Ein gewaltiger Gebäudekomplex in einer nordrheinwestfälischen Stadt. Es ist alles aufs Feinste, Funktionalste hergerichtet und geplant. Der Bau beeindruckt, ob seiner modernen Struktur und Einzigartigkeit. Unzählige Menschen gehen Tag für Tag hinein und hinaus. Jeder hat nur ein Ziel vor Augen. Die streng bewachte Eingangstür mit einer sich langsam drehenden Menschenmühle. Wer achtet schon auf dem Weg dahin auf die alte, aber immer noch stabile Eisentür. Hinter Efeu fast verborgen verwehrt sie den Zutritt in ein Gebäudeteil, der scheinbar von der Welt und Architekten vergessen und verlassen ist.
Der pflanzliche Wildwuchs scheint sich für das morbide Anhängsel des supermodernen Baus fast zu schämen. Immer mehr und dichter schlingen alle möglichen Gewächsarten ihre Arme um den Schandfleck. Direkt gegenüber fahren täglich hunderte PKW in ein Parkhaus, dass von Kameras überwacht, den Pendlerautos Schutz und Unterschlupf gewährt. Auch von den Fahrern achtet niemand auf die einsame Tür, die einst den Gebäudeinsassen Schutz und Sicherheit gewährte. Warum ist sie eigentlich noch so fest verschlossen und wer mag der Schlüsselbewahrer sein. Rätsel über Rätsel, die niemand knacken will. Vielleicht befindet sich ja noch ein Schatz dahinter, der von seinen Besitzern lange vergessen wurde. Vielleicht sind die auch schon lange nicht mehr unter den Lebenden. Der Tür ist es egal. Sie hält dicht und wenn es noch hundert Jahre sein sollte. Ihre rostrote Farbe verbirgt den inneren Verfall des einst soliden Eisenblechs. Hier und da hat der Rost seine Spuren hinterlassen, aber scheinbar hat irgend ein mildtätiger Mensch den Anstrich erneuert und ein paar Stellen ausgebessert. Hat die Hülle denn kein Recht darauf mit Anstand alt zu werden? Offensichtlich nicht. Die Altersspuren passen wohl nicht in die moderne, junge Zeit. Seltsam, das Gebäude verfällt aber die Tür soll von den Zeichen des Verfalls ablenken? Welch eine schräge Philosophie. Außen Hui und innen Pfui. Kommt mir irgendwie bekannt vor….sig/Foto: Gerdau
Ich liebe auch Türen…geheimnisvoll und weckt die Neugier, dahinter zu schauen.
Eine Tür. Auch auf mich üben Türen einen ganz besonderen Reiz und ich habe vor etlichen Jahren schon eine ganze Reihe Herborner Türen fotografiert. Nicht nur, was eine Tür über sich selbst aussagt ist oft faszinierend, sondern auch die Frage: Was mag sich auf der anderen Seite verbergen? Ich habe in den vergangenen Jahren vor ganz vielen Türen gestanden und immer war ich gespannt, wer oder was mich dahinter erwartet.
Eine Tür ist für mich immer der Zugang zu einer Geschichte, die dann beginnt, wenn die Türe geöffnet wird. Bleibt sie zu, gehe ich leer aus, denn alle Geschichten beginnen erst richtig hinter der Tür. Auf der anderen Seite. Und darauf bin ich immer gespannt. Nein, Neugierde ist das nicht, es ist nur die Gelegenheit, ein weiteres Stück Leben kennenzulernen, das mich immer in neue Bahnen lenkt. Wie beim Schach. Jeder neue Zug verändert das Spiel. Das Lebensspiel, als Glasperlenspiel wie Hermann Hesse einmal schreibt.
Zum Öffnen einer Tür braucht man in der Regel einen Schlüssel. Ich habe das Klicken im Ohr wenn ich unsere Haustüre öffne, ein Drehen im Schloss und die Tür springt auf. Wenn ich unser Herborner Stadtwappen erkläre, dann weiße ich immer auf den Schlüssel hin, den der Petrus in seiner rechten Hand hält. Das ist ja symbolisch der Schlüssel zur Himmelstüre. Er ist schwer und ziemlich groß und man kann den Eindruck gewinnen, als sei das Himmelstor eine richtig schwere, Holz- oder Eisentüre.
Ich glaube, wenn wir einmal vor dieser Türe stehen, dann werden wir einfach nur überrascht sein, wie leicht und schnell sie aufgeht, denn dahinter wartet jemand auf uns, der uns kennt und liebt und seine eigene Geschichte mit uns hat…