EssZimmer setzt auf Nachhaltigkeit

Von Siegfried Gerdau

Die Inhaber des gutbürgerlichen Restaurants EssZimmer, in der Herborner Konrad-Adenauer-Straße 33 (am Reitstall), Katharina Friedrich (47) und ihre 40-jährige Partnerin Josephine Schmid setzen auf wiederverwendbare Verpackung. Schon seit geraumer Zeit machten sich die beiden Restaurantfachfrauen Gedanken, wie man beim Essenverkauf außer Haus die Verpackungsmengen reduzieren kann oder besser ganz vermeidet. In den mehr als sechs Jahren ihres Bestehens haben sie sich durch gepflegte, gutbürgerliche Speiseangebote mit ihrem 50- Sitzplätze- Restaurant, einen Namen weit über Herborn gemacht.

Auch in der Corona-Pandemie hielten ihnen die Stammkunden, aber auch viele neue Kunden die Treue. Essen außer Haus läuft sehr gut, sagte Katharina aber… die aufwändige „Verpackungsorgie“ und der viele Müll ist auch Küchenchefin Josephine (Josi) ein Dorn im Auge. Durch Zufall sahen sie im September 2020 die Sendung „Die Höhle der Löwen“. Sven Witthöft, Fabian Barthel und Tim Breker stellten in dem beliebten TV-Format ihr Unternehmen und die Marke Vytal vor. Das digitale Mehrwegsystem mit eigenen Leihschalen für Take-Away- und Lieferessen – und das ganz ohne Pfand, begeisterte Josi und Katharina. Sie nahmen mit den Start- Up- Gründern Verbindung auf und seitdem läuft das Geschäft im Esszimmer noch ein Tick besser.

Bisher waren es die Kunden, die von der umwelt- und ressourcenschonenden Idee so begeistert waren, dass sie per Mundpropaganda dafür reichlich Werbung machen.

Josephine Schmid (links) und Katharina Friedrich.

Wie funktioniert das? Im Grunde ganz einfach. Vytal stellt dem Restaurant je nach Nachfrage unterschiedlich große Behältnisse zur Verfügung. Der Kunde installiert auf seinem Smartphone die Vytal-App und gibt die notwendigen Daten ein. Jetzt marschiert er ins EssZimmer und holt seine Bestellungen in den Warmhalte-Gefäßen ab. Jedes der in drei unterschiedlichen Größen orderbare Behältnisse ist luftdicht verschließbar und enthält einen Barcode (Strichcode). Er bezahlt das Gericht, das oder die Gefäße, (so viel wie für den Transport benötigt werden), bekommt er kostenlos und ohne Pfand. Der Restaurantbetreiber scannt den Code und das Geschäft ist gelaufen. Nun hat der Kunde 14 Tage Zeit die Gefäße gespült oder auch ungespült zurückzubringen. Das Restaurant scannt wieder den Barcode und das wars. Die Vytal-Leute werben Übrigens damit, dass einer ihrer Behälter 200 Einwegverpackungen ersetzt.

Ein Sicherheitspolster muss man den Betreibern von Vytal jedoch eingestehen. Wer die Warmhaltebehälter über die zwei Wochen Frist behält, bekommt 10 Euro von seinem Konto abgebucht. Dazu muss er bei der Registratur seiner App seine Kontodaten angeben. Das wird möglicherweise Kunden abschrecken befürchten die Restaurantbetreiberinnen. Muss aber nicht sein. Es kommt es ja nie zu einer Abbuchung, wenn die Fristen eingehalten werden und mit den persönlichen Daten ihrer Kunden gehen die Start-Up-Unternehmer garantiert sehr sorgsam um, weiß Josephine Schmid.

Sie hofft ebenso wie ihre Partnerin, dass sich möglichst noch viele Restaurant- und Gaststättenbetreiber dem tollen System anschließen. Dann können die Kunden nämlich auch überall dort ihre benutzten Gefäße abgeben und müssen nicht zwingend nach Herborn zum EssZimmer fahren.

Kontakt zur weiteren Information und Bestellung: Phone 02772 4499794  

Vytal verspricht: Wir stellen unsere hochwertigen Verpackungen (100% auslaufsicher, BPA-frei, Mikrowellen & Gastrospülmaschinen-geeignet) auf Leihbasis zur Verfügung und werden von unseren Partnern pro Befüllung bezahlt – sodass wir nur dann Geld verdienen, wenn wir tatsächlich auch Verpackungsmüll einsparen.22.08.2020

Derzeit sind die Vytal-Verpackungen vor allem in Deutschland im Einsatz – alleine in Berlin hat das Kölner Startup 50 Partner-Restaurants, in der Heimatstadt Köln sind es 70. Zuletzt ist sogar die REWE aufgesprungen und bietet das innovative Mehrwegsystem in einigen Supermarktfilialen in Deutschland für Salatbuffets an.

