Vokssport Wohnmobil

Als ich mein erstes Wohnmobil 1992 mein Eigen nennen durfte, war ich Happy. Es war ein gebrauchter Chausson mit 69 PS. Der westerwälder Händler hat sich bestimmt belacht. Immerhin tauschte ich meinen 8 Meter langen, zweiachsigen und kaum drei Jahre alten  Hobby-Wohnwagen gegen das Fahrzeug meiner Begierde ein.

Mein Sohn fand das alles sehr spannend und wir haben sehr schöne Reisen durch ganz Europa gemacht.  Reservieren war ein Fremdwort und damals höchstens auf wenigen Campingplätzen üblich. Stellplätze ausschließlich für Wohnmobile gab es ein paar, aber verteilt über ganz Europa.

Autark,  wie man es heute immer liest, war der Normalfall und wurde so gut wie überall geduldet. Wer ein Wohnmobil hatte, war entweder ein wenig durchgeknallt, hatte zuviel Geld oder war einfach nur ein Mensch mit einer ganz eigenen Urlaubsphilosophie. Pauschalreisen waren angesagt und wer es sich leisten konnte, enterte ein Kreuzfahrschiff.

Wie oft hörte ich:“ In so einer Hasenkiste Urlaub machen? Im Leben nicht.“ Ich machte und weil meinem heranwachsenden Sohn die 69 PS so langsam peinlich wurden, kam ein größerer, immer noch gebrauchter, aber immerhin Hymer in die Scheune. Im Alkoven ruhte mein Sohn, der Rest im Doppelbett und die fast doppelt so starke Maschine röhrte immer noch wie ein Schiffsdiesel.

Alle waren zufrieden, die Reisen führten uns nach Frankreich und in viele andere Länder. Noch immer grüßte man sich bei der Begegnung mit andern Wohnmobilisten und auch die Stellplätze wurden mehr. Die französischen Senioren hatten mittlerweile auch diese zwar teure, aber unkomplizierte und dennoch komfortable Form des Camperlebens entdeckt. Ihre mobilen Konstruktionen gefielen mir so gut, dass ich mit einem Challenger liebäugelte. Neu sollte er sein. Der wohnmobilistische Größenwahn hatte mich voll im Griff. Es wurde ein Verlustgeschäft, aber immerhin profitierten der Hymerkäufer, der Challenger-Verkäufer und der Staat.

Fast 7 Jahre lang war er Urlaubsdomizil, Zweitwohnung und Übernachtungsherberge während Verwandtenbesuche. Dann war wieder ein Messebesuch angesagt. Dem voraus ging ein Korsika-Urlaub, bei dem Petra und ich feststellten, dass unser französisches Wägelchen Probleme mit den engen, korsischen Gebirgsstraßen hatte.

Wir beschlossen zu reduzieren. 6 Meter lang sollte der Neue höchsten sein und in der Breite auch etwas abspecken. Knaus hatte genau das, was wir suchten. Mit einem Werksverkäufer wurden wir schnell handelseinig und wir stellten uns ein WoMo genau nach unseren Vorstellungen zusammen. Die lange Lieferzeit war uns egal, da wir in den Wintermonaten als Camper sowieso nie unterwegs sind. Bereits im Jahr darauf waren wir minimalistischer als je zuvor auf Achse. Mit einem möglicherweise Kastenwagen wollten wir garantiert nicht tauschen. Abgesehen von dem nervigen Ratsch- Bumm der Eingangstür, wohnt man in unserem teilintegrierten Mobil doch wesentlich komfortabler. Das glauben wir zumindest ganz fest.

Seit Corona hat sich auf dem Campingsektor alles geändert. Ohne Reservierung geht zumindest auf deutschen Plätzen nichts mehr. Aus Angst vor Ansteckung, steigen immer mehr Menschen in die einst mit Naserümpfen beobachteten rollenden Kisten. Der Preis: Die Plätze werden immer voller…und teurer, die Fahrzeuge natürlich auch. Der Markt ist leer gefegt und die Wohnmobilcaravanen gehen den Menschen in den klassischen Urlaubsregionen immer mehr auf den Wecker. Wer nicht mal eben 70, 80 oder 90 000 Euro locker hat, lässt sich bei den Händlern alte Möhrchen für teures Geld andrehen. Die hohen Spritpreise dämpfen die Lust aufs Fernreisen und wer autarke Camperfreuden im Sinn hat, wird schon bald eines Besseren belehrt. Man braucht Wasser, muss sein Abwasser an der richtigen Stelle loswerden und den Inhalt der bordeigenen Toilette möchte auch niemand gerne in seinem Vorgarten haben.

Wohnmobilurlaub kostet Geld und wer das sparen möchte oder muss, ist mit einer Ferienwohnung sicher gut beraten. Ja, wenn da nicht die schöne Philosophie von der unbegrenzten Freiheit wäre, hätte auch ich meinen Knaus schon verkauft. Ich warte noch ein wenig. Dann sehen wir weiter. Ob mir der Umstieg aufs E-Lastenrad mit Schlafkoje noch gelingen wird, glaube ich nicht. Aber über 30 Jahre Urlaub mit Wohnmobilen reichen vielleicht auch aus. sig/Fotos: Gerdau

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