Nein, meine Söhne geb ich nicht

Von Friedensbewegungen geliebt, vom Establishment misstrauisch beäugt, stellte Reinhard Mey 1986 seinen Antikriegssong vor, der nicht nur Mütter, sondern auch Väter, Omas und Opas ansprach. In einer der Zeit von Glasnost und Perestroika, der Tschernobyl-Katastrophe, dem Lybien-Konflikt und dem Iran-Iran-Krieg, dachten die Vereinten Nationen verstärkt über Umwelt-und Friedensfragen nach. Der Atomwaffenabbau gewann an Gewicht. Auch Michail Gorbatschow, der damalige sowjetische Generalsekretär und US-Präsident Ronald Reagan sprachen über die Reduzierung von Atomwaffen. Als 1989 der Ostblock und mit ihm die damalige DDR zusammenbrachen, war das Ende des „Kalten Krieges“ zwischen den Militärblöcken eingetreten. Gorbatschow, der im eigenen Land wenig Freunde hatte, erhielt 1990 den Friedensnobelpreis.

Die Zeichen der Zeit standen auf Frieden und es ging schon bald der Slogan um „Deutschland ist von Freunden umgeben“. Dennoch oder gerade deshalb zur Warnung textete Mey den Song, der schon bald zu einem Klassiker der deutschsprachigen Friedenslieder wurde. Viele Jahre später sang er es noch auf Friedensveranstaltungen etwa gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr. Eine von ihm neu arrangierte Version entstand 2016 im Zusammenhang mit den Kriegen wie zum Beispiel in Syrien.

Reinhard Mey, selber Vater dreier Söhne, beschreibt in dem unter die Haut gehenden Text das Heranwachse der Kinder und wie sie in Geborgenheit aufwuchsen. Er brachte damit zum Ausdruck, dass sie nicht dem Staat gehören und vor allem keiner Ideologie. Er habe sie nicht mit Liebe großgezogen, damit sie eines Tages für Macht und Politik ihr Leben lassen müssen.

Der Konflikt zwischen den Forderungen des Staates und der elterlichen Liebe wird deutlich, wenn er als Vater Nein sagt zu der Idee, dass Patriotismus oder Pflicht über dem Leben seiner Kinder stehe.

Er „wird seine Söhne nicht in Kriege schicken, die andere angezettelt haben“ und glaubt zu erkennen, dass es in Kriegen meist nicht um Freiheit oder Gerechtigkeit gehe, sondern um Machtinteressen.

Sein, „Nein, meine Söhne geb ich nicht“ klingt durch den gesamten Text wie ein Schwur. Die zentrale Botschaft seines Werkes: Liebe, Gewissen und Verantwortung stehen über Pflicht und Gehorsam sowie Machtinteressen.

Nur von Freunden ist unsere Republik schon lange mehr nicht mehr umgeben. Die Kriegsgefahr wächst und damit die Sorge vor dem worst case, also dem schlimmsten Fall.

Der besonders von der links/grünen Szene (Schwerter zu Pflugscharen) auf schärfste verurteile Militarismus ist wieder salonfähig und Krieg wird von dem selben Klientel als politisches Mittel in Erwägung gezogen.

Warum der Südwestfunk das stehts gut platzierte Antikriegslied „Nein, meine Söhne geb ich nicht“ aus der aktuellen SWR-1-Hitparade gestrichen hat, sei keine Zensur, so der Sender. Es gäbe Manipulationsverdacht durch Fan-Anrufe, ist die etwas halbherzige Begründung. Im vergangenen Jahr stand es auf Platz 13 unter weit mehr als 1000 nominierten Liedern. Ein weiterer Grund sei die aktuelle weltpolitische Lage und die Kritik am Text im Kontext des Krieges in der Ukraine. sig

Ein Gedanke zu „Nein, meine Söhne geb ich nicht

  • 22. Oktober 2025 um 18:23 Uhr
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    Vom SDR zum SWR ein weiter Schritt: kritische Beiträge nahmen ab….Regierungskritische Beiträge mit humanistischem Inhalt, also gegen Militarismus und Aufrüstung, werden immer seltener: dadurch wird Hass und Aggression in unserer Gesellschaft normal.
    Die Entscheidung des SWR ist sehr bedauerlich!

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