Wildgehege-Hintergründe und Zukunftsperspektiven

Das Herborner Wildgehege ist derzeit ein viel diskutiertes Thema in der Bärenstadt. Der Förderverein Wildgehege, allen voran Vorstandsmitglied Christian Stuhl, sieht das Gehege mit seinen Tiergehegen und Kinderspieleinrichtungen in Gefahr und ist an die Öffentlichkeit gegangen. Mittels Unterschriftsaktion will der Verein eine breite Bürgerfront gegen die Stadt in Stellung bringen. (Siehe auch den Artikel in gerdaus-welt „Steht das Wildgehege vor dem Aus“).

Um was geht es? Der Neubau der Kallenbachtalbrücke am Rande der Stadt und im Zuge der A 45 wird schon in wenigen Jahren beginnen und dafür braucht man Platz. Dummerweise verläuft ein großer Teil der Brücke genau über das Wildgehege im Herborner Stadtwald. Das bedeutet, dass die bisherige Größe des Wild-Geheges stark reduziert werden muss. Die Planungen für die Brückenerneuerung sind schon seit längerer Zeit bekannt und die Stadt hat sich entsprechend in einem eigens dafür gebildeten gleichberechtigt besetzten Arbeitskreis, mit dem Thema beschäftigt. Dazu gehört auch der Förderverein Wildgehege Herborn.

Nun sind neue Aspekte hinzugekommen, die ohne die geplanten Bauarbeiten wahrscheinlich nie oder erst viel später, zu Tage getreten wären.

In einem Gespräch mit gerdaus-welt machte Herborns Bürgermeisterin Katja Gronau (parteilos) nachdrücklich deutlich, dass weder sie, noch Stadtverordnete und Magistrat die Tiere in der oberen Kallenbach „weghaben“ wollten. „Das Wildgehege soll erhalten bleiben, nur über den Umfang und die Form muss noch gesprochen werden“, sagte sie. Unbedingt werde die Stadt jedoch die Rechtssicherheit anstreben und da habe sie gesetzlich absolut keine Spielräume. Auch stehe für sie und natürlich auch für das seit längerer Zeit involvierte Veterinäramt, das Tierwohl im Vordergrund.

Katja Gronau

Was meint die Bürgermeisterin damit?  Obwohl das Herborner Wildgehege (nicht zu verwechseln mit dem Uckersdorfer Tierpark) mittlerweile 60 Jahre lang besteht, gab es bis zum heutigen Zeitpunkt keinen Bauplan und dementsprechend auch keine Genehmigung für seine Existenz. Dass der nun vom Kreis gefordert werde, läge in der Natur der Sache und sei auch nicht wegzudiskutieren. Nach Schätzung der Fachleute werde auch dieser Antrag nicht ad hoc erledigt sein, da sehr viele Ämter ihre Stellungnahmen dazu abgeben müssten. Von den geschätzten Kosten in Höhe von ca. 40 000 Euro ganz zu schweigen.

Dass man jetzt der Stadt vorwerfe, die genannten Gründe seien lediglich Vorwände und die Schließung des Wildgeheges die letzte logische Konsequenz, enttäuscht Katja Gronau schon ein wenig. „Wenn ich das Gehege hätte schließen wollen, wäre das schon vor zwei Jahren bei Bekanntgabe der Brückenbaumaßnahmen und dem daraus resultierenden notwendigen Flächenbedarf leicht möglich gewesen.“

„Wir, das heißt der Magistrat und ich, wollen das Gehege unbedingt erhalten. Dass die Fläche des Geheges reduzierte werden muss, steht jedoch außer Zweifel“, sagte Gronau. Ob dies 15 Prozent der jetzigen Größe oder vielleicht auch mehr sei, lasse sich zum augenblicklichen Zeitpunkt noch nicht schlüssig beantworten. Die Stadt habe in Dresden sechs Monate lang eigens einen städtischen Forst-Mitarbeiter zum Werks-Tier-Pfleger ausbilden lassen und das deute sicher nicht daraufhin, dass man die Anlage schließen wolle.

In den naheliegenden Hochwald könne man auf keinen Fall ausweichen. Die in Frage kommende Fläche gäbe einfach nichts Zusammenhängendes her. Dass aber bei Reduzierung der Ursprungsfläche auch der Wildbestand verringert werden müsse, sei eine logische Folge.

Aspekte, die in der ganzen Diskussion nur am Rande behandelt würden, seien die pflegerischen Maßnahmen der Wildtiere wie Impfen, Klauen-und Zahnpflege. „Ohne den Einsatz von Betäubungspfeilen geht nichts. Es sind halt keine domestizierten Lebewesen, die man mal eben beiseite nimmt und entsprechend behandeln kann“, sagt die Verwaltungschefin.

„Wir stimmen immer zu, wenn es um das Aufstellen neuer Spielgeräte geht. Wir sorgen für die routinemäßigen TÜV-Abnahmen. Alle Aktivitäten, die der Förderverein durchziehen möchte, lassen wir zu. Da blocken wir nie etwas ab“, fügt sie hinzu. Wir stimmten dem Lama Trecking zu, nachdem alle Auflagen vom Veterinäramt erfüllt waren.

Um die Vorbereitungen der Brücken-Baumaßnahmen zu ermöglichen habe die Stadt Klimmzüge gemacht, um einzelne Gehege zu verlegen. Es wurden Tiere anderweitig untergebracht. Die Zuwege wurden angepasst und dabei haben wir nie den Tierschutz und das Tierwohl aus den Augen verloren, betonte Katja Gronau.

Wie geht es jetzt weiter, Frau Bürgermeisterin?: „Der Magistrat muss einen Bebauungsplan erstellen. Der Flächennutzungsplan muss geändert werden und es müssen Ausgleichsflächen nachgewiesen werden“. Außerdem sei die Gatterhaltung bei verschiedenen Tierarten wie den Eseln fraglich. So habe der Waldboden für die Eselshufe zu wenig Abnutzungseffekt.

Dennoch und da wiederholt sich Gronau erneut. Wir wollen das Wildgehege nicht abschaffen, sondern das Meiste, was in der vorgegebenen Situation möglich ist, herausholen. „Aber und das ist Fakt, wir müssen die jetzige Fläche verkleinern und das heißt damit auch den derzeitigen Wildbestand.“ Auswildern sei in diesem Zusammenhang ebenso wenig eine Option, wie das Abgeben von Tieren in einen anderen Wildpark. Angedacht sei schon früher einmal, die Zusammenlegung des Tierparks in Uckersdorf mit dem Wildgehege in der Kernstadt. Das habe sich als undurchführbar erwiesen. Die völlig unterschiedlichen Tierarten und der große Platzbedarf stünden einer solchen Überlegung im Wege.

Fakt sei auch, dass alle Maßnahmen ohne ehrenamtliches Engagement kaum zu realisieren seien. Einer der Kommunalpolitiker brachte es im Verlauf eines vorherigen Gesprächs auf den Punkt: „Hört der Förderverein auf, gibt es auch kein Wildgehege in Herborn mehr.“

Für die Fortführung des Wildgeheges in anderer Form, hat Katja Gronau bereits viele Ideen. Sie stellt sich vor, zusätzliche Lehrpfade installieren zu lassen. Eventuell sogar einen Waldkindergarten zu installieren und vieles mehr. Auf jeden Fall braucht es noch ein Quarantänegehege. Das schreiben die Amts-Veterinäre der Stadt vor.

Das Gespräch mit der Bürgermeisterin führte Siegfried Gerdau