schützen. Wer beim Abbiegen darauf keine besondere Rücksicht nimmt und diese dabei gefährdet, muss mit 140 Euro Bußgeld, einem Monat Fahrverbot und einem Punkt in Flensburg rechnen.
Was Anwohner von Hauptstraßen in Städten und Gemeinden freuen dürfte: Protzer und Poser bekommen in Zukunft gewaltig eins auf die Mütze. Nämlich: Wer unnötigen Lärm verursacht, seine Mitmenschen mit vermeidbaren Abgasen belästigt oder unnötig hin- und herfährt, der wird mit einer Geldbuße bis zu 100 Euro zur Ordnung gerufen.
Eine immer mehr zunehmende Unart, die für andere Verkehrsteilnehmer gefährlich sein kann. Das Abbiegen ohne dies mit Blinker rechtzeitig anzuzeigen kostet 30 Euro.
Auch den Fahrradfahrer hat die Aufzählung der Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten in ihrer 13. Auflage nicht vergessen. So heißt es unter anderem: „Sie führten ein Fahrrad unter Verstoß gegen eine Vorschrift über die Einrichtungen für Schallzeichen. Auf gut Deutsch wer keine Klingel hat ist mit 15 Euro zu belangen. Wenn‘s beim Licht mangelt kostet es gleich 20 Euro.
In Fußgängerzonen genießen Fußgänger wie es der Name schon sagt ganz besondere Privilegien. Wer diese nicht beachtet wird kräftig zur Kasse gebeten. So kostet es Fahrradfahrer, wenn sie unerlaubt mit dem Fahrrad eine Fußgängerzone befahren inklusive Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer 25 Euro. Das gilt auch für Elektro-Roller, sogenannte E-Scooter. Ausnahmen gelten nur dann, wenn das neue Zusatzschild „Elektrokleinstfahrzeuge frei“ beziehungsweise. „EKF-frei“ diese anzeigt.
Spannend wird es, wenn ein Autofahrer mit Alkohol im Blut erwischt wird. Da geht es los mit: „Sie führten das Kraftfahrzeug mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,5 Promille oder mehr.“ Das bedeutet 2 Punkte, 1 Monat Fahrverbot und 500 Euro an die Staatskasse. Obwohl die Einstufung „wieviel Gläser Bier oder Wein welchen Promillewert ergibt sehr individuell und von zahlreichen Faktoren abhängig ist, gibt es doch eine „Faustformel“, die Ein-Glas Regel für 0,5 Promille im Straßenverkehr (für Probeführerscheinbesitzer gilt die 0,1 Promille-Grenze): Jeder Gesunde und Normalgewichtige (über ca. 60 kg) könnte bei gefülltem Magen (zum Beispiel nach einem guten Mittagessen) 0,5 l Bier oder ¼ l Wein (rot oder weiß) oder 4 Gläschen Schnaps trinken und wäre mit ziemlicher Sicherheit unter 0,5 Promille. Verlassen sollte man sich jedoch nicht darauf. Weil: Bei einem Verkehrsunfall mit Personenschaden wären in diesem Fall strafrechtliche Konsequenzen nicht auszuschließen, denn bei 0,6 Promille besteht bereits das doppelte Unfallrisiko. Fazit: Grundsätzlich sollte man beim Autofahren absolut nichts Alkoholisches trinken. Begründung: Da jeder Mensch verschieden ist, kann nicht mit Sicherheit berechnet werden, wie viel Promille bei welcher Alkoholkonsummenge erreicht werden.
Jetzt noch ein paar Highlights, die sicher noch nicht in jedem Autofahrerhirn angekommen sind. Dazu gehört die Rettungsgasse. Eine an und für sich logische Maßnahme bei einem Stau. Wird sie nicht gebildet und hier spricht der Gesetzgeber jeden einzelnen an, kostet es mindestens 200 Euro, 2 Punkte in Flensburg und 1 Monat Fahrverbot. Ganz schön happig und absolut vermeidbar. Da helfen auch keine Ausreden wie: „Der vor mir ist ja auch nicht rübergefahren.“
Wem ist eigentlich klar, dass es 3 Punkte für Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, wenn die Fahrerlaubnis entzogen wird oder wenn eine Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis ausgesprochen wird – zum Beispiel bei Trunkenheit am Steuer, unterlassene Hilfeleistung oder erheblicher Gefährdung des Straßenverkehrs durch zu schnelles Fahren gibt. Wenn man bedenkt, dass bei 8 Punkten der Führerschein im Landratsamt verschwindet, ein ganz schönes Risiko.
Übrigens und damit will ich die lockere Aufzählung der mit Bußgeld und Geldstrafe bedrohten Verfehlungen im Straßenverkehr mit einer immer mehr zunehmenden Unart, der Fahrerflucht beenden. Das beginnt man glaubt es kaum tatsächlich mit einem Kratzer am fremden Fahrzeug.
Wer sich von einer Unfallstelle entfernt begeht Fahrerflucht und das wird nach dem Strafgesetz geahndet.
Eine Strafe droht „schon“ bei einem Kratzer am anderen Auto und wird schon als Fahrerflucht geahndet, wenn sich der Verursacher aus dem Staube macht. Dabei hängt die Höhe der Strafe für eine Fahrerflucht vor allem vom entstandenen Schaden ab.
- Bei Sachschaden geringer als 600 Euro kann das Verfahren kann gegen eine Geldauflage eingestellt werden.
- Beträgt der Sachschaden weniger als 1300Euro ist mit 2 Punkten im Fahreignungsregister, 3 Monaten Fahrverbot und einer einkommensabhängigen Geldstrafe zu rechnen.
- Übersteigt der Sachschaden 1300 Euro gibt es eine Geldstrafe, 3 Punkte im Fahreignungsregister, Entziehung der Fahrerlaubnis und eine Sperrfrist von 6 Monaten bevor die Erlaubnis neu beantragt werden darf.
Wer immer egal wie im Straßenverkehr danebenlangt, sollte nie vergessen, dass der „Verräter nie schläft“ und in Zeiten der digitalen Vernetzung ist ein Fehltritt (auch mit Bild) schnell an der „richtigen Stelle. Unter Service Hessen heißt es: „Wenn Sie als Opfer oder Zeuge über die Onlinewache eine Strafanzeige erstatten oder eine Mitteilung an Ihre Polizei senden möchten, können Sie dies im Internet tun unabhängig von Öffnungszeiten und egal, wo sie sich gerade aufhalten.“ Und ein internetfähiges Handy hat heute so gut wie jeder dabei. Text und Fotos: sige