SPD gegen CDU hieß es bei der Wahl für den Bürgermeister in Driedorf (Lahn-Dill). Die meisten Stimmen erhielt am Ende Amtsinhaber Carsten Braun (CDU). Er kam auf 78,3 Prozent der Stimmen, sein Konkurrent Felix Voigt (SPD) erhielt 21,7 Prozent der Stimmen.
Braun startet damit in seine zweite Amtszeit. 60,2 Prozent der Wahlberechtigten gaben bei der Wahl in Driedorf ihre Stimme ab.
Quelle: Hessenschau am 08.05.2022 um 19.06 Uhr
Carsten Braun. Archivbild: Gerdau
Ob es wirklich SPD gegen CDU bei der Driedorfer Bürgermeisterwahl ging, wie die Hessenschau behauptet, lassen wir einmal dahingestellt. Höchstwahrscheinlich haben die Driedorfer Bürgerinnen und Bürger das gemacht, was der Gesetzgeber mit der Einführung der Direktwahl in Hessen 1992 vorsah. Sie wollte ihnen die Entscheidung für den Besten ihrer Kommune in die Hand geben und es nicht vom Partei-Proporz abhängig machen.
Die Bevölkerung, der Westerwaldkommune mit ihren neun Ortsteilen, hat aus den kostenintensiven Fehlern der Vergangenheit gelernt. Auch die ansehnliche Wahlbeteiligung zeugt nicht gerade von politischem Desinteresse. Man kann die Wählerinnen und Wählern nur beglückwünschen, dass sie sich mit ihrem Gang zur Wahlurne wieder einmal sehr engagiert um die zukünftigen Geschicke ihres Ortes bemüht haben. Carsten Braun, dem neuen alten Bürgermeister, der seine zweite Amtszeit mit einem Paukenschlag beginnen kann, kann man nur herzlich gratulieren und ihm für die kommenden sechs Jahre eine glückliche Hand für die Geschicke seiner Gemeinde wünschen.
Hui Wäller allemol textete Adolf Weiss der Mademühlener Heimatdichter 1913 für ein Preisausschreiben des Bonner Westerwaldvereins und gewann es. Der Ruf hat sich bis heute gehalten und dient immer noch als Erkennungszeichen für den Westerwälder und dies rund um den Erdball.
Hui Wäller allemol, verehrter Bürgermeister Braun. Der Ruf ist nicht nur ein Zeichen, sondern Verpflichtung zugleich. Die überwiegende Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger setzt auch weiterhin auf ihre Innovationskraft sowie ihre fachliche und menschliche Integrität.
Gemäß des Hessischen Brand- und Katastrophenschutzgesetz, § 3 (2) ist die Hilfsfrist von der Alarmierung bis zur wirksamen Hilfe in Hessen auf 10 Minuten festgesetzt. Bundesweit variiert diese Frist und kann je Bundesland bis zu 17 Minuten betragen. Das setzt die Feuerwehren ganz schön unter Druck, weil die Entfernungen von der Feuerwache bis zum möglichen Brandobjekt stellenweise sehr weit sind.
Bürgerschutz hat höchste Priorität
Das Hessische Innenministerium ist als oberste Landesbehörde für den Brandschutz, den Katastrophenschutz und die Förderung des Ehrenamtes im Brand- und Katastrophenschutz zuständig. Innenminister Peter Beuth (55) der somit auch der oberste Brandschützer in Hessen ist, will an dieser Hilfsfrist nicht rütteln. Der Landesfeuerwehrverband Hessen e. V., kurz LFV Hessen, mit Sitz in Kassel sehe das ebenso, sagte der Staatsminister bei seinem Besuch der Freiwilligen Feuerwehr in Driedorf in aller Deutlichkeit. Vor den Vertretern aller Driedorfer Wehren und Mitgliedern der Gemeindevertretern, führte er weiter aus, dass seine Aufgabe darin bestehe „sich um den Schutz der Bürger zu kümmern.“ Da die Hilfsfrist-Forderung oft an die Grenzen ihrer Möglichkeiten stoße, gäbe es sicher berechtigte Einwände seitens der Fachleute, aber man könne diese Frist im Interesse der Bürgerinnen und Bürger nicht flexibel gestalten, so der Minister, der den Fachmann für Feuerwehrangelegenheiten in Hessen Abteilungsleiter Dr. Tobias Bräunlein dabei hatte.
