„Vielleicht ist die Redaktion der Bildzeitung meine letzte vertraute politische Heimat“, glaubt Leser Gregor Strabel und fügt hinzu:

Zwei Kommentare aus der Redaktion der Bildzeitung machen deutlich, warum ich mit dem Wahlkampf meiner Partei so unzufrieden bin. Der Chefredakteur Robert Schneider schreibt am 11. Januar unter dem Titel ‚Wie gut schlafen Scholz und Merz noch?“:

Seit Wochen verspricht Olaf Scholz seiner Partei eine Aufholjagd, an deren Ende die SPD stärkste Partei bleibt.

Die Aufholjagd hat längst begonnen, aber anders als erwartet: Die AfD rückt immer näher an die Union heran. Acht Prozentpunkte beträgt der Vorsprung von CDU und CSU vor den Rechtspopulisten, vor einer Woche waren es noch elf Prozent. Und der Vorsprung von Blau vor Rot wuchs in wenigen Tagen um zwei Prozent.

42 Tage vor der Wahl ist es wahrscheinlicher, dass die AfD die Union überholt, als dass dies der SPD gelingt. Eigentlich dürften Friedrich Merz und Olaf Scholz keine Nacht mehr ruhig schlafen. Denn es spricht wenig dafür, dass der blaue Wahltrend in den nächsten Tagen und Wochen abbrechen wird.

Ganz offenkundig fehlt einem erheblichen Teil der Wähler der Glaube, dass Union und SPD überzeugende Antworten auf ihre größten Sorgen haben – Migration, Kriminalität und Bezahlbarkeit des eigenen Lebens.

Der große Reformator und ebenso große Redner Martin Luther rief einst der Kirche und ihren Priestern zu: „Ihr müsst dem Volk aufs Maul schauen.“ Das scheint mir auch ein guter Rat für Union und SPD. Doch deren Spitzenpersonal redet lieber ihren Mitgliedern und Gremien nach dem Mund und hat den Kontakt zu erheblichen Teilen der Bevölkerung verloren.“

Und am gestrigen Abend ergänzt der Vize-Chef Politik Filipp Piatov unter dem Titel „Die AfD-Brandmauer ist gescheitert, aber sie muss bleiben“ folgende Gedanken:

„Sechs Wochen vor der Bundestagswahl liegt die AfD in Umfragen bei 22 Prozent. Acht Punkte hinter CDU/CSU. Acht Punkte vor der Kanzler-Partei SPD. Das von allen Parteien propagierte Ziel, die AfD zu bekämpfen, ist politisch gescheitert. Und Schuld daran ist auch die Brandmauer. Die Partei durch Ausgrenzung kleinzuhalten, hat nicht funktioniert. Es hat sie nur stärker gemacht.

Die Hauptverantwortung trägt die Union. Sie ließ sich auf die Brandmauer zur Partei AfD ein – und ließ zu lange auch die Finger von den Themen, die (nicht nur) AfD-Wähler umtreiben. Allen voran die Migrationskrise, die so viele Menschen im Land bewegt.

SPD und Grüne wollen AfD nicht schwächen

Die Union ließ sich von der politischen Konkurrenz mit der AfD-Keule dazu treiben, viel zu lange keine Antwort auf die Krise des deutschen Asylsystems zu finden. Es reichte der Vorwurf, vermeintlich zu AfD-nah zu sein, schon distanzierten sich CDU-Politiker geradezu panisch. Und weckten damit bei zu vielen Wählern den Eindruck, sie würden das Mega-Thema Migration am liebsten umschiffen.

Dabei ging es den Parteien links der Mitte nie darum, die AfD zu schwächen. Anders, als sie es bis heute beteuern. Denn die politische Logik lautet, dass eine starke AfD die letzte Hoffnung für Rot-Grün ist, doch noch die Union zu überholen. Je mehr Wähler die AfD von CDU/CSU wegnimmt, desto höher sind Chancen von SPD und Grünen auf das Kanzleramt.

Hätte die SPD ein Interesse daran gehabt, die AfD zu schwächen, dann hätte sie selbst eine Migrationswende herbeigeführt. So wie die dänischen Sozialdemokraten es längst gemacht haben – und ihre Rechtsaußen-Partei von 21 Prozent (2015) auf 2,6 Prozent (2022) schrumpften. Die deutsche SPD nutzt die AfD lieber für Wahlkampf-Attacken auf die Union. Unter Arbeitern hat die AfD die Sozialdemokraten längst überholt.“

Dann erklärt Piatow, warum es nach der aktuellen Radikalisierung der AfD vor den Wahlen ohne Brandmauer nicht mehr geht. Wer der AfD genauer zugehört hat, kennt diese Allmachtsphantasien von kleinen Leuten, wenn sie androhen, was passiert, wenn man erst mal die Macht hat. Einfach widerlich und ein Zeichen, dass   hier nicht mehr ein Politik-, sondern eher ein Systemwechsel angestrebt wird. Entscheidend sind dann aber die letzten Sätze des Kommentars:

„Wer die AfD wirklich bekämpfen will (und es nicht nur im Wahlkampf behauptet), muss um ihre Wähler kämpfen. Darunter viele, die vor Kurzem noch Union und SPD gewählt haben. Doch eine Koalition mit der Partei ist nicht mehr möglich.“

Im Kloster Seeon hat Friedrich Merz offen bekannt, dass in den Jahren nach 2015 entscheidende Fehler bei der Politik der offenen Grenzen von der Union gemacht worden sind. Wenn es uns in den nächsten Wochen nicht gelingt, der AfD die entscheidenden Prozentpunkte abzunehmen, indem man alte Stammwähler um einen Vertrauensvorschuss bittet, dann kommt es zu einer Groko oder einem schwarz-grünen Bündnis ohne Politikwechsel. Spätestens vier Jahre später wird die blaue Partei dann das Thema zu einer brutalen Kampagne nutzen. Man kann eine Demokratie auch zerstören, in dem man sie mit ungeeigneten Mitteln rettet! Hört endlich auf – Euch etwas vorzumachen!

Ein Gedanke zu „„Vielleicht ist die Redaktion der Bildzeitung meine letzte vertraute politische Heimat“, glaubt Leser Gregor Strabel und fügt hinzu:

  • 27. Januar 2025 um 19:33 Uhr
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    Du spricht aus meinem Herzen. Danke.

    Antwort

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