Minderheiten können und dürfen das Volk nicht repräsentieren

Von Siegfried Gerdau

Ist es demokratisch und vom ganzen Volk gewollt, wenn eine Mehrheit von Minderheiten die Regierungszügel in die Hand nimmt. Ist es im Sinne von Demokratie, dass in dieser Mehrheit von Minderheiten die Partei mit den zweitwenigsten Stimmen meint, die Richtung vorgeben zu können.

Bereits die Weimarer Republik 1918 bis 1933 scheiterte an ihrer Vertrauensseligkeit und dem Mangel an Unterstützung aus der Bevölkerung. Dazu kamen große wirtschaftliche Probleme, die sie zwar nicht zu verantworten hatte, aber auch nicht ansatzweise beherrschte.

1930 wurde die NSDAP mit 18,3 Prozent stärkste Reichstagsfraktion. Nur drei Jahre später versetzte der unselige Adolf Hitler mit seiner Ernennung zum Reichskanzler der jungen Demokratie den Todesstoß.

Es waren die National-Sozialisten, die aus der ehemaligen Deutschen Arbeiterpartei (DAP) hervorgingen. Was folgte waren Massenmorde ein schrecklicher Krieg und die Gleichschaltung aller Organisationen unter der Führung eines Diktators.

Die Väter des Grundgesetzes von 1949 hatten aus all dieser unsäglichen und mörderischen Vergangenheit Lehren gezogen. Diese „Verfassung“ die bis heute Grundgesetz heißt, sollte sich von allen vorherigen Verfassungen durch Institutionen und Schutzvorkehrungen unterscheiden. Vor allem wollte man unter allen Umständen vermeiden, dass die neue Bundesregierung ebenso wie die erste parlamentarische Demokratie 1918 bis 1933 zum Scheitern verurteilt war.

Dass in einer Parteidemokratie wie der Deutschen Bundesrepublik Parteien sich zu Koalitionen zusammenschließen, ist kaum vermeidbar. Vor allem wenn die Bürger nicht „mitspielen“ und den Wahlen fernbleiben. Dann kann es zu Konstellationen kommen, wie der derzeitigen. Fakt bleibt jedoch, dass dies ein nicht anzustrebender Zustand ist. Besser wären klare Mehrheiten einzelner Parteien. Darauf kann jeder Bürger Einfluss nehmen, indem er je nach seiner Überzeugung auch seine Partei wählt.

Den Mitgliederschwund in den sogenannten etablierten Parteien haben diese selbst zu verantworten. Schwache Profilierung, unklare Positionen und wenig Selbstbewusstsein verunsichern die Wähler und lassen sie ziellos bis zur Aufgabe zurück. Dazu kommen korruptionäre Tendenzen und eine teilweise „Ich-mache- mir-selber-zuerst-die Taschen-voll-Mentalität“, die verstört und anwidert.

Das Ergebnis: Kleine Parteien mit einem noch kleineren Wählerergebnis, schließen sich zusammen und klüngeln ihre Machtpositionen aus.

Oppositionen werden anschließend an die Wand gedrückt und niedergemangelt. Die Meinungsvielfalt wird als Bedrohung gebrandmarkt und die verunsicherten Wähler, die sich verbal gegen die jeweiligen Koalitionen und deren Vorstellungen zur Wehr setzen, werden diskreditiert und teilweise sogar geächtet.

Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus

Demokratie geht anders. Die Bundeszentrale für politische Bildung, kurz bpb, erklärt Kindern Demokratie ganz pragmatisch: Menschen können in unserem Staat in Freiheit leben. Alle dürfen ihre Meinung frei sagen. Die Gesetze in einer Demokratie gelten für alle Menschen. Alle Bürger und auch der Staat müssen sich an die Gesetze halten. In freien Wahlen entscheiden die Menschen, von wem sie regiert werden wollen. Und wenn sie mit der Regierung nicht zufrieden sind, können sie bei der nächsten Wahl eine andere Regierung wählen.

Das Volk wählt seine Vertreterinnen und Vertreter in die Parlamente, die dann dort das Volk repräsentieren.

Deutschland ist eine repräsentative Demokratie. Das heißt, Bürgerinnen und Bürger üben die Herrschaft im Lande aus. Über ihnen gibt es weder Kaiser, noch König, weder Diktator noch einen Herrschenden. Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus, so steht es in unserem Grundgesetz.

Weiter wird ausgeführt: In einer Demokratie dürfen alle Menschen frei ihre Meinung sagen, sich versammeln, sich informieren…..

Die Schweiz hat eine andere Form von Demokratie. Zusätzlich zu den Regularien wie bei uns, können alle Wahlberechtigten über wichtige politische Entscheidungen per Volksabstimmung direkt entscheiden. Dies nennt man direkte Demokratie.

Ist die Koalitionstheorie noch zeitgemäß

Die Koalitionstheorien können, selbst nach Eingeständnis von Fachleuten auf diesem Gebiet, nur einen beschränkten Teil des Koalitionsverhaltens von Parteien erklären und voraussagen. Das bedeutet, dass Wählende sich mit ihren Vorstellungen und Wünschen in einer Koalitionsregierung unter Umständen nicht mehr wiederfinden.

Viel schlimmer ist jedoch, wenn einzelne Koalitionäre ihren eigenen Kurs gegen die gesamte Koalition durchsetzen und damit lediglich im Sinne einer Minderheit agieren und „regieren“.

Um die Demokratie, die sicher eine der besten Staatsformen auf der Welt ist, funktionierend zu erhalten, muss eventuell die Weichenstellung neu geregelt und die Signale überdacht werden.

Festzuhalten bleibt: Minderheiten von Mehrheiten können auf der Lok höchstens als Heizer und nicht als Lokführer agieren.

2 Gedanken zu „Minderheiten können und dürfen das Volk nicht repräsentieren

  • 13. Februar 2023 um 12:46 Uhr
    Permalink

    In unserer parlamentarischen Demokratie werden Parlamente von Wählerinnen und Wählern gewählt. Diese Parlamente wählen dann eine Regierung.
    Nach der Wahl zum Abgeordnetenhaus gestern in Berlin, hat die bisherige Koalition aus SPD, Grünen und der PdL trotz Verlusten nachwievor eine Mehrheit. Sprich, die Abgeordneten dieser drei Parteien repräsentieren die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler – oder kurz: Das Volk. (den Begriff „Volk“ mögen ja einige Leserinnen und Leser hier anscheinend sehr gerne…)

    Sollte eine Regierung aus diesen drei Parteien tatsächlich zustande kommen, regiert eben nicht eine Minderheit, sondern die Mehrheit.

    Die CDU hat -als stärkste Fraktion- natürlich das Recht, zu Sondierungsgesprächen einzuladen. Diese Einladungen an SPD und Grüne werden wohl auch angenommen werden.
    Nur, ob CDU und SPD bzw. CDU und Grüne inhaltlich zusammenkommen, d.h. sich auf eine gemeinsame Politik einigen können, bleibt abzuwarten.

    Ihren Vergleich zwischen dem Wahlergebnis gestern und den Ergebnissen der NSDAP in der Weimarer Republik finde ich aus vielen Gründen abwegig – um es mal nett zu formulieren. Die NSDAP wollte die Demokratie zerstören, was man der SPD nun wirklich nicht nachsagen kann, wenn man halbwegs bei Trost ist. Sollten SPD, Grüne und PdL tatsächlich in Berlin eine Regierung bilden, dann ist die Demokratie nicht in Gefahr abgeschafft zu werden. Es wird nicht Jeder und Jedem gefallen, das mag sein. Ein demokratischer Vorgang bleibt es aber.

    Antwort
    • 14. Februar 2023 um 8:05 Uhr
      Permalink

      Friedrich Schiller „Man soll die Stimmen wägen und nicht zählen; der Staat muss untergehen, früh oder spät, wo Mehrheit siegt und Unverstand entscheidet.“

      Antwort

Schreibe einen Kommentar zu Siegfried Gerdau Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert