Protestfreiheit ist ein hohes Gut, endet aber dort, wo organisierte Gewalt beginnt.

Carsten Braun (Landrat Lahn-Dill-Kreis)

In den Tagen nach dem 29. November 2025 zeigt sich deutlich, wie politische und gesellschaftliche Akteure um die Deutungshoheit der Ereignisse in Gießen ringen. Dabei entsteht ein Narrativ, das der tatsächlichen Einsatzlage nicht gerecht wird.

Unerträglich ist der Versuch, ein Bild zu zeichnen, das die Ereignisse auf friedlichen Protest reduziert und zugleich die gezielte und organisierte Anreise hunderter bis weit über tausend gewaltbereiter Aktivisten aus dem linksextremistischen Spektrum verharmlost oder ausblendet. Diese Gruppen reisten nicht zufällig an, sondern mit klarer Konfrontationsabsicht und vorbereiteten Strukturen.

Diese Realitätsverzerrung trifft besonders die rund 6000 Polizeibeamtinnen und -beamten, die an diesem Tag massiven Angriffen ausgesetzt waren und dennoch die verfassungsrechtlich garantierten Versammlungsrechte aller Seiten schützen mussten.

Gefährlich ist der Versuch, im Nachhinein Verantwortlichkeiten umzudeuten: Täterverhalten wird relativiert, während die notwendige Reaktion der Polizei problematisiert wird. Das stellt die Ereignisse auf den Kopf und diskreditiert eine Institution, die unter hohem persönlichen Risiko für Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit einsteht.

Protestfreiheit ist ein hohes Gut, endet aber dort, wo organisierte Gewalt beginnt. Es darf nicht akzeptiert werden, dass extremistische Akteure, die bewusst Eskalation suchen, später als Teil eines angeblich friedlichen Protests umgedeutet werden. Polizeiliches Handeln zur Abwehr konkreter Gefahren darf nicht durch vorgeschobene Schuldzuweisungen verzerrt werden.

Wer die Realität verdreht, schwächt demokratische Institutionen, delegitimiert notwendige Gefahrenabwehr und sendet ein gefährliches Signal in die gesellschaftliche Debatte. Eine demokratische Gesellschaft kann sich weder die Verharmlosung von Gewalt noch die Umkehrung von Täter- und Opferrollen leisten.

Es braucht daher eine klare, ehrliche und faktenbasierte Einordnung der Ereignisse — nur so lässt sich das Vertrauen in die staatlichen Strukturen stärken, die unsere Freiheit schützen, und verhindern, dass extremistische Strategien von rechts oder links verfangen.

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