Peter Beuth mit seinem Abteilungsleiter Tobias Bräunlein (vorne rechts)
Ein weiters Thema war die interkommunale Zusammenarbeit und Zusammenlegung der Ortsteilwehren. Das sei in der Westerwaldgemeinde auf einem guten Weg, berichtete Bürgermeister Carsten Braun. Gespräche mit dem Renneroder Verbandsbürgermeister Gerrit Müller verliefen sehr positiv, so dass eine zukünftige gegenseitige Hilfeleistung über Landesgrenzen hinweg, denkbar wären.
Ein kleines Dankeschön vom Bürgermeister (rechts).
Die Fusionen der Wehren Hohenroth und Heisterberg, die Ertüchtigung der Feuerwehrstandorte Heisterberg und Waldaubach sowie die Fusion der Ortsteilwehren Mademühlen und Münchhausen sprächen in diesem Zusammenhang für sich. Großes Lob dafür vom Minister und der Hinweis, man müsse einfach die Zeichen der Zeit erkennen und entsprechend handeln.
Ein weiteres großes Problem, welches bundesweit den Freiwilligen Feuerwehren, aber auch den Städten und Kommunen unter den Nägeln brennt, kam ebenfalls in dem Zielgruppengespräch intensiv zur Sprache. Immer weniger junge Menschen seien bereit den Dienst für die Nächsten auf sich zu nehmen. Wenn sich dies noch mehr verschlimmere, müsse man an Berufswehren denken und dies mit all den Kosten, die dann auf die Bürger zukäme, gab Landtagsabgeordneter Jörg-Michael Müller zu bedenken.
MdL Jörg-Michael Müller
FFW Jugendwarte machen guten Job
Beuth, der sich sehr gut auf die Veranstaltung vorbereitet hatte, lobte in diesen Zusammenhang die Arbeit der Jugendwehr und besonders deren Ausbilder. Die machten nicht nur als Feuerwehrleute einen guten Job, sondern seien zusätzlich mit hohem Engagement bereit, sich in der Keimzelle der Wehren, der Jugendfeuerwehr, in hohem Maße zu engagieren. Dies könne überhaupt nicht hoch genug eingeschätzt werden. Jugendwart Frank Heidrich und sein Stellvertreter Dominic Braun vernahmen es mit sichtlichem Genugtun.
Die Frage nach der Digitalisierung der Sirenensteuerung beantwortete Beuth wie folgt: „Aus aktuellem Geschehen steigen die Anträge aus den Kommunen drastisch. Mein Ministerium, respektive die Abteilung von Dr. Bräunlein, arbeitet jedoch mit Hochdruck an der Realisierung und man ist auf einem guten Weg,“ so der Minister. Die Frage nach der Festhaltung an den Normen für Geräte und Arbeitsschutz und ob da keine Lockerung möglich sei, beantwortete er mit einem klaren Nein. Für Normen besonders da, wo sie den Arbeitenden schützen und ihm helfen sollen, gäbe es keine Alternative.
Anforderungen an Wehrleute immer höher
Aus den Reihen der in bestes Tuch gehüllten Uniformierten, kam die Frage, ob man an höherer Stelle glaube, Führungskräfte gewinnen zu können, wenn man die Anforderungen immer höherschraube. Dies werde besonders deutlich seit der immer ausführlicheren Gefahrstoff-Atomar-Biologisch-Chemisch-Zug (GABCZ)-Ausbildung. Diese Modulausbildung für alle Wehrführer beanspruche deren Zeit und belaste damit zusätzlich die Arbeitssituation der Führungskräfte. Staatsminister Peter Beuth betonte in aller Deutlichkeit, dass die Ausbildung das vorrangige Ziel jeglicher Bemühungen sei. Natürlich habe auch die Beschaffung von Fahrzeugen und Gerät einen hohen Stellwert. Ohne die entsprechende Ausbildung, sei die jedoch zweitrangig.
