Neue Bücher

„Cruz de Ferro“

Von Siegfried Gerdau

Es gibt viele Bücher über den Camino, den Pilgerweg ins spanische Santiago de Compostela. Das neben Rom und Jerusalem bedeutendste Pilgerziel des christlichen Mittelalters erlebt auch in der Neuzeit eine ungeahnte Renaissance. Jährlich treffen über 200.000 Pilger mit der Jakobsmuschel als Pilgerzeichen am Hut oder Rucksack, zu Fuß, auf dem Fahrrad, zu Pferd oder als Rollstuhlfahrer in Santiago ein. Der Herborner Markus Schlaudraff machte sich 2016 ebenfalls auf die Socken, um mindestens ein Teilstück dieses von der französischen Grenze bis zum Wallfahrtsort 850 Kilometer langen Wegs, in Angriff zu nehmen. Er hatte gute Gründe für sein nicht ganz einfaches Unterfangen. All diese thematisiert er in seinem 2020 bei BoD-Books on Demand, Norderstedt, erschienen Buch, „Cruz de Ferro“.

In sehr einprägsamem, authentischem Stil fasst der 56-Jährige die eindrucksvollsten Momente seiner Wanderung auf 100 Seiten zusammen. Seine eigenen Empfindungen, Gefühle und Erfahrungen sind das alleine Gültige. Niemals will er seine Leserinnen und Leser belehren oder zur Nachahmung überreden. Er regt an, zeigt auf und stellt seine eigene Leistung ganz hinten an. Viele Begegnungen mit Menschen aus der ganzen Welt sind es ihm Wert darüber ein wenig ins Detail zu gehen. Dies macht das Buch auf eine ganz eigene Art sehr menschlich und teilweise auch anrührend. Obwohl der Anlass zu seiner Pilgerreise alles andere als erstrebenswert war, verlor der große starke Mann seinen Humor nicht. „Ich habe nie gelernt meine Gefühle zu zeigen.“ Der Camino machte ihm deutlich, dass auch Männer das Recht zum Weinen haben. Sein eigentliches Ziel, das Cruz de Ferro mit seinem Hügel aus Millionen Steinen, die von Pilgern dort abgelegt wurden und immer noch werden, hat er erreicht. Auch er wurde dort seine aus Deutschland mitgebrachten Steine los und löste ein Versprechen ein. Das Cruz de Ferro am Monte Irago heißt auf Deutsch Eisenkreuz. Es markiert den mit 1500 Meter höchsten Punkt des Camino. Apropos Camino, so heißt Weg auf Spanisch und der Jakobsweg war für den Herborner seine bisher größte Herausforderung. Dem Lebensmittel-Kontrolleur wurde das Wandern nicht in die Wiege gelegt und so musste er sich jeden Meter des spanischen Pilgerwegs erarbeiten. „Immer wieder wurde ich von Pilgern überholt, die mir ein freundliches „Buen Camino“ zuriefen. Entweder war ich sehr langsam oder sie waren sehr flott. Ich erkannte schnell, ich war sehr langsam.“   

Markus Schlaudraff wird nicht zum letzten Mal auf dem Camino unterwegs gewesen sein.

Santiago de Compostela mit seiner Kathedrale und den Gebeinen des heiligen Jakobus war Beginn und Ende von Markus Schlaudraffs Pilgerreise. Dazwischen lagen viele Kilometer echter körperlicher Arbeit, Stunden der Selbstfindung und Erkenntnisse, die er ohne diese selbstgewählte Aufgabe nie gewonnen hätte.

Das Buch untertitelt mit „Steine der Hoffnung auf dem Jakobsweg“ ist kein Reiseführer und sollte es auch niemals werden. So gut wie ein bekanntes Werk eines noch bekannteren Zeitgenossen ist es allemal. Es macht sehr eindringlich deutlich, in welch großer seelischer Not ein Mensch jeden Strohhalm ergreifen lässt, um am Ende zu erfahren, dass die letzte Entscheidung jemand anders trifft. Es zeigt aber auch deutlich auf, wie wichtig es ist unbekannte Wege zu gehen, um den eigenen Horizont zu erweitern. „Ich kann gar nicht sagen, aus welchem Land die anderen kamen. Es gab da keinen Unterschied der Zugehörigkeit, weder religiös oder politisch, noch von der Abstammung her. Alle waren einfach nur Pilger mit dem gleichen Ziel. Vorurteile schmolzen dahin und wir waren alle einfach nur Weltbürger.“

Markus Schlaudraff, hier auf einem Teilstück des Jakobsweges, hat sein sehr lesenswertes Buch mit viel Empathie und Herzblut geschrieben.

Fazit: Dieses Buch fasziniert von der ersten Seite an. Aus zahlreichen, vergleichbaren Reise- oder Erlebnisberichten ragt es einsam heraus und wer je die Absicht hat einen Pilgerweg unter die Wanderschuhe zu nehmen, dem kann ich dieses Buch nur wärmstens empfehlen. Zum Preis von knapp unter 14 Euro ist es in der Herborner Schlossbuchhandlung und in jeder anderen Buchhandlung zu erwerben. ISBN: 9783752612547. Repro und Foto: Gerdau      

Ein Gedanke zu „Neue Bücher

  • 29. November 2021 um 12:07 Uhr
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    Ich werde mir das Buch kaufen. Es erinnert mich bestimmt an meinen Camino 2017. Es war auch für mich die größte Herausforderung und das größte Erlebnis in meinem Leben.

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