Denken ist Glücksache

Eine Sendung im saarländischen Fernsehen, die ich mir gerade reingezogen habe, hat mich zu einem Nachdenkversuch animiert.

Es ging um die großen deutschen Entertainer wie Rudi Carrell, Hans-Joachim Kulenkampf, Wim Thoelke, Peter Frankenfeld. D.T. Heck und Co. Wo sind eigentlich die Nachfolger, frage ich mich. Warum gibt es keine Samstagabendshows vom Format „Wetten, dass..?“ mit Thomas Gottschalk mehr. Vielleicht bin ich zu alt geworden, um zu begreifen, dass der Zeitgeist sie überholt hat?

Wo sind die Sendungen geblieben, in denen Politiker humoristisch aufs Korn genommen wurden? Die Muppet-Show beispielsweise in denen Maizière und viele andere Polit-Größen auf deftige Art und Weise Federn lassen mussten. Dürfen die Fürsten der Demokratie nicht mehr von ihren Hofnarren auf die Schippe genommen werden?

Trocken und fad werden heute Themen sachlich und oft ohne Hintersinn abgehakt, die früher den Stoff für abendfüllende Sendungen lieferten.

Sind wir ein Volk von Duckmäusern und heimlichen Meckerern geworden, denen man keine Munition liefern darf, damit sie nicht aus dem Ruder laufen?

Immer schön brav sein, heißt die Devise im staatlichen aber auch privaten Fernsehen. Diese Entwicklung setzt sich auf den Kabarettbühnen der Republik fort. Unterhaltungskünstler aller Couleur müssen aufpassen, dass sie nicht die allgemeine Richtung-ich will hier den Begriff Mainstream nicht überbelasten- verlassen.  

Sauertöpfiger Humor macht sich immer mehr breit und das Publikum macht fleißig mit. Nur ja nicht an der falschen Stelle lachen, wenn Heinz Becker seine schrägen Kalauer verbreitet. Dieter Nuhr wird argwöhnisch beobachtet, ja nahezu seine Aussagen seziert, um festzustellen, ob er den Pfad des Sagbaren nicht verlassen hat. Wenn ja, dann schreien Blockwarte und Denunzianten lauthals auf.

Kabarett ist langweilig und ohne stilistisch ausgefeilten Pointen geworden. Die alten Größen vom Schlage Dieter Hildebrandt würden sich die Haare raufen, wenn sie diese Entwicklung noch erlebt hätten. An die Stelle der großen Unterhaltungssendungen sind Fußballübertragungen getreten. Wer da nicht mitmacht und sich an den immer wieder gleichen Szenen und Sprüchen der Fußball-Moderaten ergötzen kann, bleibt auf der Strecke.

Aber es gibt ja immer noch die Privaten mit ihren anspruchsvollen Soap-Serien und Hartz IV- Vorführkanälen. Keiner sieht sie und doch sind sie hinter vorgehaltener Hand in aller Munde. Die Intelligenz und die Gut-Bürgerlichen weichen auf Arte oder andere anspruchsvolle Kanäle aus. Die Öffentlich-Rechtlichen fordern mehr Gebühren für Sendungen, die oftmals das Niveau offizieller Verlautbarungen nur unwesentlich verlassen.

Wo sind die Unterhaltungssendungen mit Charakterköpfen vom Schlage Peter Frankenfeld geblieben. Sendungen, die vom täglichen Einerlei und den kleinen Sorgen abschalten ließen.

Wir wollen sie wiederhaben und daneben natürlich auch Produktionen, die informieren und bilden. Auf schulmeisterliche „Tatort“(e) und andere Belehrungssendungen hingegen verzichten.

Ihr politisch breit gefächerten und völlig unideologischen Intendanten denkt mal darüber nach. Vielleicht wird dann auch keiner im Fernsehvolk mehr über 86 Cent diskutieren.

Meine vom trockenen Wein und dem süßen Nichtstun benebelten Gedanke sind sicher wieder einmal in die falsche Richtung galoppiert. Kehren wir lieber alles unter den Teppich. Da ist Platz genug und niemand muss sich aufregen.

Wer einen großen Teppich hat, kann gut alles darunter kehren.

Dort mögen die aufrührerischen Gedanken ruhen, bis zum Sankt Nimmerleinstag oder bis zu einem meiner nächsten Denkversuche. Frohe Weihnachten.  sig/ Archiv-Foto: Gerdau

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