Die Perspektive wechseln – Besuch beim LSV Hörbach

Unter dieser Überschrift stand mein Besuch beim renommierten Luftsportverein Hörbach (LSV), an einem der letzten sonnigen und somit flugtauglichen Sonntage im September. Wetterbedingt und aufgrund vereinsinterner Termine, hatte ich das Treffen in Absprache mit dem Kassierer des Vereins, Herrn Jens Mattis, einige Male verschieben müssen. Schließlich wollte ich, neben einem Gespräch mit den verantwortlichen Vorsitzenden, auch die Gelegenheit nutzen, die Perspektive zu wechseln und mir unsere schöne Heimat einmal von oben betrachten. Umso größer war die Freude, als die Bedingungen für einen Start besser nicht sein konnten und an diesem Tag auch alle Verantwortlichen, trotz regem Flugbetrieb und zusätzlicher Flugstunden mit Flugschülern, Zeit für mich fanden.

Bei einer Tasse Kaffee und frischem Kuchen direkt an der Start- und Landebahn, standen mir der 1. Vorsitzende Christian Reh und sein Vereinskollege und 2. Vorsitzender Felix Laucht Rede und Antwort zu meinen vielseitigen Fragen rund um die Fliegerei im Allgemeinen und das Vereinsleben beim LSV im Besonderen.

So erfuhr ich, dass derzeit der Verein ca. 200 Mitglieder hat. Darunter sind ca. 110 Mitglieder dem Förderverein, 90 dem LSV Hörbach zuzurechnen. Hiervon sind derzeit 30 aktive Flieger und 10 Flugschüler, nicht nur im „hörbacher Luftraum“, sondern auch überregional bei Streckenflügen und Wettkämpfen aktiv.

Man könne durchaus Strecken von 800 km und mehr mit einem Segelflugzeug zurücklegen und sei dann bis zu 10 Stunden und länger in der Luft erklärte mir der 1. Vorsitzende aus eigener Erfahrung.

Doch das Vereinsleben bedeute weit mehr, als nur die reine Fliegerei. Die Gemeinschaft und der Teamgedanke werden beim LSV großgeschrieben. Gemeinsames Grillen nach einem ausgiebigen Flugtag oder regelmäßige Treffen im Clubheim gehören ebenso dazu, wie die Arbeitseinsätze rund um den Flugbetrieb.

Nun war es auch für mich soweit, gemeinsam mit dem erfahrenen Piloten Jens Mattis, für einen Rundflug ins Cockpit zu steigen. Das lautlose Gleiten über unserer wunderschönen Heimat vermittelte mir schon nach wenigen Sekunden ein Gefühl von Freiheit, welches noch lange an diesem Tag nachwirkte.

Mein besonderer Respekt galt jedoch einem jungen Flugschüler, der an diesem Tag gerade 14 Jahre alt wurde. Er bekam aufgrund seines Ausbildungsstandes und der Tatsache nun auch das notwendige Alter erreicht zu haben, die Möglichkeit für seinen ersten Alleinflug ohne Fluglehrer. Das sog. „Freifliegen“, wie es in der Fliegersprache genannt wird, meisterte der Nachwuchspilot mit je drei Starts und Landungen perfekt und machte sich somit gleichzeitig wohl sein schönstes Geburtstagsgeschenk.

Nicht selten legt der Segelflugsport bei den jungen Nachwuchspiloten den Grundstein für eine spätere Karriere im Cockpit eines Verkehrsflugzeuges.

Als Fazit halte ich fest: Es ist etwas besonderes einen solchen Verein in unserem Stadtteil Hörbach zu haben. Hier wird hervorragende und absolut verantwortungsvolle Vereinsarbeit geleistet. Vorbeikommen und mitfliegen! Vielleicht fliegt auch Ihren nächsten Ferienflieger ein ehemaliger Segelflieger des LSV Hörbach. Many happy landings!

Text: Michael Scheld. Foto: LSV Hörbach/Luftbilder:Michael Scheld

Warum erst jetzt, Herr Özdemir?

„Sehr geehrter Herr Özdemir, was berechtigt mich, Ihnen solche Zeilen zu schreiben? Mein Name ist Michael Kyrath. Ich bin der Vater der am 25. Januar 2023 in Brokstedt ermordeten 17-jährigen Ann-Marie“. Ein offener Brief zu Cem Özdemirs Wende in der Migrationspolitik.

