Corona-App polarisiert

Seit gestern (16.Juni 2020) ist die von der Bundesregierung herausgegebene sogenannte Corona-App am Start. Laut offizieller Berichterstattung ist es die beste der Welt. Sie soll die Infektionskette schon frühzeitig unterbrechen oder erst gar nicht entstehen lassen. So weit so gut. Bei meiner gestrigen Umfrage unter der Bevölkerung, musste ich feststellen, dass die Informationen zu der stark beworbenen Applikation, wie diese Apps vollständig heißen, noch lange nicht in der Breite angekommen sind. Auch haben sich nur wenige Menschen bisher intensiv damit beschäftigt. Mir fiel jedoch auf, dass zahlreiche Befragte die App als maßgebliche Bastion gegen eine Ansteckung mit dem COVID-19-Erreger betrachten. Im Klartext: Wer sie installiert hat, ist geschützt. Viele andere, genauer gesagt, der größere Teil, hat Bedenken wegen des Datenschutzes und misstraut den gegenteiligen Beteuerungen offizieller Stellen in hohem Maße. Die Menschen sind verunsichert, weil im Verlauf der Krise zu viel Experten oftmals in kürzester Zeit ihre eigenen Aussagen über den Haufen geworfen oder sich gegenseitig zu diskretisieren versucht haben. Wer will den Menschen jetzt übel nehmen, wenn sie mehr und intensiver dass hinterfragen, was sie selber nur mit ihrem klaren Verstand beurteilen können. In meinen folgenden Thesen, versuche auch ich logisch zu denken und will auf keinen Fall irgend jemanden davon abhalten, die „Bundes-Wunderwaffe“ gegen die Corona-App auf seinem Smartphone zu installieren.

Vielleicht noch mal zum Verständnis. Wenn ich diese App auf meinem Phone installiert habe, kommuniziert sie mit dem Phone meines Nachbarn, den ich unterwegs getroffen habe. Wenn der an Corona erkrankt, aber nicht oder noch nicht bei einem Gesundheitsamt erfasst ist, was passiert dann? Nichts, denke ich. Die App kann ja nicht riechen, ob der andere den Drecksack, wie Landrat Wolfgang Schuster das Virus nennt, eingefangen hat. Das heißt für mich im Klartext: Nur die App eines aktenkundig Erkrankten kann dies meiner App mitteilen. Dieser Mensch wäre aber eigentlich in Quarantäne. Wenn meine App ihn also außerhalb seiner Quarantäne-Behausung erwischt, wird er bestraft und auch ich gehe in Quarantäne. Die Dunkelziffer-Corona-Träger, also Menschen die erkrankt, aber noch nicht vom Gesundheitsamt erfasst sind, weilen weiterhin unerkannt unter uns. Keine noch so gute Corona-App kann sie aufspüren. Wenn das also so ist, dient dann die Corona-App vielleicht einzig der Überwachung der amtlich erfassten Kranken, die ihre Quarantäne-Anordnung ignorieren? Kann es auch sein, dass ich da total falsch liege. Man wird es mir sicher erklären.

Fest steht schon jetzt. Viele App-Installierer werden sich im „Schutze“ ihres Smartphones in Sicherheit wähnen und alle anderen Schutzmaßnahmen schleifen lassen. Eine gefährliche vermeintliche Sicherheit, die weitere Ausbrüche geradezu vorprogrammiert. Trotzdem und noch einmal: Ich rate niemandem von der Installation ab, nur absolut vertrauen sollte man ihr nicht. Das kann ins Auge gehen.

Zum Thema Datenschutz möchte ich lediglich einen Artikel aus dem Herborner Tageblatt von gestern wiedergeben. Darin ist, so glaube ich, vieles gesagt.

Was jedoch nicht gesagt und auch kaum woanders zu lesen ist, ist die Tatsache, dass sich die Apps zwar austauschen, aber nur wenn auf einer von ihnen oder auch auf beiden, Daten bezüglich einer Erkrankung gespeichert sind. Ansonsten geht das bildlich gesprochen so aus. Hi, ich bin die App 007, wer bist du? Ebenfalls Hi, ich bin die 008. Willst du mir was sagen? Nö, ich weiß nix. Ich auch nicht und Tschüss.

Strafen bei Missachtung der Quarantäne-Anordnung gefunden auf der heutigen Internetseite vom 1. Deutschen Fernsehen.

