Susi fährt im Sausewind

Von Siegfried Gerdau

Wenn Susanne Schmidt mit ihrem roten Tandem-Fahrrad durch ihren Heimatort Tönning in Nordfriesland fährt, kommt es nicht selten vor, dass Menschen stehenbleiben und winken. Das sind in der Regel Touristen, meint die bald 60-Jährige. Die Einheimischen kennen sie und ihr Gefährt sehr gut und haben sich daran gewöhnt, das so gut wie immer jemand neben ihr sitzt.

Mit Ehemann Uwe macht Susi Sausewind schon mal einen kleinen Radausflug.

Sausewind steht in großen Lettern an der Front des „Zwischendings“ von Rikscha, Tandem-Fahrrad und E-Bike. Der Name ist sowohl Geschäftsidee, als auch Aushängeschild für das Ein-Frau-Unternehmen. Ich heiße Susi Sausewind stellt sich die Inhaberin vor.

Sausewind wurde sie einst in ihrem früheren Beruf genannt. Sie war als Hotelfachfrau in verschiedenen Positionen tätig und alles was sie anfasste erledigte Susi im Sausewind.

Susi Sausewind liebt ihren Job

Neben ihrem fördernden Beruf, pflegte sie viele Jahre ihren schwer dementen Lebensgefährten. In dieser Zeit reifte in ihr die Erkenntnis, dass Menschen wie er unbedingt Abwechslung in ihrem eintönigen Leben zwischen Schlaf und Essen brauchen. Sie ließ sich 2017 zur zertifizierten Alltagsbegleiterin für geistig und körperlich Behinderte ausbilden. Die Idee mit dem Therapiefahrrad entwickelte sich schon bald und als sie bei einem Händler ein Rad des niederländischen Herstellers „vanraam“ sah, stand ihr Entschluss fest. Sie kaufte das nicht ganz billige Hightech-Fahrzeug und hatte schon bald den Dreh raus, damit problemlos umzugehen. Uwe profitierte als erster „Kunde“ von der Anschaffung.

„Die zahlreichen Fahrten durch die heimatlichen Gefilde gaben ihm sehr viel Lebensfreude zurück“, erzählt Susi. Das Feine an dem Therpiefahrzeug: Der Beifahrer sitzt neben der Fahrerin und kann, wenn er möchte und sich kräftig genug fühlt, mit in seine eigenen Pedalen treten. Der starke Akku hat sie bisher noch nicht im Stich gelassen. Wenn dies einmal der Fall wäre, könnte sie unter Einsatz ihrer Muskelkraft locker weiterfahren. Die Idee alte und behinderte Menschen auf diese Art zu erfreuen, begeisterte spontan den Leiter des örtlichen Seniorenheimes. Mittlerweile ist Susi Sausewind mehrmals in der Woche mit geistig oder körperlich eingeschränkten Personen unterwegs. Die würden sich unendlich wohl neben ihr fühlen und dies auch immer wieder zum Ausdruck bringen. „Ich freue mich jedesmal wenn ich mich mit meinen Passagieren während der Fahrt unterhalten kann und ihnen Dinge zeige, die sie nicht kennen“.

Als Uwes Demenz so stark fortgeschritten war, dass er nur noch vor sich hindämmerte, lernte sie ihren heutigen Ehemann kennen, der ebenfalls Uwe heißt. Sie verliebten sich ineinander und er wollte sie unbedingt schon bald heiraten. Doch eine Ehe mit dem heute fast 80-jährigen leidenschaftlichen Golfspieler verknüpfte sie mit einer knallharten Bedingung. Uwe, ihr dementer Partner musste mit und sie wollte ihn auch weiterhin pflegen. Der „neue Uwe“ willigte ohne Zögern ein und die Hochzeit fand statt. Viele Menschen im Umfeld des Paares zweifelten, ob diese Konstellation eine Zukunft haben könnte. Diese hatte und hat immer noch Bestand. „Uwe 2“ half ihr bei ihrer aufopferungsvollen Pflege, so gut wie er konnte.

Seidem wuchs ihr kleines Unternehmen zusehends. Nach dem Tod des Dementen hat sie Zeit sich mit aller Kraft in die Arbeit zu knien. Ihr aus Kiel stammender Ehemann ist immer ihr erster Ansprechpartner und Ratgeber.

Schon seit geraumer Zeit buchen immer mehr ältere Menschen ihre Fahrdienste. Sie sind begeistert noch einmal per Fahrrad durch die Lande zu ziehen und dies, wenn sie wollen, völlig ohne jegliche Kraftanstrengung.

Riskante Fahrmanöver oder zu schnelles Fahren sind für Susi Sausewind kein Thema. Ihr ist die Verantwortung für ihre Passagiere mehr als bewusst und dem trägt sie uneingeschränkt Rechnung.

Kontakt: Susanne Schmidt, Phone: 04861 618823. Mobil: 0171 707 6757. Mail: fusch-spo@t-online.de. Fotos: Gerdau

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