Kriegslied oder besser Kriegsleid

Angesichts der schrecklichen Bilder aus der ukrainischen Stadt Butscha, wo hunderte Zivilisten ums Leben gekommen sind, fiel mir das Matthias Claudius-Gedicht „Kriegslied“ ein.

Von Matthias Claudius

  • ’s ist Krieg! ’s ist Krieg! O Gottes Engel wehre,
  • Und rede Du darein!
  • ’s ist leider Krieg – und ich begehre,
  • Nicht schuld daran zu sein!
  • Was sollt ich machen, wenn im Schlaf mit Grämen
  • Und blutig, bleich und blaß,
  • Die Geister der Erschlagnen zu mir kämen,
  • Und vor mir weinten, was?
  • Wenn wackre Männer, die sich Ehre suchten,
  • Verstümmelt und halb tot
  • Im Staub sich vor mir wälzten und mir fluchten
  • In ihrer Todesnot?
  • Wenn tausend tausend Väter, Mütter, Bräute,
  • So glücklich vor dem Krieg,
  • Nun alle elend, alle arme Leute,
  • Wehklagten über mich?
  • Wenn Hunger, böse Seuch und ihre Nöten
  • Freund, Freund und Feind ins Grab
  • Versammelten, und mir zu Ehren krähten
  • Von einer Leich herab?
  • Was hülf mir Kron und Land und Gold und Ehre?
  • Die könnten mich nicht freun!
  • ’s ist leider Krieg – und ich begehre,
  • Nicht schuld daran zu sein!

In Ergänzung dazu passt das im I. Weltkrieg verbotene Gedicht

von Kurt Tucholsky

„’s ist Krieg!“

Die fetten Hände behaglich verschränkt

vorn über der bauchigen Weste,

steht einer am Lager und lächelt und denkt:

„’s ist Krieg! Das ist doch das beste!

Das Leder geräumt, und der Friede ist weit.

Jetzt mach in anderen Chosen –

Noch ist die blühende, goldene Zeit!

Noch sind die Tage der Rosen.“

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