Der Verstoß gegen eine Quarantäne-Verordnung ist nach Angaben von Verwaltungsrechtsexperte Jost Hüttenbrink strafbar. Wie er im Interview mit dem „Spiegel“ erklärt, drohen bei Verstößen sogar bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafen, die sich aus Tagessätzen ergeben. Das besagt Paragraph 75 des Infektionsschutzgesetzes. Würde ein Betroffener durch einen Verstoß jemanden anstecken, könne er sich zudem wegen fahrlässiger Körperverletzung strafbar machen, so Hüttenbrink weiter.

Text und Foto: Siegfried Gerdau

4 Gedanken zu „Corona-App polarisiert

  • 18. Juni 2020 um 10:31 Uhr
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    Hallo Herzchen, ja ich weiß auch nicht so recht Bescheid mit der App. Vor allem verstehe ich nicht, warum jemand ab 15 Minuten Kontakt ansteckend sein kann und bis 14,5 Minuten nicht. Norwegen hat diese Woche seine App „auslaufen“ lassen, offiziell nach außen wird kommuniziert, dass es aus Datenschutzgründen sei, Datenschutz wird aber in Norwegen bisschen anders buchstabiert als hier, vieles kann und muss man via Smartphone machen. In Norwegen selbst heißt es, die App habe nicht viel Nutzen gehabt.
    Grüße von
    Ellen

    Antwort
    • 18. Juni 2020 um 14:04 Uhr
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      Danke Dir liebe Ellen für deinen sachlichen Kommentar. Es werden wohl noch einige Ungereimtheiten zu beseitigen sein, bis diese App akzeptiert werden kann.

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  • 20. Juni 2020 um 9:37 Uhr
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    Hallo Siggi,

    schön, dass Dein Blog sich auch mit der App beschäftigt.
    Jedoch ist es so, dass die Apps sich zwar gegenseitig sehen, aber lediglich ab einer bestimmten Kontaktzeit wird Deine App den übermittelten „Code“ der anderen App lokal ! speichern. Punkt – Aus.
    Deine App wird dann regelmäßig am zentralen Server anfragen und die dort als infiziert gemeldeten Codes mit den lokal gespeicherten Codes abgleichen, immer noch alles lokal auf Deinem Gerät. Sollte Deine App nun einen Code eines anderen gespeichert haben, der auf dem Server als infiziert hinterlegt ist, wird Deine App wiederum lokal Dein Risiko berechnen und Dich ggf. warnen. Dies ist der Moment, in dem Du Dich mit Deinem Arzt und ggf. mit dem Gesundheitsamt in Verbindung setzt (und vorsichtshalber Deine Kontakte maximal einschränkst). Solltest Du nun positiv getestet werden müsstest Du dies in Deiner App melden, die daraufhin Deine Codes der letzten 14 Tage auf den öffentlichen Server hochlädt, sodass andere bei der regelmäßigen Abfrage Deinen Code erhalten würden.
    Dies alles läuft nur über diese Codes, also erfährt man auch nur, dass man irgendwann in den letzten 14 Tagen in Kontakt mit jemand war, der dies durch seine App an den zentralen Server gemeldet hat.

    Ich fände es gut, wenn Du Deinen Text so weit überarbeiten würdest, dass nicht noch mehr Ängste vor Tracking und Datenaustausch geschürt werden.
    Soll heißen, das hier ist einfach sachlich falsch: Das heißt für mich im Klartext: Nur die App eines aktenkundig Erkrankten kann dies meiner App mitteilen. Dieser Mensch wäre aber eigentlich in Quarantäne. Wenn meine App ihn also außerhalb seiner Quarantäne-Behausung erwischt, wird er bestraft und auch ich gehe in Quarantäne.

    Hier noch zwei gute Links zur App:
    https://www.mactechnews.de/news/article/Meinung-Ich-werde-die-Corona-Warn-App-installieren-meine-Gruende-175234.html
    https://www.br.de/nachrichten/netzwelt/corona-warn-app-kommt-dienstag-was-sie-wissen-muessen,S1gcwAT

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    • 20. Juni 2020 um 11:23 Uhr
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      Vielen Dank lieber Marco für deinen ausführlichen Kommentar. Ich werde ihn selbstverständlich in meinem Blog veröffentlichen und so kann sich jeder Leser über deine Ausführungen informieren. Mir liegt es fern irgend jemanden in seiner Entscheidung für oder gegen die App beeinflussen zu wollen. Das habe ich auch zweimal in meinem Artikel so gesagt. Da das Thema sehr komplex ist finde ich es gut, wenn auf diesem Wege, verschiedene Aussagen vielleicht besser beleuchtet werden. Also noch einmal Danke dafür und noch eine gute Zeit

      Liebe Grüße

      Siggi

      Antwort

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