Beuth hoff auf Verständnis bei Unternehmer
Sicher konnte Peter Beuth zu dieser Frage nicht mehr sagen, als dass Ausbildung von elementarer Wichtigkeit sei. Aber zum Thema Freistellung vom Arbeitsplatz bei Brandeinsätzen hatte er einiges zu berichten. Man sei seitens des Ministeriums und der Arbeitgeberverbände sehr intensiv im Gespräch und er hoffe dabei auf genügend Verständnis bei den Unternehmern für die Situation ihrer Mitarbeiter zu stoßen. Zusammenfassend kann man feststellen, dass der Besuch ihres Dienstherrn eine hohe Würdigung der Driedorfer Wehrleute bedeutete. Diesen Eindruck bestätigten sicher auch die teilnehmende Führungkräfte nämlich der LDK-Kreisbrandinspektor (KBI) Harald Stürtz (vorne Bildmitte) und der Driedorfer Gemeindebrandinspektor (GBI) Frank Merkelbach (ganz links im Bild). Fotos: Gerdau
Mit einer Protestaktion machten am Freitag der „Gehörlosen Ortsbund und Sportverein Herborn e.V“ (GOSV) gemeinsam mit der gemeinnützigen GmbH „Hand & Ohr“ auf dem Herborner Marktplatz auf sich aufmerksam. „Tempo machen für Inklusion-barrierefrei zum Ziel“, stand im Mittelpunkt der Kampagne.
Die geöffnete Linke mit dem Zeichen für Ohr von der rechten Hand dagegen, ist das Symbol für Hand & Ohr. Foto: Gerdau
Hand & Ohr wurde 2019 ins Leben gerufene. Sie ist eine Anlaufstelle für Gehörlose und hörbehinderte Menschen sowie deren Angehörigen. Während sich der GOSV mittlerweile verstärkt auf Selbsthilfegruppen, Veranstaltungen, Freizeit- und Sportangebote konzentriert, befasst sich Hand & Ohr mit Themen aus dem Bereich der sozialen Fragestellung. Dazu gehören die Corona-Soforthilfe, die Teilhabeassistenz, Audiotherapie eine Gebärdensprachschule (Hausgebärdensprachkurse, Einzel- und Gruppenkurse) die umfangreiche Pflegeberatung sowie die Öffentlichkeitsarbeit.
Der Gehörlosen Ortsbund und Sportverein Herborn engagiert sich mit seinen aktuell 150 Vereinsmitgliedern seit 1928 für gehörlose Menschen im Lahn-Dill-Kreis und Umgebung. Zu den regelmäßigen Angeboten zählen unter anderen die Selbsthilfe, Senioren-und Familientreffs, Kultur- und Bildungsangebote, sowie umfassende sportliche Aktivitäten. Gemeinsame Wander-, Rad- und Kanutouren runden das Portfolio ab.
Der 1. Vorsitzende des GOSV Hans Beilborn
Hans Beilborn
ist auch Geschäftsführer von Hand & Ohr. Kontakt: Gehörlosen Ortsbund u. Sportverein Herborn e.V. Postfach 1217, 35722 Herborn. E-Mail: hans.beilborn@gl-herborn.de.
Was ein Metallarbeiter, eine Verkäuferin oder eine Servicekraft verdient weiß vermutlich jeder. Auch der Meisterlohn, das Einkommen eines Ingenieur oder eines Pfarrers ist weitgehend bekannt.
In Anbetracht, der anstehenden Bürgermeisterwahl kam mir die Idee mal nachzuschauen, was denn ein Bürgermeister, Abgeordneter oder Minister verdient und was sie beim Ausscheiden aus ihren Dienstposten eint.
Um diese Daten zu eruieren, braucht man keine Glaskugel.
Ministergehälter
Die Gehälter der Minister werden Amtsbezüge genannt, die sich aus verschiedenen Komponenten zusammensetzen. Der Bundeskanzler bezieht derzeit rund 20.702 Euro monatliches Amtsgehalt. Hinzu kommt eine steuerfreie Dienstaufwandsentschädigung von rund 12.271 Euro im Jahr. Die Bundesminister verdienen etwas weniger, erhalten aber mit rund 16.815 Euro pro Monat immer noch ein stattliches Salär. Auch ihnen steht eine jährliche steuerfreie Pauschale zu in Höhe von etwa 3.681 Euro.
