Der Mangel an Schutzbunkern auch in Herborn

Eine sicherheitspolitische Leerstelle im Zivilschutz

Deutschland verfügt derzeit über lediglich 579 öffentliche Schutzräume. Diese stammen überwiegend aus der Zeit des Kalten Krieges und sind laut Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe nicht einsatzbereit. Damit fehlt es dem Land an einer flächendeckenden Infrastruktur zum Schutz der Zivilbevölkerung im Falle eines militärischen Angriffs, einer nuklearen Bedrohung oder anderer großflächiger Katastrophen.

Ob derartige „Felsenkeller “ wie die in der Burger Landstraße in Herborn, der Bevölkerung Schutz vor einem kriegerischen Inferno böten, ist wohl kaum anzunehmen.

In Herborn, insbesondere im Ortsteil Herbornseelbach, gibt es die ehemalige Aartal-Kaserne, die einst mit einem großen Schutzbunker unterbaut war. Sie gehörte zum nahegelegenen Sondermunitionslagers Bellersdorf, das Bestandteil der NATO-Nuklearstrategie war.

Die Bunkeranlage unter der Kaserne: Diente als Schutzraum und Kommandoeinrichtung für deutsche und US-amerikanische Truppen. Die genaue Größe und Ausstattung sind nicht öffentlich detailliert, aber sie war für den Ernstfall ausgelegt. Das Sonderwaffenlager Bellersdorf: Nur wenige Kilometer entfernt, tief im Wald gelegen, war es ein hochgesichertes Depot für atomare Munition.

Die Aartal-Kaserne wurde 1993 geschlossen und das Gelände wird heute als Gewerbe- und Wohngebiet genutzt. Ob man die ehemaligen Bunker, die im Übrigen in jeder bundesdeutschen neuen Kasernenanlage installiert wurden, noch einmal aktivieren kann, bleibt fraglich.

Nach dem Ende des Kalten Krieges wurde die Bedrohungslage neu bewertet. Im Jahr 2007 beschloss die Bundesregierung, das Schutzraumprogramm einzustellen. Die vorhandenen Bunker wurden entweder verkauft, umgenutzt oder dem Verfall überlassen. Die sicherheitspolitische Strategie konzentrierte sich fortan auf internationale Einsätze und asymmetrische Bedrohungen, während der Schutz der Bevölkerung im Inland zunehmend in den Hintergrund rückte.

Derzeitige sicherheitspolitische Lage

Die geopolitischen Entwicklungen seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine haben die Diskussion um den Zivilschutz neu entfacht. Deutschland gilt als logistische Drehscheibe innerhalb der NATO und könnte im Falle einer Eskalation selbst zum Ziel werden. Die Bundesregierung prüft derzeit die Einführung eines neuen „nationalen Schutzraumplans“, konkrete Maßnahmen oder Zeitpläne liegen jedoch bislang nicht vor.

Internationaler Vergleich

Ein Blick nach Finnland zeigt, wie umfassender Zivilschutz aussehen kann. Dort existieren über 50.000 Schutzräume mit einer Kapazität für rund 90 % der Bevölkerung. In Deutschland hingegen stehen lediglich rund 480.000 Schutzplätze zur Verfügung – das entspricht weniger als einem Prozent der Bevölkerung.

LandBevölkerungSchutzräumeSchutzplätzeAnteil geschützt
Deutschland84 Mio.579480.000ca. 0,5 %
Finnland5,5 Mio.50.5005 Mio.ca. 90 %

Finnland integriert Schutzräume systematisch in öffentliche Infrastruktur wie Tiefgaragen, U-Bahnstationen und Schulen. Die Anlagen sind regelmäßig gewartet und einsatzbereit.

Notwendige Maßnahmen

Um die Schutzfähigkeit der Bevölkerung zu erhöhen, wären folgende Schritte erforderlich:

  • Sanierung und Reaktivierung bestehender Schutzräume
  • Neubau moderner Schutzanlagen in urbanen Zentren
  • Integration von Schutzräumen in Neubauten und öffentliche Einrichtungen
  • Entwicklung und Kommunikation von Notfallplänen
  • Sensibilisierung und Aufklärung der Bevölkerung

Fazit

Der Mangel an Schutzbunkern stellt eine sicherheitspolitische Leerstelle dar, die angesichts aktueller Bedrohungen nicht länger ignoriert werden kann. Während militärische Fähigkeiten ausgebaut werden, bleibt der Schutz der Zivilbevölkerung bislang unzureichend berücksichtigt. Eine strategische Neuausrichtung des Zivilschutzes ist dringend geboten, um Deutschland krisenfest und widerstandsfähig zu machen.

Gibt es sichere Länder?

Einige Länder gelten als besonders sicher im Falle eines globalen Konflikts:

Bhutan & Chile: Friedliche Außenpolitik und stabile Ressourcenlage

Schweiz: Neutralität und zahlreiche Schutzbunker

Island & Neuseeland: Geografisch isoliert, keine militärische Bedeutung

sig/Foto: Gerdau


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