Investieren mit Herz und Verstand

Von Siegfried Gerdau

Alles was heute neu entsteht ist in der Regel nicht schön, weil es billig sein muss und großen Profit abwerfen soll. Männer wie der leider verstorbene Bürgermeister Bernd Sonhoff wussten das und bemühten sich entsprechend um die Herborner Kleinode. Das was Herborn so bekannt und beliebt macht sind die alten Fachwerkhäuser, die immer wieder fachgerecht saniert wurden und noch werden. Wenn die wunderschöne Bausubstanz jedoch durch hässliche Kästen immer mehr eingeengt wird, leidet das gesamte Ensemble. Wenigen Investoren liegt das Bild der Stadt am Herzen und sie bauen lieber um, statt neu. Alle anderen ist das ziemlich schnuppe. Sie haben nur ein Ziel vor Augen, noch mehr Geld zu machen. Da wird schamlos in die Natur eingegriffen und alles mit dem ach so nötigen Wohnraum begründet. Manchen Kommunalpolitikern ist das scheinbar egal oder sie lassen sich einfach über den Tisch ziehen. Dabei sollte ihnen eigentlich klar sein, dass nicht jeder der Wohnraum bauen will, dies aus reiner Menschenfreundlichkeit macht. Es geht wie auch auch anderen Gebieten einfach nur ums Geld. Ok, der Rubel muss rollen, aber die Stadt muss auch ihr Gesicht und vor allem ihr unnachahmliches Flair behalten. Man kann beides miteinander verknüpfen. Wie das geht, beweisen Macher mit Herz fast täglich.

Einen schönen Blick auf Herborns Bausünden einst und jetzt hat man vom Dill-Blick-Turm (Thomas Rittner-Turm). Im Vordergrund rechts das ehemalige Hotel Ritter. Ein Schandfleck schon zu seiner Zeit. Bildmitte links der mit hochpreisigen Eigentumswohnungs-Blocks zugebaute Pertuisplatz, war eine kaufmännische „Meisterleistung“ von Magistrat und Stadtrat samt dem damaligen Bürgermeister Hans Benner (SPD). Ein städteplanerisches Schmuckstück sollte das neue Sparkassengebäude (Bildmitte) werden. Jetzt ist es eine nette Erinnerung an die vielen Scheunen, die einst die Herborner Innenstadt ausmachten.

Das Haus der Diakonie gegenüber des Hintersandparkplatzes, zerstört nicht nur mit seiner grellen Farbe, sondern auch seinem quadratisch, praktischen Monster-Baustil das Herborner Altstadt-Idyll. Niemand regte sich damals darüber auf und der damalige Bürgermeister Hans Benner ließ dem schlechten Geschmack der klerikalen Bauherren freien Lauf.

Einst die letzte noch produzierende Brauerei in Herborn. Nach einem kurzen Gastspiel mit einem Glücksritter, ist der gesamte Komplex nun im Besitz eines bekannten bayerischen Brau-Konzerns. Der nutzt die Freiflächen schon seit geraumer Zeit als Lagerplatz für ausrangierte Tanks. Herborns Umweltpartei möchte an Stelle der leerstehenden Hallen neue Industrie ansiedeln. Wenn es denn klappt, wäre es ein Schritt in die richtige Richtung. Herborn hätte ganz sicher ordentliche Gewerbesteuerzahler nötig.

Natürlich ist Herborn eine wunderbare Kleinstadt. Trotzdem: Es gilt aufzupassen, dass nicht noch mehr Kästen das Stadtbild verschandeln. Wenn sich Bürger und Politiker bei allen Bau-Schandtaten so ins Zeug gelegt hätten, wie gegen das geplante Hintersand-Parkhaus, brauchte man sich nicht über diese hässlichen Klötze zu ärgern. Auch die geplanten Eingriffe in die letzten Grüngürtel der Stadt schweben immer noch im politischen Raum. Die politischen Parteien, die jetzt um die Gunst der Wähler werben, müssen sich daran messen lassen wie sie mit unserer aller Umwelt umgehen. Die Lippenbekenntnisse vor der Wahl müssen nachhaltig auch nach der Wahl sein- um dieses ausgeleierte Wort einmal zu gebrauchen. Fotos: Gerdau

3 Gedanken zu „Investieren mit Herz und Verstand

  • 25. Februar 2021 um 22:19 Uhr
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    Danke Siggi.
    Dieses Statement kann ich vollumfänglich unterschreiben.
    Ich freue mich, dass sich in der Initiative „Wir für Herborn“ überparteilich Menschen zusammenschließen, die ein waches Auge auf die Stadtentwicklung haben und konstruktive Vorschläge für Herborn und die umliegenden Kommunen entwickeln.
    Genaues dazu kann man in dem Sonderdruck des Geschichtsvereins erfahren, den man bei JoKo, beim Stadtmarketing, im Blumenhaus Kuhlmann und auch bei mir Am Hintersand 10 in Herborn bekommt.

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  • 26. Februar 2021 um 14:39 Uhr
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    Lieber Siggi,
    wie immer bringst Du es auf den Punkt. Zulange haben die Verantwortlichen weggeschaut oder hilflos mit „geht nicht“ geantwortet. Zu lange haben wir Bürger das einfach treiben und geschehen lassen. Herborn ist unsere Stadt und nicht eine Goldgrube für externe nur am Profit orientierte Investoren.
    Wir für Herborn will, dass die Bürger und Bürgerinnen in Entscheidungen einbezogen werden. Wir wollen gestalten, die Stadt entwickeln und dass Herborn endlich wieder das Heft des Handelns – wie einst unter Bernd Sonnhoff – in die Hand nimmt. Wir brauchen eine Gestaltungssatzung und einen Gestaltungsbeirat, um den Wildwuchs im Keim zu ersticken.
    Bausünden gab es zu allen Zeiten, sie entstehen immer, wenn es keine langfristig angelegten Strategien und Ideen zur Stadtentwicklung gibt.
    Städte sind gefordert den demografischen Wandel, die Digitalisierung, geänderte Anforderungen an Mobilität, den Klimaschutz und die Stadtentwicklung zu gestalten und nicht nur zu verwalten.
    Lasst uns den Geist vom Hessentag, das „Wir in Herborn“ wieder beleben, damit es wieder heißt: Mir freue sich! Das wünsche ich mir und das ist das Ziel der Bürgerinitiative „Wir für Herborn“.

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  • 1. März 2021 um 22:38 Uhr
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    Ach, wie schön es war, als die Brauerei noch das gute HERBORNER CLASSIX gebraut hat.
    „Saufen ohne Reue“, so habe ich das immer genannt. Du konntest ne ganze Kiste alleine verzehren, ohne am nächsten Tag auch nur die geringsten Einschränkungen zu verspüren🍺🍺🍺🍺🍺🍺🍺🍺🍺🍺🍺🍺🍺🍺🍺🍺🍺🍺🍺

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