Übergangsgeld
Wer die Bundesregierung verlässt, fällt erst einmal weich. Bereits nach einem Tag Amtszeit stehen einem Bundesminister rund 75.660 Euro Übergangsgeld zu. Je nach Dauer der Amtszeit kann das Übergangsgeld auf knapp 227.000 Euro steigen, das maximal zwei Jahre nach Ausscheiden gewährt wird.
Ruhegehalt
Wer mindestens vier Jahre lang Bundesminister war, kann sich über eine Pension von 4.660 Euro pro Monat freuen. Mit jedem weiteren Jahr als Regierungsmitglied steigt die Pension um weitere 400 Euro monatlich bis maximal 12.060 Euro. Für Bundesminister gilt die gleiche Regelaltersgrenze wie für Bundesbeamte, also die schrittweise Anhebung auf 67. Doch können ehemalige Bundesminister unter Umständen schon mit 60 ihr Ruhegehalt in Anspruch nehmen.
Das bekommen Bundestagsabgeordnete
Das Grundgehalt eines Bundestagsabgeordneten, das offiziell als Abgeordnetenentschädigung bezeichnet wird, beläuft sich seit dem 1. Juli 2021 auf 10.012,89 Euro pro Monat. Die Höhe orientiert sich am Gehalt eines Richters an einem obersten Gerichtshof des Bundes und passt sich jedes Jahr auf Basis des vom Statistischen Bundesamt ermittelten Nominallohnindexes an, also der allgemeinen Lohnentwicklung in Deutschland.
Dieses Einkommen muss, genau wie Lohn oder Gehalt eines jeden Arbeitnehmers, versteuert werden. Sozialabgaben werden ebenfalls geleistet, wie Beamte erhalten sie aber auch Beihilfe für Kranken- und Pflegeversicherung. Wer mindestens ein Jahr Abgeordneter im Bundestag war, hat mit Vollendung des 67. Lebensjahres Anspruch auf eine Altersentschädigung. Die Höhe dieser Altersentschädigung richtet sich nach der Dauer der Zugehörigkeit – für ein Jahr beträgt sie 2,5 % der aktuellen Abgeordnetenentschädigung und mit jedem zusätzlichen Jahr wächst sie um weitere 2,5 %. Bei maximal 65 % der aktuellen Abgeordnetenentschädigung ist allerdings die Obergrenze erreicht.
Neben den Abgeordnetenentschädigungen, die oft auch als Diäten bezeichnet werden, erhalten alle Parlamentarier monatlich eine steuerfreie Kostenpauschale in Höhe von aktuell 4.560,59 Euro. Damit soll die Zweitwohnung in Berlin, Fahrten innerhalb des Wahlkreises oder andere Aufwendungen finanziert werden, die durch das Mandat entstehen. Welche Kosten tatsächlich anfallen, wird dabei allerdings nicht geprüft.
Damit die Abgeordneten ihre Aufgaben effektiv erfüllen können, bekommen sie ein 54 Quadratmeter großes Büro in Berlin, das komplett mit Kommunikationsgeräten und Möbeln ausgestattet ist. Die Dienstfahrzeuge des Bundestags können im Berliner Stadtgebiet kostenfrei genutzt werden. Außerdem erhalten die Mandatsträger zusätzlich eine Amtsausstattung, die Geld- und Sachleistungen für Mitarbeiter, Reisekosten und Büros umfasst:
Büroausstattung
Bis zu 12.000 Euro stehen jedem Abgeordneten pro Jahr für Büromaterial, Telefonkosten, Mobiltelefone, Porto etc. für die Büros in Berlin und im Wahlkreis zur Verfügung. Um dieses Budget nutzen zu können, müssen allerdings Belege eingereicht werden. Für neu gewählte Abgeordnete kommen im Debütjahr ihrer Bundestagsmitgliedschaft weitere 255,65 Euro hinzu.
Reisekosten
Alle Bundestagsabgeordnete fahren kostenfrei in der 1. Klasse der Betriebe der Deutschen Bahn. Die Kosten für Inlandsflüge trägt der Bundestag, Dienstreisen ins Ausland müssen jedoch vorab genehmigt werden. Fahrten innerhalb des Wahlkreises, die der Ausübung des Mandats dienen, sind durch die oben genannte Kostenpauschale abgedeckt.
