Großschwimmbad und Veranstaltungshalle für alle?

Von Siegfried Gerdau

Ein neues Schwimmbad, nein Hallenbad, muss her. Das muss man sich jedoch leisten können und genau da liegt bei den alten Dillkreisstädten und Gemeinden der Hase im Pfeffer.

Hoffnung auf Frühling. Foto: Gerdau

Dillenburg brennt die Angelegenheit unter den Nägeln. Dass einst schmucke Bad, fault der Stadt buchstäblich unter dem Hintern weg. Angesichts der maroden Kassen und der explodierenden Baukosten ist ein Neubau für die ehemalige Kreisstadt nur schwer vorstellbar. Dazu kommt noch die Stadthalle. Sie steht schon seit Jahren leer und wartet vor sich hin gammelnd auf einen edlen Investor, der ihr wieder zum einstigen Glanz verhilft. Fast hätte die Stadt die Landesgartenschau 2027 ausgerichtet. Zum Glück muss man fast sagen, bekam sie den Zuschlag nicht. Die Entscheider hatten offenbar keine rosa Brillen auf.

Haiger ist da bedeutend besser gestellt. Ihre Gewerbesteuereinnahmen sprudeln nur so und die Themen Hallenbad und Stadthallen-Neubau sind nur noch eine Planungsfrage. Da der Hessentag wegen Corona ins Wasser gefallen ist, dürften die Umsetzung der Projektplanung nur noch eine Frage der Zeit sein.

Herborn ist anders. Das Freibad scheint zwar technisch in Ordnung zu sein, ist aber halt nur im Sommer nutzbar. Man hatte ja einmal ein Hallenbad und das war sogar ein Wellenbad. Bevor es restlos bezahlt war, wurde es schon wieder abgerissen und machte einem Vollsortimenter Platz. Jetzt wogen die Meinungen über den Bau eines standesgemäßen neuen Hallenbades hin und her. Wenn nur die Schulden nicht wären, der Bau hätte schon die Planungsphase hinter sich gelassen. Bei der Stadthalle sieht es noch düsterer aus. Über der sogenannten Konferenzhalle schwebt, wenn man den Gerüchten Glauben schenken will, schon die Abrissbirne. Das Haus des Lebens in der Kaiserstraße trägt sich anscheinend mit Erweiterungsgedanken und da ist die Halle im Weg. Als Alternative gibt es immer noch-wenn der Eigentümer Vitos nicht selber gerade eine Veranstaltung plant- den Festsaal in der Au. Der strahlt zwar den Charme des vorletzten Jahrhunderts aus, aber immerhin. Der Pertuisplatz zwischen Bahnhofstraße und Walther-Rathenau-Straße hätte vor ein paar Jahren, als im Herborner Stadtsäckel genügend Geld war und die Gewerbesteuereinnahmen noch sprudelten, die Grundfläche für eine moderne Stadthalle sein können. Jetzt fehlt das Kleingeld und der schöne Platz an der Dill ist auch schon lange verschenkt.

Sinn ist zwar keine Stadt, kann sich aber aus eigener Tasche kein Schwimmbad leisten. Das haben fleißige Bürger übernommen und es läuft. Das Bürgerhaus wurde verkauft, weil es die Gemeinde nicht mehr halten konnte. Kann ja passieren, die Zeiten sind halt nicht mehr so wie früher.

Die Entfernung zwischen Haiger und Sinn beträgt, wenn man die Straße benutzt, 16,5 Kilometer. Die geschätzte Fahrzeit mit dem Auto, 16 Minuten. Gesetzt den Fall, die städtischen Kassen wären gefüllt und jede der genannten Kommunen in der Lage ihr eigenes Bad zu bauen, stünden auf dieser Strecke vier Bäder für geschätzte 120 000 Einwohner. Die kostenneutral zu unterhalten, weil bei weitem nicht genügend Nutzer davon Gebrauch machen, ein Ding der Unmöglichkeit und außerdem auch ein wenig Gaga.

Ein Blick nach Berlin ist in diesem Zusammenhang sicher leicht übertrieben, aber wer dort das nächste Hallenbad besuchen will, muss in der Regel mehr als 8 Kilometer fahren.

Es gäbe allerdings für unsere kleinen Städte Alternativen. Fabulieren wir ein wenig.

