Mit einem fantastischen Adventskonzert öffnete die Herborner Kantorei die Herzen der zahlreichen Gäste in der Herborner Evangelischen Stadtkirche. Unter der Leitung von Kantor Johann Lieberknecht und der instrumentalen Begleitung des Instrumentalensemble Wetzlar/Herborn, erklangen Werke von Georg Philipp Telemann, Henry Purcel und Georg Friedrich Händel.

Das I- Tüpfelchen des Konzerts war ganz sicher der Auftritt von vier Solistinnen und Solisten. Ihr Einsatz deckte die häufigsten Stimmlagen wie Alt (Marie-Luise Reinhard), Sopran (Annette Meisner), Tenor (Michel Brauer) und mit seinem raumfüllenden Bass (Katamba Kazaku) ab. Der Bassist und Kantor Kazaku ist der Nachfolger des Herborner Kantor Lieberknecht an dessen alter Wirkungsstätte in Biedenkopf.

Unterstützt von Marie-Luise Reinhard und Annette Meisner eröffnete der Kantorei-Chor mit einer Komposition „Machet die Tore weit“ von dem 1681 geborenen Magdeburger Georg Phillipp Telemann. Kirchenmusik für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres waren unter anderem die Passion des barocken Multitaskers. Die Kantate wurde am 28. November 1734, dem 1. Advent, in Leipzig aufführte. Sie entwickelte sich bald zu einem der meistaufgeführten Kirchenmusikwerke Telemanns.

Während Annette Meisner die Sopran-Arie „Jesus komm in meine Seele…“intonierte, übernahm Michel Brauer den Tenor-Rezitativ, also den Sprechgesang „Ich will zu Einzug gern die Bahn bereiten…“. Volltönend folgte Katamba Kazaku mit der Bass-Arie „Ich will beten…“. Mit dem Choral „Warum willst Du draußen stehen…“ endete die eindrucksvolle Kantate.
Eigentlich eher der Profiliga zugehörig, hatte die Lehrerin und Altistin Marie-Luise Reinhard ihren Einsatz bei dem Auszug aus dem Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach „Bereite dich Zion…“. Ihre unvergleichliche, tiefe Stimme kontrastierte mit dem Erscheinungsbild der jungen Frau und hatte somit einen hohen Aufmerksamkeit-Faktor.
Ein Vorweihnachtskonzert ohne Georg Friedrich Händel geht gar nicht. Das bekannteste Werk des bedeutendsten Musikers der Geschichte der 1685 in Halle an der Saale geboren und 1759 in London starb, ist sicherlich das Oratorium „Messiah“. Lieberknecht hatte sich am Sonntag aber für „O praise the Lord with one consent“ entschieden. Das Werk gehört zu Händels „Chandos Anthems“, einer Sammlung geistlicher Kompositionen.
Händel nutzte den Lobespsalm 135 für das Werk „O Praise…“, um Chor und Solisten gemeinsam einzusetzen. So erscholl schon bald die geballte Ladung von Chor und den vier Solisten im Kirchenrund. Mit der Alt-Arie „Gelobt sei der Herr mein Gott“ von Johann Sebastian Bach bewies Marie-Luise Reinhard erneut ihr großes Talent. Bach hat in seinen Kantaten, Oratorien und Passionen zahlreiche Arien für die Stimmlage Alt komponiert. Diese gehören zu den ausdrucksstärksten und emotional tiefsten Momenten seiner Vokalmusik.

Mit „Rejoice in the Lord alway“, von Henry Purcell, das oft auch „The Bell Anthem“ genannt wurde, endete ein Konzert wie man es nicht alle Tage hören kann. Die Kirchengäste goutierten die hohe Leistung aller Protagonisten wohl mit einem der längsten Beifalle in der Konzertgeschichte der Herborner Kantorei. sig/Fotos: Gerdau

Vom 1. Januar bis zum 31. März 2026 geht Kantor Johann Lieberknecht in Elternzeit und wird sich um seine drei Kinder intensiv kümmern. Die Vakanz läuft in der Phase des Kirchenumbaus im Innern und passt seiner Meinung nach ganz gut in diese Zeit. Seine Vorgängerin im Amt Regina Zimmermann-Emde werde einiges übernehmen, sagt Lieberknecht. Die Dillenburger Kantorin Petra Denker hat den Chor für diese Phase nach Dillenburg eingeladen, um für das Haydn Oratorium „Die Schöpfung“ im Mai des kommenden Jahres zu proben.