Bürgermeister-Einkommen in Hessen
Allgemeine Faustregel gilt: Je größer die Einwohnerzahl der Stadt, desto höher auch das Gehalt.
5.001 bis 10.000 Einwohner: Besoldungsgruppe A 15 (5.529,26 – 7.018,85 €)
10.001 bis 15.000 Einwohner: Besoldungsgruppe A 16 (7.018,85 – 7.818,45 €)
20.001 bis 30.000 Einwohner: Besoldungsgruppe B 3 (8.632,66 €)
In der Regel sind alle Bürgermeister von Gemeinden, welche eine gewisse Einwohnerzahl unterschreiten, lediglich ehrenamtlich angestellt – diese Grenze liegt etwa in Bayern bei 5.000 Einwohnern. Hat eine Stadt zwischen 5.000 und 10.000 Bewohner, so darf der Gemeinderat entscheiden.
Bürgermeister erhalten nach ihrem Ausscheiden schon nach einer Amtszeit, die in Hessen sechs Jahre dauert, ein lebenslanges Ruhegehalt in Höhe von 35 Prozent der aktuellen Amtsbezüge ein. Und das unabhängig vom Lebensalter und seiner Erwerbsfähigkeit. Diese Regelung gilt für alle kommunalen Wahlbeamten, zu denen auch Land- oder Kreisräte gehören.
Hessische Landtagsabgeordnete erhalten monatlich eine zu versteuernde Abgeordnetenentschädigung (auch „Diäten“ genannt) in Höhe von 8.297,00 €.
Die Aufwendungen für Büromaterial, Fachliteratur, Zeitungen, Porto, Telefon und Miete des Wahlkreisbüros werden durch Zahlung einer monatlichen Kostenpauschale abgegolten. Dafür erhält der/die Abgeordnete direkt von der Landtagsverwaltung 966 € pro Monat.
Am vergangenen Montag legten Mitglieder des Arbeitskreises der IG Metall Seniorinnen und Senioren- und Außerbetriebliche Gewerkschaftsarbeit an der Erinnerungstafel in der Burger Landstraße, dem ehemaligen Sitz des Bergarbeiterbandes bis 2. Mai 1933, rote Nelken zum Gedenken an die Stürmung und Besetzung der Gewerkschaftshäuser am 2. Mai 1933 nieder.
Werner Schäfer, Sprecher des IG Metall Arbeitskreises, bei der Blumenniederlegung. Foto: privat
Die Gedenktafel am heutigen Autohaus Grimm, soll an die Verfolgung der Gewerkschaft durch die Faschisten erinnern. Nur wenige Stunden nach dem von dem NS-Staat zum Feiertag erhobenen 1. Mai zum »Tag der Arbeit«, stürmten am 2. Mai 1933 auch in Herborn Nazis das Büro der damaligen Bergarbeitergewerkschaft in der Burger Landstraße 5.
Der alte Dillkreis war in den 30er Jahren schon stark industrialisiert und es hatte sich eine Gewerkschafts- und Arbeiterbewegung entwickelt. Schon kurz nach ihrer Machtergreifung ging es den Nationalsozialisten darum, diese freien Gewerkschaften zu zerschlagen. Die Parteien der Arbeiterbewegung – KPD und SPD – waren schon verboten, beziehungsweise in ihrer Betätigung eingeschränkt.
In Herborn waren den Nationalsozialisten besonders die beiden Gewerkschaftssekretäre Heinrich Becker und Paul Szymkowiak ein Dorn im Auge. Becker gehörte zudem für die Sozialdemokraten dem Reichstag und hatte dort gegen die Ermächtigungsgesetze gestimmt.
Während Becker über das Saarland nach Frankreich flüchtete und dort später verhaftet wurde, nahm man Szymkowiak im Sommer 1933 in Wetzlar in „Schutzhaft“. Dabei wurde er von der Polizei gefoltert. Nach dem missglückten Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 verhaftete man den Gewerkschaftler erneut und verschleppte ihn in ein Konzentrationslager.
Bei der Blumenniederlegung erinnert Andrea Theiß, Gewerkschaftssekretärin der IG Metall Herborn daran, dass es in Herborn nicht nur ein Büro der Bergarbeitergewerkschaft, sondern auch des Deutschen Metallarbeiterverband (DMV) – der Vorläuferorganisation der IG Metall – in der Kaiserstraße gab.
