Demokratischer geht’s nicht

Wahlen müssen viel mehr als nur eine lästige Bürgerpflicht sein. Besonders wenn es, wie demnächst in Herborn und Driedorf um die Wahl einer Bürgermeisterin oder eines Bürgermeisters geht. Dann entscheiden die Bürgerinnen und Bürger ausschließlich und absolut souverän, wem sie für die darauffolgenden sechs Jahre ihr Vertrauen schenken.

Wohlgemerkt die Bürgerinnen und Bürger und nicht die politischen Parteien entscheiden über das Ergebnis, obwohl die natürlich im Vorfeld „ihre“ Kandidaten zu puschen versuchen. Ein Großteil der Wähler möchte jedoch genau das nicht. Was sich bei den Ortsbeiräten immer mehr durchsetzt, ist in den Gemeinde- und Stadträten bisher noch nicht angekommen. Hier haben immer noch die Parteien ihre Finger im Spiel und nicht selten spielen dabei auch Landes- und Bundespolitik eine Rolle.

Jedoch: Parteilose haben es schwerer als Parteigebundene. Die können sich nämlich auf die Unterstützung „ihrer“ Parteien verlassen. Dass diese dann schon bald den protegierten Gewählten eine „Rechnung“ vorlegen, ist klar. Nichts ist umsonst und jede Investition muss sich lohnen.

Was würde denn passieren, wenn der Bürgermeister, der komplette Stadtrat oder die Gemeindevertretung ohne jeglichen Einfluss, also parteilos fungieren würden? Nichts Negatives, so denke ich.  Die Arbeit, eine Kommune zu leiten und die Bürger zufrieden zu stellen blieb für die Stadtoberhäupter die gleiche. Stadtverordnete oder Gemeindevertreter könnten jedoch ohne den oftmals hemmenden Fraktionszwang ihre Stimmen und damit ihre ganz persönliche Meinung vertreten.

Die Bürger, um die es letztlich immer gehen sollte, brauchten die von ihnen Favorisierten nicht nach Parteizugehörigkeit, sondern lediglich nach Eignung und Charakter zu wählen.

Geht nicht? Geht doch! In der Nachbarkommune Driedorf wird genau dies zumindest in Sachen Bürgermeister praktiziert. Die Parteien haben keinen Kandidaten/Kandidatin aufgestellt und der einzige Bewerber fürs Amt hat seine FWG-Zugehörigkeit zumindest vorübergehend abgelegt. Schön und gut. Wie ich schon in einem anderen Beitrag bemerkte, ist es lediglich schade, dass die Driedorfer nur bei einem Kandidaten ihr Kreuzchen machen können oder auch nicht. Das kann die Wahlbereitschaft gefährden, weil viele sich sagen könnten, der wird ja doch gewählt.

Viele Menschen in den Nachbargemeinden stellen sich auch die Frage: „Haben die denn da oben nur einen geeigneten Menschen für das ja immerhin gut dotierte Amt?“ Sei es wie es ist, es geht alles mit rechten Dingen zu. Mehr zaghaft posten die Driedorfer Parteien ihre Unterstützung für DEN Bürgermeisterkandidaten und das ist doch auch etwas. Wichtig für ihn und das Amt ist, dass er frei und weitgehend unbeeinflusst durch politische Gruppierungen bleibt.

In der Bärenstadt Herborn sieht das alles noch ein wenig anders aus. Fünf Kandidaten plus Amtsinhaberin bewerben sich um den Bürgermeisterposten. Vier davon sind von „ihren“ Parteien aufgestellt, zwei sind parteilos und die Bürgermeisterin ebenfalls.

Verwunderlich ist nur, dass vier Herborner Parteien sich eigentlich auf einen gemeinsamen Kandidaten geeinigt hatten. Das war dann doch nichts. Letzten Endes gings es dann doch um die Parteiprofilierung, die bei dieser Regelung zu kurz gekommen wäre.

Jetzt hat der Wähler die Qual der Wahl und inwieweit dabei dessen eigene Parteizugehörigkeit eine Rolle spielt, lässt sich nur vermuten. Am 4. Mai (Sonntag) ist der Tag der Wahrheit und man kann nur hoffen, dass die Bürgerinnen und Bürger ihr Wahlrecht nicht nur als Pflicht, sondern tatsächlich als Privileg ansehen. Noch so ganz nebenbei: Die Auszählung der Stimmen in den einzelnen Wahllokalen kann jeder Bürger vor Ort beobachten und auch von diesem Recht sollte regen Gebrauch gemacht werden. sig

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert