Von Siegfried Gerdau
Es lässt sich nicht mehr leugnen. Die immer knapper werdende Zeit hat ihre Spuren hinterlassen. Mit ungeduldiger Unduldsamkeit rast das Leben vorbei, die eigene Langsamkeit ist beängstigend.

Das Bewusstsein zunehmender Bedeutungslosigkeit, gepaart mit sich immer verfestigender Sicht der Dinge und dem Wissen selber nichts mehr beeinflussen zu können, macht traurig und böse zugleich.
Die ersten Schritte in die Unendlichkeit sind getan und es folgen immer mehr. Aufflammende Versuche umzukehren scheitern bereits im Ansatz. Wo einst Verständnis war, ist nur noch Unverstand.
Die überflüssige Hektik der Welt kristallisiert sich immer deutlicher als das heraus, was sie ist-nämlich überflüssig. Kaum jemand hat das Ziel vor Augen und doch steuern alle mit Todesverachtung darauf zu. Auf dem Weg dahin so viel raffen wie nur irgend möglich, als wenn die Vergänglichkeit ein Märchen sei.
Nach allen Seiten tretend, beißend, missgönnend und misstrauend bleibt das kleine unbedeutende und allzu vergängliche Leben auf der Strecke. Die Bemühungen die eigene Einzigartigkeit herauszustellen, versanken in Uniformität. Resignation und Verzweiflung macht sich breit und die Erkenntnis, dass der Daseinskampf keine Gewinner kennt, drängt sich immer mehr in das Bewusstsein.
Haus, Auto, Boot und Geld verlieren an Bedeutung und die Tatsache, dass alles nur geliehen ist manifestiert sich. Schlüsselwörter wie Krieg und Frieden, Glück und Unglück, Glauben und Unglauben, Freude und Trauer, Gesundheit und Krankheit enttarnen sich als Worthülsen mit sehr kurzer Habwertzeit.
Es gibt keine Beständigkeit außer dem Tod. Hoffnung, gepaart mit immateriellen oder vermeintlich zustehenden realen Wünschen sind der vergebliche Versuch dem festgelegten Kreislauf von Anfang und Ende ein Schnippchen zu schlagen.
Viele, allzu viele Weggefährten haben das Rennen mit der Zeit bereits verloren. Schulterzucken oder echte Trauer hilft oder schadet ihnen zumindest nicht mehr.
Gegenseitiges Abschlachten-man nennt es Krieg- ist wieder in den Bereich der Möglichkeit gerückt. Der Mensch, das angeblich einzigartige Wesen der Schöpfung, legt noch einen Zahn zu. Kriegsberechtigung, Kriegshetze, Aufrüstung, Kriegstüchtigkeit oder Kriegsverniedlichung gehören wie selbstverständlich zum verbalen Repertoire von Politik und Medien.

Die Gleichen, die noch vor wenigen Jahrzehnten all die mit einem Bann belegt und bekämpft haben, die an die Macht der Waffen glaubten, sind mittlerweile Vorreiter, wenn es heute um den totalen Krieg geht. Die, die vollmundig verkünden, keine Angst selbst vor einem Atomkrieg zu haben, werden die Ersten sein die zeitig das Weite suchen, wenn es denn soweit ist.
Die zwangsweise Zurückbleibenden müssen die Zeche zahlen und können als gesichtslose Überbleibsel auf dem heimischen „Aufmarschgebiet“ mit Stolz feststellen, für eine „gerechte“ Sache gestorben zu sein. Der Kreislauf von Geburt und Tod wird in Windeseile kleiner und kleiner und alle machen mit oder nehmen diese scheinbare Unabänderlichkeit schweigend in Kauf.
Alles wie gehabt und seit jeher praktiziert. Lediglich die Mittel sind „moderner“ geworden. Wollt ihr den totalen Krieg…. bejahten schon einmal Tausende und bekamen ihn. Was solls. Die Statistik über die durchschnittliche menschliche Lebensdauer erführe eine kleine Zäsur und alles fing wieder von vorne an-vorausgesetzt, dass die Computer noch funktionierten. Es ist höchste Zeit den Verstand einzuschalten und denen einen Korb zu geben, die meinen die Zeit des Einzelnen ohne Not verkürzen zu dürfen.