Von Siegfried Gerdau
Wann ist eine Stadt schön? Diese Frage werden die meisten ihrer Bewohner und vor allem Besucher ziemlich eindeutig beantworten. Es ist das Gesamt-Ensemble von baulicher Infrastruktur, dem Angebot an gastronomischen Betrieben, attraktivem Wohnraum und ausreichenden Versorgungsmöglichkeiten. Kurz gesagt: Der Mensch fühlt sich dort wohl, wo er gut leben kann und letztlich macht das eine Stadt schön.
Eine schöne Stadt muss aber auch sauber sein. Das heißt sie muss frei von Unrat und Abfall jeglicher Art gehalten werden. Besonders Auswärtige, die sich umschauen und die schöne Stadt mit einem ganz anderen Blickwinkel entdecken, sehen oft diese Schattenseiten der Schönheit viel deutlicher als die eigenen Bewohner.
Wenn denen vermehrt auffällt, sich in einer unsauberen Umgebung zu bewegen, muss dringend über Abhilfe nachgedacht werden. Bereiche, wo sich Menschen treffen und Zeit miteinander verbringen, sind oft an unschönen Hinterlassenschaften zu erkennen. Mit diesen Gruppierungen muss wohl jede Kommune leben. Es ist in dem Zusammenhang wenig hilfreich über fehlende Intelligenz oder Gemeinschaftssinn zu klagen.
Kaum nachvollziehbar ist, wenn es gerade in schulischen Umfeldern von Abfall nur so wimmelt. Gerade junge Menschen legen oft berechtigt den Finger in die offene Wunden der Gesellschaft. In ihrer eigenen Umgebung kommt erstaunlicherweise sehr oft eine gewisse Betriebsblindheit gegenüber weggespuckten Kaugummis, Zigarettenkippen leere Getränkedosen und Kaffeebecher vor.
Gruppierungen wie die Herborner Dillkinderund manche anderen, haben das schon lange erkannt und beseitigen völlig uneigennützig den Unrat, den Dreckspatzen in der Umwelt verteilen. Den Dreck anderer beseitigen? So weit kommt es noch, mag sich manche Kommune denken und beschränkt sich darauf mit motorisierten Kehrmaschinen die Straßenmitten sauber zu halten. Die Ecken und Winkel voll mit Kaffeebechern, gebrauchten Schutzmasken, leere Flaschen und vielem mehr, werden umfahren oder gar nicht erst in Angriff genommen.
Stadttauben, die von manchen Menschen als Ratten der Lüfte bezeichnet werden, gehören ebenfalls zum Bild einer Stadt und mit ihnen müssen auch Taubenhasser leben. Die Hinterlassenschaften sind ebenso unschön wie Hundehäufchen und menschliche Exkremente in engen Gässchen. All das muss von Zeit zu Zeit entfernt und dies natürlich von allen bezahlt werden.
Offensichtlich reicht es nicht, wenn nur in bestimmten Zeitabständen motorisiert gesäubert wird. Besen, Schippen zu Fuß sind da oft effektiver. Das schont Umwelt und Klima.
Wie es funktioniert, kann man in vielen europäischen Groß-und Kleinstädten täglich beobachten. Spontan fällt mir Prag ein. Die Stadt ist blitzsauber und das kommt nicht von ungefähr. Ständig begegnet man kommunalen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die mit Kehrwerkzeug und Wägelchen den scheinbar unvermeidlichen Hinterlassenschaften menschlich und tierischem Seins auf der Spur sind.
Ob die nach Flächen, Müllmengen oder Stunden bezahlt werden ist dabei völlig gleichgültig. Sie werden für etwas entlohnt, dass mit ein wenig Nachdenken und einer ordentlichen Erziehung gar nicht erst nötig sein dürfte. Ihre Tätigkeit beinhaltet viel mehr soziale Verantwortung gegenüber ihrem Dienstherrn und somit der Allgemeinheit, als mancher Kommunalpolitiker sich vorstellen kann.
Eine Stadt, die auf sich hält, betreibt auch gepflegte öffentliche Toiletten, sorgt für genügend und oft geleerte Mülleimer. Hält Straßen und Plätze sauber und geht, falls nötig, mit Hilfe ihrer Ordnungskräfte gegen Schmutzfinken vor.
Eine Kommune, die den sanften Tourismus fördern will, sorgt dafür, dass ihre „Haupteingänge“ wie Bahnhof und Bushaltestellen sauber und auch in den Abend und Nachtstunden ohne mulmiges Gefühl passierbar bleiben.
Uniformierte an diesen Brennpunkten dauern zu installieren ist sehr hilfreich, dient der präventiven Abschreckung und verschafft den Bürgern ein gutes Gefühl. Wenn das alles passt ist eine Stadt sicher noch schöner und ihre Besucher werden das entsprechend zu würdigen wissen.
Die Broken-Windows-Theorie
Die US-amerikanischen Sozialforscher James Q.Wilson und George L. Kelling illustrierten diese Theorie mit der Aussage, dass eine zerbrochene Fensterscheibe schnell repariert werden müsse, damit weitere Zerstörung im Stadtteil und damit vermehrte Delinquenz verhindert werde. Sie argumentieren weiter: Wird in einem Stadtteil nichts gegen Verfall, Unordnung, Vandalismus, Grafitti und herumliegenden Müll getan, wird dies zum Indiz dafür, dass sich niemand um die Straße/ das Objekt kümmert.