In einem Gastbeitrag für die FAZ plädierte Cem Özdemir für eine Wende in der Migrationspolitik. Er begründete seine Forderung u.a. damit, dass seine Tochter „sexueller Belästigung durch junge Männer mit Migrationshintergrund“ ausgesetzt wäre. „Gegen solche Übergriffe hat sie sich, wie viele Frauen, das sprichwörtliche dicke Fell zugelegt…, doch ich spüre, wie sie das umtreibt.“

Michael Kyrath, dessen 17-jährige Tochter (Foto oben) von einem mehrfach vorbestraften Messerstecher ermordet wurde, hat einen Offenen Brief an Cem Özdemir geschrieben. Er möchte wissen, warum der grüne Politiker sich nicht schon früher des Themas „Frauen als Opfer migrantischer Gewalt“ angenommen hat. Hier sein Brief:

Sehr geehrter Herr Özdemir,

jeder Mensch ist das Produkt seines Umfelds. Die Erfahrungen der Jahre lehren uns, unsere Sichtweisen durch Ereignisse zu hinterfragen.

Es sieht aus, als hätten Sie, Herr Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, diese Erfahrung soeben gemacht. In einem Gastbeitrag für die FAZ fordern Sie plötzlich eine energische Wende in der Migrationspolitik. Offenbar ist an dem Satz „Mit dem Alter kommt die Weisheit!“ doch etwas dran.

Vor Kurzem wären solche Forderungen in Ihren Augen noch rechtsradikal und damit indiskutabel gewesen. Doch kaum trifft es Sie selbst, nachdem Ihre Tochter belästigt wurde, dreht sich Ihre Meinung um volle 180 Grad. Willkommen in der realen Welt der normalen Bürger, Herr Minister!

Was berechtigt mich, Ihnen solche Zeilen zu schreiben?

Mein Name ist Michael Kyrath. Ich bin der Vater der am 25. Januar 2023 in Brokstedt ermordeten 17-jährigen Ann-Marie. Neben meiner Tochter verstarb an diesem Tag auch ihr erst 19-jähriger Freund Danny, nachdem ein abgewiesener, mehrfach vorbestrafter, „staatenloser“ Palästinenser in einem Nahverkehrszug 38-mal auf die beiden eingestochen hatte.

Im Gegensatz zu Ihrer Tochter, lieber Herr Özdemir, kommt unsere Tochter nicht mehr nach Hause! Es hat sich auch keiner Ihrer Parteifreunde in unserem Fall derart exponiert, wie Sie es jetzt für Ihre Tochter tun.

Im Gegenteil! Man hat uns wissen lassen, wir sollten darauf achten, dass der Mord an unserer Tochter nicht von Rechtsradikalen missbraucht wird! Von einem Ihrer Koalitionspartner bekamen wir die Nachricht, es tue ihm leid, dass „diese Leute“ ums Leben gekommen sind.

Diese „Leute“ waren unsere Kinder, Ann-Marie und Danny! Teenager von 17 und 19 Jahren, die auf dem Weg von der Schule nach Hause waren. Zwei junge Menschen, die ihr ganzes Leben noch vor sich hatten.

Können Sie es sich vorstellen, was so eine Tat mit den Hinterbliebenen macht? Mit uns als Eltern? Mit den Großeltern, Mitschülern, Lehrern, Freunden, Nachbarn?

Wir werden niemals den Schulabschluss unserer Kinder mitfeiern! Wir werden ihnen niemals zu einer bestandenen Berufsausbildung oder Studium gratulieren! Wir werden nicht an ihren Hochzeiten teilnehmen, und wir werden auch niemals eigene Enkelkinder willkommen heißen. Wir werden unsere Kinder nie wieder in den Arm nehmen dürfen und ihnen sagen, dass wir sie lieben!

Bei mir haben sich über 300 Elternpaare gemeldet, die in den letzten fünf Jahren ihre Kinder verloren haben.

Was uns alle eint, sind fünf Eckpunkte:

1. Immer das gleiche Täterprofil

2. Immer das gleiche Tatwerkzeug

3. Immer die gleichen Tatmotive

4. Immer der nahezu gleiche Tathergang und

5. immer die gleichen Floskeln der verantwortlichen Politiker nach einer solchen Tat!

Wir durften uns nach den Morden an unseren Kindern anhören, dass es „bedauerliche Einzelfälle“ wären und man ja nie hundertprozentige Sicherheit garantieren könne. Und dass man nicht verallgemeinern und damit den Rechtsradikalen in die Hände spielen darf. Und dass man versuchen werde, mit aller Härte gegen solche Täter vorzugehen. Mehr ist in den letzten Jahren nicht passiert.

