Ahmadiyya Muslime kehren in Herborn

Die Stadt lag um 7.30 Uhr noch in tiefem Schlummer. Es waren erst wenige Stunden vergangen, als es aus allen Ecken und Kanten knallte und die Menschen das neue Jahr mit Raketen und Böllern begrüßten. Im Gebetszentrum der Ahmadiyya im Herborner Stadtteil Burg hatten sich die Mitglieder dieser islamischen Reformgemeinde zum Gebet eingefunden und bereiten anschließend ihre jährliche Putzaktion in der Herborner Innenstadt vor.

Nach dem Gebet und einem Frühstück sammeln für die Sauberkeits-Aktion.

Etwa 30 überwiegend junge Männer hatten sich unter der Führung von Samar Ahmad in drei Gruppen aufgeteilt, um die Hinterlassenschaften der Neujahrsnacht zu entfernen. In der Bahnhofstraße sah es besonders wüst aus, aber auch vor dem Bahnhof oder dem Markt- und Schießplatz war es nicht viel besser. Besen und Schippen ebenso wie große Müllbeutel hatten sie aus ihrem Gebetszentrum geholt und füllten mit Feuereifer die Müllsäcke.

Die Überbleibsel einer lauten Nacht blieben einfach liegen

 Der für die Herborner Gemeinde zuständige Imam und Theologe Arslan Ahmad Sindhu war in diesem Jahr nicht vor Ort. Schließlich gibt es in seinem Wirkungsbereich noch andere Orte wo die Ahmadiyya ihr segensreiches Werk verrichteten. Mit dabei war jedoch der Herborner Bürgermeisterkandidat Michael Scheld (parteilos). Er wollte den ehrenamtlichen Einsatz der „Saubermänner“ persönlich und vor Ort erleben und hatte auch mehrere Thermoskannen Tee für sie im Gepäck.

Zwei Sorten heißer Tee von Michael Scheld kamen gut an

Kaum zu glauben welche Mengen von abgeschossenen Feuerwerks-Batterien und Umverpackungen herumlagen. Einer der jungen Männer meinte: „Was man alles Gute mit diesem „verschossen Geld“ hätte machen können.“  

Die Frage, die den Ahmadiyya jedes Jahr neu gestellt wird, „warum macht ihr den Dreck anderer Leute überhaupt weg“, beantwortete Samar Ahmad so überzeugend wie schlüssig. „Wir sahen und sehen immer noch diese deutschlandweit stattfindenden Neujahrs-Putzaktionen als ein Zeichen der Dankbarkeit“, sagte er und fügte hinzu, dass man damit auch jungen Menschen dem bürgerlichen Ehrenamt nahebringen wolle.

Halbzeit bei der Putzaktion. Die „Ausbeute“ konnte sich bereits sehen lassen.

200 Ahmadiyya-Gemeinden nehmen alljährlich in Deutschland an dieser Putzaktion teil. Frauen und Mädchen, die bei der muslimischen Ahmadiyya-Gemeinde absolut gleichwertig sind, will man mit dieser Arbeit jedoch nicht belasten.

Wer sind die Ahmadiyya ?
Die Ahmadiyya Muslim Jamaat (AMJ) wurde 1889 in Indien gegründet, und ist mittlerweile mit zehn Millionen Mitgliedern in über 220 Ländern weltweit die größte Gemeinschaft unter den organisierten Muslimen. In den einzelnen islamischen Staaten ist sie dennoch eine Minderheit. Ihr Hauptsitz befindet sich aktuell in Tilford, Großbritannien.
Nach eigenen Angaben ist sie die einzige islamische Bewegung, die mittlerweile seit mehr als 100 Jahren von einem rein spirituellen Khilafat geleitet wird. Der Kalif der AMJ ist Seine Heiligkeit Hadhrat Mirza Masroor Ahmad (aba). Die Ahmadiyya wollen für die ursprünglichen Werte des Islam eintreten. Diese sind nach ihrer Überzeugung Barmherzigkeit gegenüber allen Menschen, absolute Gerechtigkeit, Gleichwertigkeit von Frau und Mann, Trennung von Religion und Staat, Beendigung gewalttätiger Aktionen im Namen der Religion sowie die Menschenrechte, wie sie im Koran festgelegt worden sind. Ihr Grundsatz: „Es soll kein Zwang sein im Glauben!“ (2:257), so stehe es im Koran, und dazu passt auch ihr Wahlspruch „Liebe für alle, Hass für keinen.“
Die AMJ ist seit 2013 die erste islamische Körperschaft des öffentlichen Rechts und damit den großen Kirchen rechtlich gleichgestellt. Seit dem gleichen Jahr bietet sie als Partner des Landes Hessen den bekenntnisorientierten Islamunterricht an Grundschulen an.
Die ihrer Meinung nach zeitgemäße Interpretation des Islam, wird von vielen orthodoxen Muslimen als häretisch gebrandmarkt und in fast allen islamischen Ländern verfolgt, so dass die AMJ heute die am meisten verfolgte islamische Gemeinde der Welt ist. Einer der Gründe dafür sind, dass die AMJ die einzige islamische Bewegung ist die daran glaubt, dass der von allen Muslimen erwartete Reformer und Messias in der Person Seiner Heiligkeit Hadhrat Mirza Ghulam Ahmadas (1835-1908) von Qadian (Indien) bereits erschienen ist. Alle anderen Muslime warten nach wie vor auf diese Person. sig/Fotos: Gerdau

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