Sind deutsche Leoparden die Heilsbringer für die Ukraine?

Kommentar

von Siegfried Gerdau

Um es vorweg zu sagen, sie sind es nicht. Die angedachte Menge von rund 150 Stück schon gar nicht. Mir ist schleierhaft wie sich „Politiker“, die keinerlei Ahnung von dieser Materie haben, sich plötzlich wie Militärexperten gebärden.

Ich möchte an einem Beispiel deutlich machen, dass die Zeit der 50 Tonnen-Stahlsärge bereits seit den letzten Kriegsjahren des II. Weltkrieges vorbei ist

Bei Kursk (Schlacht am Kursker Bogen) von Juli und August 1943 standen 4.938 sowjetische Panzer 2.465 deutschen Panzern gegenüber. Der Erfolg sollte vor allem durch den konzentrierten Einsatz von gepanzerten Truppen und neuen Waffensystemen erzwungen werden.

Der „Kursker Bogen“ in der Frontlinie hatte „nur“ eine ungefähre Seitenlänge von 200 Kilometern und eine Tiefe von bis zu 150 Kilometern. In nicht einmal 14 Tagen verlor die Rote Armee 177.847 Mann. Der Verlust an Soldaten betrug bei der Wehrmacht rund 50 000.

Um wieder aufs eigentliche  Thema zu kommen: Die Panzerverbände der Sowjets schrumpften in wenigen Tagen um rund 2 000 Panzerwagen und auf deutscher Seite wurden 350 Panzer zerstört.

Wenn auch die Zahlen an Personen und Fahrzeuge auf beiden Seiten in der Realität teilweise weit auseinander klaffen, kann man doch sagen, dass die Schlacht am Kursker Bogen eine reine Abnutzungsschlacht zwischen Panzerverbänden war. Unabhängig davon war die Schlacht auch die größte Luftschlacht in der Geschichte. Aber das soll hier nicht Gegenstand einer näheren Betrachtung sein.  

Für den Generalstabschefs des XXXXVIII. Panzerkorps Friedrich Wilhelm von Mellenthin waren die deutschen Panzerdivisionen „beinahe weißgeblutet“ und in der Kursker Schlacht sei „die Blüte des deutschen Heeres endgültig und entscheidend dahingewelkt“.

Panzer heute

Als die junge Bundeswehr 1955 gegründet wurde, musste man mit alten amerikanischen Tanks vom Typ M47 (später M48) vorliebnehmen. Mitte Januar 1956 erfolgte in Andernach die Übergabe der ersten amerikanischen M-47 an die Bundeswehr. Insgesamt wurden es 1100 M-47.

Die Riesenungetüme fuhren mit Normal-Benzin und verbrauchten 1 000 Liter Sprit, der in 20 Liter-Kanister nachgeführt werden musste, auf 100 Kilometern. Als ich 1984 das erste Mal mit diesen Kisten in der Funktion eines Panzerjägers in Berührung kam, habe ich mich geschämt.

Bereits schon jetzt erkannten Querdenker, dass die Zeit der großen Panzerschlachten nicht mehr satisfaktionsfähig war. Die kriegerischen Auseinandersetzungen rund um den Erdball entwickelten sich immer asymmetrischer. Hierbei macht es keinen Sinn größere Panzerkräfte auf den Gegner zu schicken, der seinerseits diese Art Angriffe nicht erwidern kann oder will.

Die Hauptaufgabe eines Panzers ob er nun Leopard, Abrams, Challenger, T 90 oder AMX Leclerc heißt, ist der Kampf gegen den gegnerischen Panzer. Seine mittlerweile viel gefährlichere Feinde sind jedoch die unterschiedlichsten Panzervernichtungswaffen, besonders in einem asymmetrischen Krieg wie der in der Ukraine. Kleine Kampfgruppen, 2 bis 3 Mann stark und ausgerüstet mit der 4 000 Meter weit reichenden MELLS, der MILAN, der „intelligenten“ Panzerabwehrrakete Javelin. Sogenannte „fire-and-forget“-Waffe sowie der Panzerfaust 3, können moderne Panzer vernichtend angreifen, ohne selber gesehen zu werden.

Natürlich ist es für einen Panzergeneral erhebend, wenn seine Panzer rollen. Panzer vom Typ Leopard wurden jedoch für den Abwehrkampf in der Norddeutschen Tiefebene konzipiert. Nur: bisher war noch kein Leopard dort „im Kampf“ oder in einem anderen Einsatz, um seine Fähigkeiten auszuspielen.

Mein Fazit: Unterstützt die Ukraine, wenn es denn noch mehr sein muss, mit den neuesten Panzerabwehrhandwaffen. Panzer sind nun einmal Angriffswaffen und senden ein deutliches politisches Signal. Ihre Unterhaltung sowie der Aufwand für Ausbildung sind abgesehen von den hohen Kosten sehr personalintensiv. Und eine Panzerabwehrrakete, am richtigen Punkt eingesetzt, und drei bis acht Millionen Euro für einen Leopard sind futsch. Die Beschaffungskosten für einen Flugkörper Javelin ist da mit 68 500 USD fast ein Schnäppchen. Dazu kommen die geringen Unterhaltskosten und die soldatensichere Bedienung.

Militärdoktrin der Russischen Föderation

Auszug27. Die Russische Föderation behält sich das Recht vor, als Antwort auf einen Einsatz von Atomwaffen oder anderen Massenvernichtungswaffen gegen sie und/oder ihre Verbündeten sowie bei einer Aggression gegen die Russische Föderation mit Einsatz konventioneller Waffen, wenn die Existenz des Staates an sich bedroht ist, Atomwaffen einzusetzen. Die Entscheidung über den Einsatz von Atomwaffen wird vom Präsidenten der Russischen Föderation getroffen.

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