Es hatten „nur“ rund 300 Eltern den Mut, sich an mich zu wenden und mir von diesem dunklen Kapitel ihres Lebens zu berichten. Wie hoch ist die Dunkelziffer derer, die den Mut nicht hatten?

Wir alle waren nur „Einzelfälle“, unbedeutend, unbequem, unangenehm. 

Über 300 ermordete Kinder und kein Aufschrei der verantwortlichen Politiker, auch nicht von Ihnen, Herr Özdemir! Und jetzt melden Sie sich zu Wort. Jetzt betrifft es Sie plötzlich persönlich, weil es um ihre Tochter geht. Wäre Ihnen diese Erkenntnis früher gekommen und hätten sie etwas unternommen, könnten viele unserer Kinder noch leben.

Mögen Sie eine solche Erfahrung niemals machen müssen!

Mit freundlichen Grüßen

Michael Kyrath, Elmshorn

(Der offene Brief wurde bei der „Achse des Guten“ online gestellt und von mehreren Printmedien kommentiert.)

Fiat Raritäten-Treffen in Herborn

46 schöne alte Fiat-Fahrzeuge waren gemeldet und fast alle kamen zum Herbsttreffen des Fiat Raritäten-Club e.V. nach Herborn. Teilweise hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer beachtliche Fahrtstrecken mit ihren sehenswerten PKW zurückgelegt. Die wenigen „Offen-Fahrer“ nahmen dabei die schon etwas kühleren Außentemperaturen klaglos in Kauf.

Nicht alle Fahrzeuge und Teilnehmer sind auf dem Foto zu sehen.

Am späten Freitag-Nachmittag waren schließlich alle am Kallenbachparkplatz eingetroffen, hatten ihr Roadbook in Empfang genommen und marschierten in die Altstadt. Eine der beliebten Stadtführungen stand auf dem Programm und anschließend ging es zum gemeinsamen Essen in den Löwen.

Amfrühen Samstagmorgen sammelten sich die Fiat-Freunde auf dem Gutshof-Gelände zu einer anspruchsvollen Rundfahrt durch die Ausläufer des Westerwaldes. Organisator Udo Bernhardt aus Herborn-Seelbach hatte keine Mühen gescheut und die schönsten Strecken ausgesucht. Besonders die Niederländer waren bereits jetzt schon von der heimischen Mittelgebirgslandschaft begeistert.

Das gemeinsame Ziel, den Dillenburger Wilhelmsturm, werden die Teilnehmer intensiv unter die Lupe nehmen und am frühen Abend findet ein Clubabend im Edinger Birkenhof statt. Die manches Mal wegen ihrer Wehwechen liebevoll belächelten italienischen Autos (Fiat soll übersetzt heißen: Futtel In Allen Teilen) hielten bisher allesamt problemlos durch. Eine Dame aus Bingen meinte verschmitzt lächelnd: „Wenn bei einer Ausfahrt mit dem Fiat nichts rappelt, ist was faul“. Ihre „Staatskarosse“, ein Fiat 130 Coupé mit sechs Zylindern aus den 1970er Jahren, sah jedoch nicht so aus, als wenn an ihr etwas klappern würde.

Helmut Lehmann aus Driedorf glänzte im wahrsten Sinne des Wortes mit seinem Topolino aus dem Jahr 1953. Das knuffelige Fahrzeug muss mit seinen 16,5 PS auch heute noch ihre Eigner bis nach Ungarn und anderswohin transportieren. 80 km/h reichen doch völlig aus, um im Verkehr mitzuschwimmen, meinte der Kfz-Meister.

Augenfällig war auch ein Fiat 1100 Spezial mit 54 PS, den sein Besitzer 2015 in Schweden kaufte. Der Lack, Blech und Innenausstattung sei noch im Originalzustand, lediglich ausgebessert, aber nicht restauriert. Das alles konnte man den innenklebenden Info-Blättern entnehmen, mit denen sich der Besitzer viele Erklärungen spart.

Nicht nur eine Augenweide. Beim Klang dieses Original-Ferrari-Motors in einem Fiat Coupé wurde einem warm ums Herz

Am Sonntagmorgen können die alten Schätzchen gegen 9.15 Uhr noch einmal auf dem Herborner Marktplatz besichtigt werden. Danach geht es zum Deutschen Automuseum nach Ewersbach. Dort werden die Auto-Enthusiasten garantiert ins Schwärmen kommen. sig/Fotos: Gerdau

Original griechische Waren einkaufen und landestypisches Essen genießen

Wer die griechische Küche vielleicht im Urlaub kennengelernt hat, kann auch bei dem griechischen Koch und Feinkosthändler Vasileios Chatzimanolis im Herborner Estia auf dem Kornmarkt 12 diese unvergleichlich kulinarischen Genüsse erleben, ohne den weiten Flug in die Hellenische Republik antreten zu müssen.

Täglich kreiert der 22-Jährige neue Gerichte aus seiner Heimat und die überzeugen jedes Mal mit erlesenem Geschmack und einer sprichwörtlichen Authentizität. Vasileios hat sein Handwerk in einem bekannten heimischen Hotel-Restaurant gelernt und beherrscht daher auch die Feinheiten der deutschen Küche.

Feste Zeiten sind für ihn nicht unbedingt maßgeblich. Wer wann zum Essen kommt ist herzlich willkommen und kann dazu auch einen guten Wein verkosten.

Heute gab es mit Papoutsakia, einen Klassiker der griechischen Küche. Ins Deutsche übersetzt heißt das „der kleine Schuh“, vermutlich weil die aufgeschnittene Aubergine dessen Form nahekommt. Die gebackenen Auberginen waren mit Hackfleisch gefüllt und kam frisch gebacken aus dem Ofen. Als Beilagen servierte der Koch gefüllte Köstlichkeiten und leckeren Schafskäse.

Zum krönenden Abschluss wurden köstlich schmeckende Leckereien aufgetischt. Ein griechisches Bier und einen Raki zur Verdauung, rundeten diesen geschmacklichen Event ab.

Mehr Information mobil: 0176 831 561 35 und per mail: tchatzimanoli@gmail.com. sig/Fotos: Gerdau

Willkommen im Dekanat an der Dill

Bereits zum zweiten Mal hat das Evangelische Dekanat an der Dill alle neuen Auszubildenden aus den 22 Evangelischen Kindertagesstätten der Gemeindeübergreifenden Trägerschaft (GüT) zu einem Kennenlernen in das Haus der Kirche und Diakonie in Herborn eingeladen.

In den Evangelischen Kindertagesstätten des Evangelischen Dekanats an der Dill haben zum 1. August 2023 insgesamt 33 Auszubildende ihre Ausbildung begonnen. Jochen Schüler, der Geschäftsführer der GüT, begrüßte die Auszubildenden mit ihren Praxisanleitungen in der Begegnungsstätte im Haus der Kirche und Diakonie. Dass man als Evangelisches Dekanat als Träger nicht nur Arbeitgeber ist, sondern vor allem auch einen diakonischen Auftrag hat, erläuterte er in seiner Präsentation.

Im Anschluss daran gab es beim Kennenlern-Bingo die Gelegenheit für einen lebhaften Austausch, bevor es für die Auszubildenden und Praxisanleitungen zu einer Austauschrunde in vier Kleingruppen ging. Eine gute Gelegenheit für alle, sich bei Kaffee und Kuchen noch etwas besser kennenzulernen. Den Abschluss bildete die Geschichte von Amanda Gorman, die sich für soziale Gerechtigkeit, Gendergleichheit und gegen Rassismus und Unterdrückung einsetzt. Als Kind hatte sie mit schweren Hindernissen zu kämpfen, die sie durch eine starke Mutter und Großmutter bewältigen konnte, die immer an sie glaubten. „Kinder brauchen Menschen, die an sie glauben, sich für sie stark machen. Kinder brauchen Erwachsene, die sich für deren Rechte einsetzen,“ so Nicole Eckhardt zum Abschluss. „Werden Sie zu diesen Menschen für die Kinder, Jesus war da ein gutes Vorbild für uns.“

Die neuen Auszubildenden aus den 22 Evangelischen Kindertagesstätten

In den 22 Evangelischen Kindertagesstätten des Evangelischen Dekanats an der Dill haben zum 1. August 2023 insgesamt 33 Auszubildende ihre Ausbildung begonnen. So beginnt die einjährige Praktikumszeit für Sozialassistenten und Berufspraktikanten sowie das Praktikum für die Fachoberschule Sozialwesen. Zeitgleich startet auch die dreijährige Praktikumszeit für die Praxisintegrierte vergütete Ausbildung (PiVa). „Insgesamt haben wir aktuell 49 Auszubildende – also mit den PiVas aus dem 2. und 3. Ausbildungsjahr“, erklärt Nicole Eckhardt, die bereits erste Bewerbungen für das kommende Jahr annimmt.

