Ist die Subventionierung der christlichen Kirchen noch zeitgemäß

Eine der Haupteinnahmequellen der Kirche ist die Kirchensteuer – im Jahr 2021 etwa sechs Milliarden Euro für die evangelische und 6,7 Milliarden Euro für die katholische Kirche. Darüber hinaus finanzieren sich die Kirchen aus diversen Quellen. Eine davon sind die sogenannten Staatsleistungen, die an die evangelische und katholische Kirche fließen: über 500 Millionen jährlich, im Jahr 2022 sogar an die 600 Millionen – direkt vom deutschen Staat.

Laurentiuskirche in Dietkirchen an der Lahn. Foto: Gerdau

Kirchen erhalten Millionen aus der Staatskasse

Im vergangenen Jahr haben die Länder den beiden Kirchen mehr als eine halbe Milliarde Euro gezahlt. Grundlage dafür ist ein Abkommen, das laut Verfassung schon seit 100 Jahren abgeschafft werden soll. (Stern)

Jedes Jahr geht in Deutschland mehr als eine halbe Milliarde Euro an die beiden großen christlichen Kirchen. Die Grundlage für diese Zahlung ist seit mehr als 100 Jahren entfallen. Ein Unding. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Der Anlass liegt über 220 Jahre zurück. Die Aufgabe, die Regelung wieder aufzuheben, steht seit mehr als 100 Jahren in zwei deutschen Verfassungen. Und doch überweist der deutsche Staat weiterhin jedes Jahr etwa 600 Millionen Euro an die beiden großen Kirchen in Deutschland. Ein Irrwitz der Geschichte, der in der Tat schleunigst beendet werden sollte. (t-Online)

In der Debatte über eine Ablösung der sogenannten Staatsleistungen an die Kirchen hat die Bevollmächtigte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Anne Gidion, die konstruktive Haltung der evangelischen Kirche bekräftigt.

Die EKD-Vertreterin wies darauf hin, dass mit den Staatsleistungen, die in die Eigenhaushalte der Kirchen fließen, ein Teil der kirchlichen Arbeit finanziert werde. Dazu gehörten etwa Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Flüchtlingen, Seelsorge und Begegnungsstätten. „Es geht um die Grundfinanzierung eines Dienstes an der Gesellschaft“, sagte sie. Bei einer Ablösung der Staatsleistungen werde es zu Reduktionen kommen müssen: „Wenn die Haushalte kleiner sind, wird auch die Arbeit kleiner.“ Dies sei „keine Drohung, sondern Rechnung“.

Mit Ausnahme von Bremen und Hamburg haben die Bundesländer Zahlungen an die Kirchen zu leisten. Die Staatsleistungen, oder Pachtersatzleistung, sind nicht zu verwechseln mit den Einnahmen aus der Kirchensteuer ihrer Mitglieder. Die katholische Kirche nahm 2020 rund 6,45 Milliarden Euro aus der Kirchensteuer ein, in der evangelischen Kirche waren es 5,63 Milliarden Euro[SG1] . (Christliche Medieninitiative pro)

Die römisch-katholische Kirche sei mit 8250 km² Grundeigentum größter privater Grundbesitzer in Deutschland. Frerk führte im Jahr 2013 neue Berechnungen durch, nach denen sich das Vermögen der katholischen Kirche 2013 auf bis zu 200 Milliarden Euro belief.

Das Finanzvolumen der evangelischen Kirchen Deutschlands ist gewaltig. Rund 10 Milliarden Euro stehen den 20 evangelischen Landeskirchen und fast 16.500 Gemeinden jedes Jahr für ihre Arbeit zur Verfügung. Die Hälfte davon stammt aus den Einnahmen durch Kirchensteuern und Gemeindebeiträgen.

Was verdient ein Kardinal netto?

Das Gehalt eines Kardinals beträgt in Deutschland in der Regel rund 11.500 Euro monatlich, hinzu kommen ein Dienstwagen und eine kostenlos zur Verfügung gestellte Wohnung. Einige Erzbischöfe verdienen mit ca. 13.600 Euro im Monat noch mehr

Auch das Auskommen der deutschen Bischöfe orientiert sich an Beamten, hier aber an der höheren Besoldungsordnung B – wiederum mit regionalen Unterschieden. Somit ist die Bezahlung von Bischöfen zum Teil mit der von Staatssekretären vergleichbar. Grob gesagt bekommen Erzbischöfe etwa 12.000 Euro Grundgehalt im Monat, andere Diözesanbischöfe liegen bei etwa 9.000 bis 10.000 Euro monatlich. Im Bistum Magdeburg erhält der Bischof etwa 60 Prozent dessen, was die Besoldungsordnung vorsieht. Auch hier kommen Dienstwohnungen und –wagen dazu, inklusive Chauffeur.