Den dortigen hauptamtlichen Gewerkschaftssekretär Adolf Kunz überfiel und verprügelte die SA am 17. Juli 1932 in seiner Gaststätte in Burg (heute Burger Eck). Der Augenzeugenbericht von Henriette Bretthauer beschreibt den Überfall 1983 detailgetreu.
Der Arbeitskreis will mit einer repräsentativen Gedenkveranstaltung am 17. Juli 2022 an die Geschehnisse am gleichen Tag im Jahr 1932 in Burg erinnern. Eine Projektgruppe trifft sich, um die Ausgestaltung der Erinnerungstafel und der Veranstaltung vorzubereiten. Mit dabei sein wird Holger Gorr, Verfasser des Geschichtsbandes „Verdammte Geduld“ über die Situation und Kämpfe der Arbeiterbewegung im Dillkreis. Der Augenzeugenbericht von Henriette Bretthauer (Gespräch vom 22. April 1983) soll als Zeugnis für die junge Generation mit einbezogen werden. red
Eine befreundete Herborner Familie türkischer Abstammung fand beim Um-und Ausbau ihres Anwesens eine Ausgabe der Nassauischen Neuen Zeitung Dill Post vom Samstag, den 31. Juli 1954.
Sie dachte, dass die mich interessieren würde. Damit lagen sie goldrichtig. In der Ausgabe fand ich einen Artikel des damaligen Präsidenten des Deutschen Bundestages D. Dr. Hermann Ehlers. Dieser erschien mir so vergleichbar aktuell, dass ich ihn hier wiedergeben möchte. Ich habe in den Ehlerschen Zeilen Parallelen zur heutigen Zeit erkannt, die mich tief berühren. sig
„Der Beginn der Katastrophe“
Von Dr. Hermann Ehlers
„Ich versuche mir vorzustellen, wie mir zumute war, als um die Wende des Monats Juli zum August 1914 die Gefahr des drohenden Kriegsausbruchs immer größer wurde. Es waren die Eindrücke eines zehnjährigen Schülers, der natürlich noch kein Bild von der Welt hatte, der in Berlin bei den Frühjahrs-und Herbstparaden und bei Begegnungen mit Soldaten im Lande den ganzen Glanz und die Macht des kaiserlichen Deutschlands kennengelernt hatte.
Das alles verband sich mit einer unheimlichen Erregung der Menschen, mit der Furcht vor Spionen, der Absperrung von Straßen und Durchsuchung von Autos, dem versehentlichen losgegangenen Schuss aus einem Infanteriegewehr und manchen anderen Dingen.
Aber niemand wusste, wie ein Krieg wirklich aussehen würde. Dazu lag der letzte zu weit zurück und niemand hatte eine Vorstellung, welche Kriegsmittel eingesetzt werden würden und wie lange ein solcher Krieg dauern könne.
Das alles schlug sich nieder in der oft genug leichtfertigen Begeisterung, in den Inschriften an Wagen, in denen Soldaten transportiert wurden und auch in Liedern und Sprüchen, mit denen man das Ganze bagatellisierte.
Wenn man heute, nach alldem, was in diesen vier Jahren geschehen ist, zurückdenkt, vermag man sich kaum mehr vorzustellen, dass man in einen Krieg mit diesen bis heute noch nicht abgeschlossenen Folgen so leichtfertig hineingehen konnte- diejenigen, die die politische Verantwortung trugen in allen Völkern und diejenigen, die als Volk in diesen Krieg hineingeworfen wurden.
Repro: Gerdau
Wir haben uns daran gewöhnt, die Zeit vor 1914 als den Höhepunkt des bürgerlichen Zeitalters etwas mitleidig zu betrachten. Sicher ist es dem deutschen Volk und anderen nicht anders gegangen, als es Völkern zu gehen pflegt, die sich außerhalb einer Bedrohung wähnen. Die sich in der Macht ihres Staates gesichert fühlen und die einen ständigen Aufschwung des wirtschaftlichen Lebens mitmachen.