FOTO: BECKER-VON WOLFF

Buchbesprechung „Der lange Weg zum Krieg“

Schade, dass viele Politiker gleich welcher Couleur, erst nach ihrem Ausscheiden aus der politischen Tretmühle Klartext reden. Sie wussten oftmals schon immer was in ihren Augen richtig oder falsch lief, nur es in ihrer aktiven Zeit laut auszusprechen, wäre, so fürchten die meisten von ihnen, einem beruflichen Selbstmord gleichgekommen. Für manche unter ihnen ist die Lebensphase des Ruhestandes die Zeit, um sich den angestauten Frust der oftmals unbewältigten eigenen Vergangenheit von der Seele zuschreiben. Jetzt ist die Gefahr ins berufliche Abseits geschoben zu werden nicht mehr akut. Es bleibt jedoch immer noch das Risiko einer gesellschaftlichen Stigmatisierung oder einfach nur des Totschweigens.

Mit beidem kann der ehemalige FDP-Generalsekretär und späterer SPD-Genosse Günter Verheugen offensichtlich ganz gut leben. Gemeinsam mit seiner einstigen Kabinettschefin Petra Erler befasst er sich in dem kürzlich erschienen Spiegel-Bestseller „Der lange Weg zum Krieg“ unter anderem mit den Hintergründen der Osterweiterung von NATO und EU und deren Auswirkungen. Als er im Februar 2023 die von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer initiierten Petition Manifest für Frieden als einer der Ersten unterzeichnete, machte niemand davon ein großes Aufheben.

Im August 2023 wurde Verheugen deutlicher und mahnte Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland an. Ihm gehe es um die großen, überlebensbedrohlichen Krisen der Menschheit und um diese zu bewältigen, müssten alle Kräfte konzentriert werden. Dabei könne man keinen Staat ausschließen. Der Zusatz: „Auch wenn Russland zweifelsfrei der Aggressor ist, habe der Krieg eine Vorgeschichte, die aber in der „offiziellen westlichen Darstellung fehlt“. Die öffentliche Skepsis gegenüber der jetzigen Ukraine-Politik wachse und die Mehrheit auch der Deutschen wünsche, dass der Krieg so schnell wie möglich beendet werde und man in Friedensverhandlungen eintrete.

Auch diese Einlassungen des heute 80- Jährigen hatten nicht die gewünschte Reichweite. So beschloss er seine Gedanken und Überlegungen in dem genannten Buch, welches Anfang dieses Jahres im Heyne-Verlag erschien, zu manifestieren. Vorwürfe, woher er denn sein Wissen und die nötigen Informationen habe, sind für den SPD-Mann nicht relevant. Ahnungslos und ein Putin-Freund ist er sicher nicht. Verheugen war Generalsekretär der FDP und nach seinem Parteiwechsel zur SPD- Vorsitzender des Komitees für Frieden, Sicherheit und Abrüstung der Sozialistischen Internationale. Wurde Staatsminister im Auswärtigen Amt unter Joschka Fischer und blieb es bis Mitte September 1999. Er war Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik zuständige stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Bundestag und letztlich stellvertretender EU- Kommissionspräsident.

Mitglied in der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands ist Günter Verheugen trotz seiner wenig konformen Haltung immer noch.

Das 301- Seitige Werk „Der lange Weg zum Krieg“ ist sicher keine kurzweilige Bettlektüre, aber für nachdenkliche Leser, die sich über die aktuelle politische Entwicklung Sorgen machen, unverzichtbar. Zurückgehend auf das Jahr 1945 beleuchten die Autoren sehr in die Tiefe gehend die Rollen der Siegermächte im beginnenden „Kalten Krieg“. Die wechselseitige Einflussnahme von USA und der damaligen UDSSR auf das westliche Europa, wird ebenfalls gründlich beleuchtet.

Es geht in dem Buch um Dominanzverhalten, Schuldzuweisungen und politischem Verhalten in der Frage diplomatischen Einmischens. Die Ultima Ratio haben auch Petra Erler und Günter Verheugen nicht in petto. Diesen Anspruch hat ihr Buch auch sicher nicht. Es unterstützt jedoch die eigene Vorstellungskraft und hilft bei der Einschätzung so manch unbegreiflicher Geschehnissen.

Mein Tipp: Die 24 Euro für den Bestseller sind für Menschen, die sich nicht von einseitigen Informationen abhängig machen wollen, sehr gut angelegt. Man muss Petra Erler und Günter Verheugen nicht in allen Aussagen zustimmen, aber die meisten davon sind nicht von der Hand zu weisen. sig/Repro: Gerdau