Dillenburg baut an der Stelle seines in die Jahre gekommenen Hallenbades ein neues, mit allem drum und dran. Groß genug, um zu jeder Zeit die Schwimmwilligen des alten Dillkreises zu erfreuen. Platz genug, um im Laufe jeden Tages die Schüler zu unterrichten. Das würde sicherlich ein teurer Bau. Aber: alle vier genannten Kommunen beteiligen sich anteilmäßig an den Bau- und Unterhaltskosten. Es würde auch nicht mehr Dillenburger Schwimmbad, sondern Dillkreis-Schwimmbad heißen.

Es geht weiter mit der Illusion: Herborn baut eine große, repräsentative Veranstaltungshalle zum Beispiel im Hintertal. Alle vier Dillkreiskommunen beteiligen sich am Bau und den Unterhaltungskosten. Die Halle wäre bei entsprechender Planung ständig ausgebucht und trüge sich ebenso wie das Dillkreis-Schwimmbad selber. Um bei der Namensgebung zu bleiben, könnte sie Dillkreis-Halle heißen.

Wenn das sich alles gegen sicher viele Widerstände realisieren ließe, könnte man von einem Leuchtturmprojekt der alten Dillkreisstädte/Kommunen und einem Beispiel für sinnvolle interkommunale Zusammenarbeit sprechen. Ja, wenn da nicht das unausrottbare Kirchturmdenken wäre. Wir reden von einem vereinten Europa, sträuben uns jedoch Gemeinsames über die eigenen Stadtgrenzen hinaus zu entwickeln. Ich für meinen Teil, habe die Hoffnung allerdings noch nicht aufgegeben.

Ein Gedanke zu „Großschwimmbad und Veranstaltungshalle für alle?

  • 17. Februar 2022 um 7:15 Uhr
    Permalink

    Lieber Siggi, so charmant sich solche übergreifenden Projekte auch anhören: rein logistisch ist das wahrscheinlich mit der Nutzung so eine Sache… ein großes Schwimmbad ist toll, aber zumindest für das Schulschwimmen nur für die direkt in „Schlagdistanz“ liegenden Schulen eine Option, oder dürfen Kinder aus Driedorf oder Breitscheid, Beilstein und und und nicht schwimmen lernen weil quasi ein ganzer Schulvormittag draufgehen wird, um die Kids mit unseren überforderten öffentlichen Verkehrsmitteln dorthin und wieder zurück zu transportieren? Und wie soll es dort zugehen, wenn – gerade in einem riesig großen Bad – hunderte Kinder gleichzeitig schwimmen beigebracht bekommen sollen? Stichwort Aufsichtspflicht und klagewütige Eltern…
    Auch das mit der zentralen Veranstaltungshalle ist schwierig: selbst auf der besten Bühne der Welt kann immer nur ein Event sein. Wir haben im „alten Dillkreis“ alleine über 50 Chöre, dazu Theatertruppen, Hobbybands, nicht zuletzt Profiaufführungen aller Art. In welcher Drängung sollen deren Veranstaltungen dort stattfinden? Und wenn es eine große Halle sein soll: selbst das überregional agierende Sing&Act aus Haiger ist froh, wenn 400 Leute kommen, viele „Dorfvereine“ (nicht abwertend gemeint!!) kämpfen eh ums Überleben, da sind es leider oft wesentlich weniger. Welchen Spaß macht es, wenn in der riesigen Audienz die Ränge nur bruchstückhaft gefüllt sind? Wie soll die Rentnerin Lieschen Müller aus einem der vielen Orte rundum abends dorthin kommenden und noch später abends wieder heim? Aus der Erfahrung: solche Veranstaltungshallen werden in der Regel von Betreibergesellschaften betrieben. Jeder Verein der dort irgendwas aufführen möchte, muss die Nutzung bezahlen, und zwar für das GANZE Haus. Wovon, wenn das Ding dann zu 10% gefüllt ist? In den Ortschaften bestehen oft jahrzehntelange Vereinbarungen mit der Gemeinde/Stadt, so dass die Vereine die zwar kleineren DGHs zu angemessenen Bedingungen nutzen können. Nee… die Idee klingt gut, aber ich fürchte es scheitert an der Praktikablität… und wahrscheinlich am Stolz der 3 Städte.

    Antwort

Schreibe einen Kommentar zu Carsten Geiß-Preuschoff Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert