Mein Globus

Kommentar

von Siegfried Gerdau

Ich habe einen Globus. Er steht so an exponierter Stelle, dass ich das Weltgeschehen immer plastisch vor Augen habe. Nur, wenn ich unser Land sehen möchte, muss ich näher rücken. Deutschland nimmt auf meinem Globus kaum mehr Platz als eine dicke Fliege ein. Ich sehe große Flüsse wie Mekong, Gelber Fluss, Jangtsekiang, Ganges, Amazonas und den Nil. Alle transportieren sie gigatonnen Abfall, ungeklärte Fäkalien und alles was Menschen in ihrer Dummheit achtlos entsorgen, Richtung Meer. Ich sehe nicht die abertausenden Flugzeuge, die rund um den Globus Abgase in der Luft verteilen und nicht selten Sprit ablassen. Ich sehe auf meinem Globus nicht die Straßen der Welt, auf der Tag und Nacht 1, 25 Milliarden benzin- oder dieselgetriebene Fahrzeuge die Luft verpesten, so dass zum Beispiel in China an manchen Tagen kaum der Himmel zu sehen ist.

Ein Blick auf den Globus hilft zu relativieren.

Ich kann auch die 350 Kreuzfahrtschiffe und die über 5 000 Handelsschiffe nicht sehen, die zusammen 139 Millionen Tonnen CO2 ausstoßen. Unabhängig von allen Zahlenspielchen und Relativierungen sind sie wohl maßgeblich für die Luftverschmutzung verantwortlich. Ich sehe auf meinem Globus auch nicht die unzählbaren Schlote der Fabriken, der Müllverbrennungen oder die Feuer am Ganges, auf denen Leichen verbrannt und dann die Reste in den Fluss entsorgt werden. Ich sehe auf meinem Globus nicht die Müllberge überall auf der Erde, die entweder vor sich hin qualmen oder das Grundwasser in hohem Maße verseuchen. Ich kann auf meinem Globus alle aktuellen Kriegsschauplätze verfolgen, sehe aber nicht, was diese Kriege, oder wie man sie immer nennen will, für immense Schäden an für Mensch und Umwelt anrichten. Ich will nicht zwischen guten und bösen Kriegen unterscheiden und es schüttelt mich, wenn ich sehe, wie der Mensch in seiner bodenlosen Dummheit und Zurückgebliebenheit immer weiter Schwerter schmiedet und sich von skrupellosen Mitmenschen in kriegerische Auseinandersetzungen hetzen lässt.

Ich höre besonders in unserer jetzigen Zeit ständig, dass Deutschland seine Schadstoffausstoße an CO2 so bald als möglich gegen Null reduzieren müsse. Natürlich müssen wir das, aber auf der Welt oder zumindest in Europa. In fast klerikaler Manier predigen Heilsverkünder von Zurücknahme aller „schlechter“ Lebensgewohnheiten in Deutschland und versprechen zum Beispiel, dass mit der Aufgabe unserer Verbrenner, die Erde gesunden werde. Ich schaue auf meinen Globus und schüttele den Kopf. Nicht über diese Wanderprediger oder die sie ergeben begleitenden Nachrichtenüberbringer. Nein, ich schüttele den Kopf über die Menschen, die sich von diesem engstirnigen Denken inspirieren lassen und glauben, dass Deutschland alleine durch vorbildliches Energie-Fasten acht Milliarden Menschen der Welt auf den rechten Weg bringen kann. Wir schaffen die schädliche Energieerzeugung von Kohle und Erdöl ab, setzen dagegen auf erneuerbare Energie wie die Sonnen-und Windkraft. Wenn es dann eng wird, haben ja unsere Nachbarn rund um Grünland genügend Strom aus sehr nachhaltiger Atomkraft, den sie uns gerne verkaufen. Wir setzen auf elektrische Antriebe, die wir massenhaft in unseren Autos installieren wollen und wissen noch nicht Mal genau, wie wir den immensen Strombedarf zum Laden der Batterien decken können.

Wir plündern dafür die Rohstofflager andere Länder, um unseren Fortbewegungswohlstand nicht zu gefährden. Dabei nehmen wir die Ausbeutung von Natur und Mensch locker in Kauf. Wir verzichten auf Gas aus Russland, weil dieses Land ja so gefährlich für uns ist. Dafür kaufen wir das, unter schlimmsten Bedingungen aus der Erde gespülte, Fracking-Gas. Wir haben immer noch keine langfristigen Endlager für Atommüll. Jetzt kommen noch die Flügel der Windkraftanlagen dazu. Alles was wir machen tun wir halb und obwohl das Wort Nachhaltig in jeder Umwelt-Rede vorkommt, schaffen wir nichts, aber auch gar nichts tatsächlich nachhaltig zu betreiben. Vielleicht brauchten wir nachhaltige Politiker, aber da mangelt es wie beim Lithium an geeigneten Vorkommen.

Wir haben das Ziel unser Land schadstofffrei zu machen und da sind all diese Bedenken ohne Bedeutung. So ganz nebenbei zeigen wir Putin nicht die Grüne Karte, sondern wenn er sich nicht besinnt und unseren Maßstab für Menschenrechte akzeptiert, auch bald die rote Karte. Wir sind nämlich die Guten und das wird Wirkung bei ihm zeigen.

Kann es sein, dass das Corona-Virus nicht nur die Lungen befällt, sondern mittlerweile auch unsere Köpfe. Unsere sicher ehrenwerten Bestrebungen die Welt besser und sauberer für die nächsten Generationen zu machen, funktioniert bestimmt schon bald in Deutschland. Was aber ist mit dem nicht unbedeutenden Rest der Welt? Die Grenzen Deutschlands existieren lediglich auf dem Papier und wenn wir sie überschreiten stehen wir rundherum vor Kohle- und Kernkraftwerken in großer Zahl.

Wenn wir in neun Jahren die Luft sauber haben wollen, müssen wir 106 große Kohlekraftwerke abschalten. Wir müssen noch sechs Kernkraftwerke stilllegen und die mit Erdöl befeuerten natürlich auch noch. Die Alternativen sind dann Wind- und Sonnenenergie. Wir wollen es also schaffen die derzeitigen Megamengen an elektrischer Energie alleine von Solarelementen auf den Hausdächern und aus den WKA zu erzeugen. Seriöse Berechnungen haben ergeben, dass der Strombedarf für alle PKW, (wenn sie denn elektrisch angetrieben wären) durch sechs Kraftwerke oder eine vergleichbare Größe von alternativen Energieerzeugern gedeckt werden müssten. In neun Jahren schon? Na denn gutes Gelingen.

Prof. Dr. Dr. Ulrich Schmidt – Kiel Institute (IfW) sagt:  Aktuelle Studien haben berechnet, dass das Elektroauto bereits beim jetzigen Strommix in Deutschland eine positive Klimabilanz besitzt. Der Autor stellt jedoch fest, dass diese Studien den erhöhten Stromverbrauch, der aus dem Ausbau der Elektromobilität resultiert, vernachlässigen. Er zeigt, dass bei Berücksichtigung des erhöhten Stromverbrauchs Elektroautos tatsächlich zu 73% höheren Treibhausgasemissionen führen als moderne Diesel-PKWs. Als Begründung führt er an, dass es umweltschonender ist, erneuerbare Energien zur Reduzierung der Verstromung von Kohle zu nutzen, als damit Elektroautos zu betanken.

Noch ein paar Fakten:

Ein mittleres Atomkraftwerk hat eine Nennleistung von etwa 1.400 Megawatt, das entspricht jährlich elf Milliarden Kilowattstunden Strom für 3,5 Millionen Haushalte.

Eine moderne Windkraftanlage mit etwa 3 Megawatt elektrischer Leistung erzeugt jährlich so viel Strom, wie 2.000 Haushalte im Jahr benötigen. Gerechnet wurde mit einem Strombedarf von 3.500 kWh pro Haushalt.

Und so ganz nebenbei ist der Strompreis für private Haushalte im März 2020 im weltweiten Vergleich am höchsten: 39 Dollar-Cent mussten Deutschlands Einwohner pro Kilowattstunde zahlen.

Nach Expertenschätzungen wird sich das auch in Zukunft nicht ändern. Wir steigen um auf alternative Energien, zahlen aber dafür horrende Preise.  

2 Gedanken zu „Mein Globus

  • 9. Mai 2021 um 9:22 Uhr
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    Hallo Siegfried, wenn wir die richtige Partei wählen, haben wir alles im Griff. Bitte
    nicht alles so schwarz malen und schaffe dir bitte einen größeren Globus an.

    Antwort
  • 9. Mai 2021 um 10:33 Uhr
    Permalink

    Siggi, sehr, sehr gut und aufschlussreich.
    Wie bringe ich das aber dem deutschen Volk bei?
    Würden die Leute doch besser an Gott glauben , statt den Aussagen der Politiker. Liedtext : “ Es grünt so grün , wenn Spaniens ….“
    Wir suchen Heilsbringer, die keine sind.
    Es hat einmal geheißen: “ An dem deutschen Wesen soll die Welt genesen“.
    Sind wir bald wieder soweit? Hoffe, das Volk wacht vorher auf.

    Antwort

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