Mit etwas anderen Maßstäben haben wir das in den vergangenen Jahren ja auch wieder kennengelernt. Es sollte aber niemand vergessen, dass diese Zeit auch eine andere Seite gehabt hat. Es war die am längsten dauernde und gesichertste Friedenszeit, die aus einem System politischen Gleichgewichts, das mit Klugheit von Bismark geschaffen war, die Möglichkeiten zur friedlichen Entwicklung der Völker entnehmen konnte.
Es war aber auch eine Zeit, in der neben der heute so viel zitierten satten Behäbigkeit innere Kräfte lebendig waren, die vielleicht stärker als die Sattheit das Zeitalter bestimmt haben und noch heute fortwirken.
Alles was es an Jugendbewegung in Deutschland gibt, ist auch in dieser Zeit gewachsen. Der große Aufbruch der freien Jugendbewegung, der Wandervogel, entstand um die Jahrhundertwende vom Steglitzer Gymnasium aus, gerade in dem Teil Berlins, der am typischsten das Bürgertum dieser Stadt verkörperte. Die Familien dieses Bürgertums brachten die jungen Menschen hervor, die in einer völlig neuen Weise der Natur begegneten. Die ihr Leben in Freiheit und Selbstbestimmung gestalten wollten und nicht nur einem romantischen Idealismus anhingen, sondern sich ihrer Gesamtverantwortung vor dem Leben und dem Volk bewusst waren.
Wenige Monate vor dem Ausbruch des Krieges war die bewegende Feier der Freideutschen Jugend auf dem Hohen Meißner gewesen. Der war seitdem zum heimlichen Mittelpunkt der Deutschen Jugend geworden. Am bewegendsten ist dabei, dass die meisten der beteiligten jungen Menschen wenige Jahre später ihr Leben auf den Schlachtfeldern im Westen und Osten hingeben mussten.
Es ist Unrecht, die Zeit vor 1914 nur zu schelten. Wir sollten ihre großen bewegenden Kräfte ernst nehmen, gerade weil wir in den vergangenen Jahren erlebt haben, wie die Ausläufer dieser Kräfte zum Instrument einer falschen Herrschaft in unserem Volk gemacht wurden. Der 31. Juli 1914 war der letzte Tag eines friedlichen Zeitalters in Europa. Als am nächsten Tag unter Trommelschlag Unter den Linden bekanntgegeben wurde, der Kaiser und König habe die Mobilmachung des Heeres und der Marine befohlen (der 1. Mobilmachungstag sei der 2. August), begann die Zeit, die wir durchleben und durchleiden mussten.
Wir haben es verlernt solche Ereignisse isoliert zu sehen. Sie stehen für einen einzelnen Menschen und die Gesamtheit der Völker in einem tiefen Sinnzusammenhang. Sie zeigen uns etwas davon, dass Geschichte nicht ein zufälliger Ablauf von Dingen, sondern das Handeln einer über dieser Erde stehenden Kraft ist. Wenn wir es aus diesen vier Jahrzehnten der Katastrophe gelernt haben, dass Menschen nicht die Geschichte aus eigener Autonomie machen, sondern dass sie alle, die aufbauenden und die zerstörenden, in irgendeinem Sinne Gottes Werkzeuge sind, haben wir aus diesen Jahren Entscheidendes gelernt. Nur dann sind wir imstande, für unser gegenwärtiges Handeln das rechte Maß, aber auch die rechten inneren Antriebe zu gewinnen.“
Hermann Ludwig Ehlers (* 1. Oktober 1904 in Schöneberg bei Berlin; † 29. Oktober 1954 in Oldenburg) war ein deutscher Politiker (CDU). Er war von 1950 bis zu seinem Tode 1954 Präsident des Deutschen Bundestages. 1931 bestand Ehlers die große juristische Staatsprüfung und erhielt die Ernennung als Richter auf Probe (Gerichtsassessor). 1936 kehrte Ehlers als Richter beim Landgericht Berlin in den Staatsdienst zurück. Weil Ehlers sich weigerte, der NSDAP bzw. einer ihrer Gliederungen beizutreten, wurde er nicht Beamter. 1937 wurde er wegen „Aufforderung zum Ungehorsam gegen staatliche Anordnungen“ von der Gestapo verhaftet und vom 17. Juni bis 2. Juli 1937 inhaftiert. Im Sommer 1939 wurde er aus dem Staatsdienst entlassen.
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