Berufsvorbereitung Neumühle

Von Siegfried Gerdau

Ein wenig schamhaft versteckt liegt die Neumühle unterhalb der Straße nach Breitscheid-Erdbach. Dabei hat sie allen Grund Stolz auf ihre Existenz zu sein. Seit über 30 Jahren befindet sich in dem Gebäude eine Produktionsschule zur Berufsvorbereitung von Jugendlichen. Die Gesellschaft für Wirtschaftsförderung, Ausbildungs- und Beschäftigungsinitiativen mbH, kurz GWAB, verknüpft an diesem Lernort, theoretisches Lernen und praktisches Ausprobieren. Der Focus liegt jedoch klar auf der Praxis. Die Besonderheit: Die „Neumühle“ wird in Kooperation mit den Gewerblichen Schulen in Dillenburg umgesetzt.

Die Neumühle im Erdbachtal

Bis zu 19 weibliche und männliche Teilnehmer, die nach Beendigung der Vollzeitschulpflicht ohne Ausbildungsstelle sind, können sich bei entsprechendem Interesse an handwerklicher Arbeit, bei der Berufsorientierung durch hochqualifiziertes Lehr- und Ausbildungspersonal der GWAB unterstützen lassen.

Diese Unterstützung umfasst nicht nur die Orientierung in den Berufsfeldern Maler, Schreiner und Köche, sondern geht weit darüber hinaus, erklärt Bäckermeisterin Sonja Homberg. Die 50-Jährige betreut gemeinsam mit ihren Kollegen Jens Anschütz, Markus Best und Uli Herr die jungen Menschen und sieht sich als Wegbegleiterin von der Schule Richtung Arbeitsleben. Auch der Ausbau theoretischer Kenntnisse in Mathematik und Deutsch der GWAB-Teilnehmer steht in ihrem Aufgabenkatalog.

Sonja Homberg

Nicht wenige der Teilnehmer stammen aus prekären Verhältnissen. Wenn sie zur GWAB in die Neumühle kommen, erwartet man von ihnen regelmäßige Teilnahme, das pünktliche Einhalten von Terminen und Absprachen und einen sorgfältigen Umgang mit Material und den Werkzeugen. Auch setzen die Ausbilder und Pädagogen das Engagement an der Umsetzung ihrer persönlichen Zielen voraus.

„Natürlich können wir nicht alle früheren Defizite aufholen“, sagt Sonja Homberg. Man müsse die Teilnehmer dort abholen, wo sie jetzt geradestehen. An den Grundkompetenzen, wie Pünktlichkeit oder Zuverlässigkeit arbeite man sehr erfolgreich.

Die Gewerbliche Schule Dillenburg ist mit zwei Klassen a 16 Schülerinnen und Schülern in den Gesamtablauf der Produktionsstätte Neumühle integriert. Auch hier steht der produktionspädagogische Ansatz im Vordergrund. Stefan Schönhof, Isolde Kleinmichel, Dirk Pippeng, Michaela Heinrich-Lückhoff und Steffen Hardt sind dafür zuständig, die Theorie in die Praxis umzusetzen. Zeitweise gehört der Sozialpädagoge Alexander Hohmann ebenfalls zum Team.

Wenn man die Werkhallen betritt, hört man schon die Werkzeuge brummen. An einer Auftragsarbeit, einem Edelstahlgeländer werden die letzten Spuren des Zusammenschweißens abgeschliffen. Wir machen hier alles, sagt Stefan Schönhof, der studierte Diplomingenieur.

Stefan Schönhof

Damit meint er sowohl hochwertige Schreinerarbeiten, wie Metallbearbeitung sowie Maler- und Lackierarbeiten. In der Küche im 1. Stock werkelt derweil die Ökotrophologin Isolde Kleinmichel gemeinsam mit ein paar jungen Damen für das Frühstückbuffet. Bald darauf ist der Speiseraum mit dem liebevoll gedeckten Tisch gefüllt mit Schülern, Teilnehmern und Lehrpersonal. An den Tischmanieren kann sich so manch gutbürgerliche Haushalt eine Scheibe abschneiden. Es gibt keine Trennung zwischen Ausbildern, Lehrer und Schüler und Teilnehmer. Wir sind den ganzen Tag zusammen und gehen so auf unser Klientel ein, wie die auf uns, sagte Stefan Schönhof. Im laufenden Betrieb der Produktionsschule Neumühle wird nicht zwischen Teilnehmern und Schülern unterschieden. Alle haben ihre Aufgaben und die umfassen oft die gleiche Bandbreite. So gehört für die GWAB- Teilnehmer die Pflege der Außenanlage und der große Garten von Frühling bis in den Spätherbst dazu.

Der „familienähnliche Verband“ der gesamten Produktionsstätte strahlt eine stille Zufriedenheit sowie ein unübersehbares Wir-Gefühl aus. Ob bei der Arbeit an den Maschinen, der Hobelbank oder der Küchenarbeit, allenthalben sieht man emsig Tätige und selbst als Außenstehender hat man den starken Eindruck, dass alles sehr gut ist. 

 Der gesamte Umbau des ehemaligen Kuhstalls der Mühle wurde einst ausschließlich von Jugendlichen erledigt. Ebenfalls in die Infrastruktur im Inneren des Hauses waren die Schüler und Teilnehmer involviert. Das war vor über 30 Jahren. Mittlerweile hat der Zahn der Zeit und die geänderten Arbeitsplatzbestimmungen etwas an den Innereien der Anlagen genagt. So wünschten sich die Pädagogen ein paar leicht machbare Veränderungen, wie eine ausreichende Beleuchtung oder eine zeitgemäße Absauganlage.

Einer der Lehrer brachte es auf den Punkt. „Besonders für diese jungen Menschen müssen wir alles tun, damit sie ihren Weg in die Berufswelt finden.“ Jeder einzelne davon ist für unsere Gesellschaft und nicht nur für die Sozialsysteme ein wertvoller Gewinn, fügte er hinzu.

Am 10. Mai ist in der Produktionsschule Neumühle Erdbach, Herborner Straße 20 a Tag der offenen Tür. Dann kann sich wer möchte ein Bild von der Arbeit in der Berufsvorbereitung junger Menschen machen.

Weiter Informationen bei Sonja Homberg, Phone: 027771565 und Ulrich Herr, Phone: 02777 1408 sowie per Mail: produktionsschule@gwab.de. Fotos: Gerdau

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