Im Herzen der Provence I

 

Eine der schönsten und liebreizenden Gegenden, die ich in meinem bisherigen Leben besucht habe, ist zweifelsohne die Provence. Ohne COVID- 19 wäre ich jetzt auch dort wieder unterwegs und würde die Seele baumeln lassen, gut Essen und Trinken und vor allem immer wieder fotografieren.

Das Schöne ist immer bizarr

Wenn ich von der Provence spreche, meine ich nicht den Küstenabschnitt Cote d´Azur am Mittelmeer. Die Heimat des „Homme de Provence“ ist ganz grob umrissen: Cavaillon im Westen, St-Saturnin-les-Apt im Norden, Manosque im Osten und Pertuis im Süden. Hier ist man Frankreich und den Franzosen am nächsten oder fühlt es zumindest so.

Wochenendhaus im Luberon in der Hautes Prairies. Im Hintergrund rechts der „le Tour du Luberon“

Auch der provenzalische Dialekt ist uns Deutschen vielleicht deshalb so sympathisch, weil er den hochfranzösischen Ohren immer ein wenig weh tut. Verstehen tun ihn Franzosen und auch Deutsche nie so ganz richtig, aber das haben Dialekte, wenn sie akkurat gesprochen werden, ja so an sich. Was ist denn nun der eigentliche Reiz einer Gegend, die weder Strände noch Ballermänner hat? Schwer zu beschreiben. Man muss die Provence erfahren und mit allen Sinnen erleben. Angefangen beim Klima, dem Licht, den Farben und natürlich der Lebensfreude und dem „savoir vivre“, dem Wissen zu leben.

Cucuron

Wir Deutschen leben, um zu arbeiten unsere Nachbarn hingegen arbeiten um zu leben, heißt ein Spruch, der viel Wahrheit enthält und dennoch eher ein Klischee ist.

Frühstück im Café Gabi in Loumarin

Die Provence ist keine Gegend die man in der Hochsaison bereist. Dann ist es voll, sehr heiß und auch der Service leidet darunter. Auch die Preise sind dem Ansturm angepasst. Am besten reist man im französischen Frühjahr oder im Herbst bis Ende September. Welcher Jahreszeit ich den Vorzug gebe habe ich in den langen 40 Reisejahren zu unseren französischen Nachbarn noch nicht herausgefunden. Einzig die Lavendelblüte im Ende Mai/Juni ist mir in all den Jahren fast immer durch die Lappen gegangen.

Die kultivierten Reichen und Schönen haben die Traumlandschaft schon lange für sich entdeckt. Sie sind da, wohnen in wunderschön restaurierten Häusern, aber Protz ist selten anzutreffen. Alles passt in die Landschaft und so leben Otto-Normalverbraucher und Millionär eher in einer guten Symbiose.

Centre Ville Loumarin (Café Gabi am Place Ormeau)

Franzosen gehen gerne essen und das bevorzugt an den Wochenenden. Also sind Plätze in guten Restaurants nur mit Reservierung zu haben. Diese sogenannten guten Restaurants sind nicht immer auf den ersten oder zweiten Blick von außen erkennbar. Da hilft schon eher die Speisekarte mit oft den sehr gepflegten Preisen weiter.

Déjeuner in Pertuis

Dass die Gallier sich nur von Schnecken ernähren stimmt übrigens so wenig, wie es die deutschen Sauerkrautesser gibt. Davon abgesehen sind Schnecken und besonders die Saucen dazu sehr lecker.

Ockerfelsen bei Roussilion

Ein weiteres Vorurteil, welches in der Regel von durchrasenden Spanienurlauber gepflegt wird, ist das Märchen vom unsauberen Land, baufälligen Häusern und verrosteten Autos. Alles Käse, und den essen die Franzosen liebend gerne. Er fehlt bei keinem Nachtisch. Bei mehr als 200 Käsesorten aller Geschmacksrichtung kein Wunder.

Bories bei Saignon

Was den Individualreisenden, ob mit PKW oder Wohnmobil, interessieren dürfte. Ich habe in den letzten Jahren nirgendwo so viele Radareinrichtungen gesehen. Erleben möchte ich sie nicht, denn die Bußgelder in Frankreich sind für unsere Verhältnisse dramatisch hoch. In geschlossenen Ortschaften Tempo 50. Auf Landstraßen 80 und auf den „Route Nationale“ ist 90 (bei vier Spuren 110) angesagt. Die meist mautpflichtigen Autobahnen begrenzen bei Tempo 130. Die große Mehrheit der französischen Autofahrer hält sich daran und die meisten sind sehr rücksichtsvolle und höfliche Zeitgenossen. In großen Städten mag das anders sein, aber hirnlose Raser findet man auf der Autoroute sicher selten. Handy am Ohr kostet in Frankreich 135 Euro. Bei Alkohol reagiert die Gendarmerie Nationale sehr empfindlich. Unter 0,5 Promille bis 0,8 kostet es 135 Euro Strafe, ab 0,8 drohen zwei Jahre Gefängnis und ein Bußgeld von 4 500 Euro. Ein Atem-Alkoholtester leistet da oft gute Dienste um das Risiko nach einem schönen Abend einschätzen zu können. Apropos: Ein Kfz-Schutzbrief wird beim Frankreich-Urlaub empfohlen.

Von Montfuron ein Blick auf die französischen Alpen

Fazit: Man sollte sich aber nicht von Dingen schrecken lassen, die man selber herbeiführt und demzufolge auch unterlassen kann. Frankreich ist ein tolles Urlaubsland und wer immer noch glaubt es gäbe Deutschen gegenüber Ressentiments hat sich möglicherweise selber in seinem schlechtesten Licht dargestellt und dabei als Deutscher geoutet.

Der provencale Reichtum an Duft und Farbe ist der im Juni/Juli blühende Lavendel

Vive la France und ich liebe es, aber ganz besonders die Provence. Text und Fotos: Siegfried Gerdau  

Demnächst: Im Herzen der Provence II

2 Gedanken zu „Im Herzen der Provence I

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