Einen wichtigen Unterschied gibt es hier aber noch: woher das Geld kommt. Denn während Pfarrer, Pfarrvikare oder Kapläne aus Kirchensteuermitteln bezahlt werden, werden Bischöfe, Weihbischöfe und Domkapitulare in der Regel auch aus der Staatskasse entlohnt. Diese Konstruktion ergibt sich unter anderem aus dem noch zur Zeit Napoleons ausgehandelten Reichsdeputationshauptschluss, mit dem die Kirchen bis heute für Enteignungen aus der Zeit der Säkularisation entschädigt werden. Mehrere Konkordate haben diese Zahlungen festgeschrieben. Allerdings zahlt der Staat die Bischofsgehälter nicht direkt. Vielmehr gibt es Pauschalzahlungen der Länder an die Bistümer, die das Geld für Personal- und Sachkosten verwenden.

In Frankreich wird keine Kirchensteuer erhoben. Aufgrund der strikten Trennung von Kirche und Staat (Laizismus) finanziert sich die Kirche aus den freiwilligen Beiträgen ihrer Mitglieder. Zum Kirchenzehnt (denier d’eglise), zu dem die Diözesen jährlich aufrufen, steuert aber nur eine Minderheit der Katholiken bei. Beispielsweise spendeten 2012 rund 1,25 Mio. Menschen einen Beitrag zum Kirchenzehnt.[5]

Im Jahr 2012 nahm die katholische Kirche in Frankreich 613,4 Mio. Euro ein.

Sonderstatus von Elsass-Lothringen

Die katholische Kirche in den Départements Bas-Rhin, Haut-Rhin und Moselle, also in den Gebieten, die 1871–1918 als Reichsland Elsass-Lothringen zum Deutschen Reich gehörten, genießt gewisse Vorrechte. Dies rührt daher, dass diese Territorien von der Trennung von Kirche und Staat nicht betroffen waren. Auch nach der Wiederangliederung an Frankreich übertrug man das Gesetz nicht auf diese Gebiete, sondern beließ es beim schon vor 1871 gültigen Recht, das auf dem napoleonischen Konkordat aus dem Jahr 1801 beruhte. Daher werden in diesem Gebiet katholische Priester, protestantische Pfarrer und Rabbiner vom Staat bezahlt, an öffentlichen Schulen wird katholischer und protestantischer Religionsunterricht erteilt.

Einmalzahlung oder Raten

Damit die Kirche auf die Staatsleistungen verzichtet, muss ihr erst ein lukratives Angebot gemacht werden: sozusagen die Entschädigung für die Entschädigung – die Ablösesumme. „Es führt verfassungsrechtlich an einer Entschädigung der Kirchen für diese Ablösung kein Weg vorbei“, sagt der Jurist Hans Hofmann.

Wie diese Ablösung aussehen könnte, da gebe es verschiedene Modelle, sagt Hofmann: „Dafür kommt zum Beispiel das Äquivalenzprinzip infrage, das im Bewertungsgesetz bestimmte Berechnungen zugrunde legt.“ Das Äquivalenzprinzip – also das Prinzip der Angemessenheit – sieht vor, dass die Kirchen durch die Ablösung finanziell nicht schlechter gestellt werden. Der Gesetzesvorschlag von den Linken, Grünen und der FDP von 2020 orientiert sich beispielsweise daran.

Entscheidend seien aber die Ablösungsmodalitäten, so Hofmann. „Da kommen drei Instrumente infrage: Einmalzahlungen, Ratenzahlungen, aber auch die Ausgabe von Wertpapieren oder gehandelten Staatsanleihen, und zu diesem Zweck gibt es zurzeit Gespräche zwischen der Bundesregierung, den Ländern und auch den betroffenen Kirchen.“ Quellen: Rainer Brandes, Liane von Billerbeck, Deutschlandradio, KNA, epd, statista, Humanistische Union, EKD, lkn


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