Jeder Deutsche verursacht 226,5 Kg Verpackungsmüll pro Jahr.

Das können wir ändern, behaupten die Vytal-Gründer.

Volltreffer, ihr Schulschwänzer!

Kritische Worte eines Reporters von skynews Australien an die jungen Menschen, die kürzlich für das Klima demonstriert haben:

„Ihr seid die erste Generation, die in jedem Klassenzimmer eine Klimaanlage habt, euer Unterricht erfolgt computergestützt, ihr habt einen Fernseher in jedem Raum, ihr könnt den ganzen Tag elektronische Mittel verwenden.

Anstatt zu Fuß zur Schule zu gehen, benutzt ihr alle Arten von Transportmitteln mit Verbrennungsmotor. Ihr seid der größte Konsument von Konsumgütern in der bisherigen Geschichte der Menschheit. Ihr kauft ständig neue Kleidung, um ‚trendy‘ zu sein obwohl die Sachen vom letzten Jahr noch völlig in Ordnung sind. Kaum jemand von euch repariert seine Kleidung, ihr habt keine Ahnung wie man einen kaputten Reißverschluss auswechselt geschweige wie man mit einer Nähnadel umgeht.

Es wird weggeworfen was das Zeug hält. Euer Protest wird durch digitale und elektronische Mittel angekündigt. Euer Handy, Tablet sind 24h online. Ihr seid mit euren ganzen elektronischen Spielzeugen der größte Stromverbraucher.

Leute, bevor ihr protestiert, schaltet die Klimaanlage aus, geht zu Fuss zur Schule, schaltet eure Handys aus, eure PCs, XBoxen, PS4s und lest ein Buch, macht euer Sandwich selber, anstatt es fertig in Plastikverpackungen zu kaufen.

Nichts davon wird passieren, weil ihr egoistisch seid, schlecht ausgebildet, von Leuten manipuliert, die euch benutzen, und sagen, dass ihr eine edle Sache betreibt, während ihr Spaß habt und den verrücktesten westlichen Luxus genießt.

Wacht auf und haltet bloß euren verwöhnten Mund – Findet die Fakten, bevor ihr protestiert und fangt erst mal bei euch selber an die Welt zu verbessern und erklärt nicht Menschen zu Tätern, die ihr ganzes Leben lang nachhaltig gelebt haben“.

Dazu Lisa Neubauer: (Neubauer ist Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen und der Grünen Jugend)

Einige Kritiker werfen Fridays-for-Future-Bewegung vor, dass es viele Menschen gibt, die sich einen nachhaltigen Alltag nicht leisten und etwa nicht in Bioläden einkaufen können. Was sagen Sie dazu?

Es ist leicht, die Klimakrise als eine Art Elitenthema zu diskreditieren. Das ist aber ein Fehlschluss. Wir betonen, dass die Folgen der Klimakrise zuerst diejenigen trifft, die sich am wenigsten wehren können, die vulnerabel sind und schon heute in unsicheren Verhältnissen leben. Die Klimakrise verschärft die sozialen Ungerechtigkeiten weiter, und sie trifft die ohnehin Marginalisierten überproportional. Deswegen sollten gerade diese Menschen vor den Folgen geschützt werden. So gesehen ist guter Klimaschutz etwas, das letztlich mehr Gerechtigkeit stiftet…..

Dann können nur noch Reiche fliegen, oder?

Das zu propagieren finde ich schwierig. Aber natürlich muss Fliegen teurer werden – es muss unattraktiver sein, emissionsintensiv zu leben und damit den Planeten zu zerstören.

„Ich fliege nicht leichtfertig und mittlerweile sehr, sehr selten. Und natürlich kompensiere ich jeden Flug. Ich bin länger nicht geflogen und habe es in der näheren Zukunft auch nicht vor. Ich wollte aber sicher nicht sagen, dass ich noch nie geflogen bin.“ Neubauer in einem WELT-Interview 2019

Im Interview mit Axel-Springer-Vorstand Mathias Döpfner äußerte Neubauer: „Wir müssen aufhören, Öl, Gas und Kohle zu fördern. Wir brauchen eine wohlhabende, glückliche, liebende Gesellschaft, die ohne CO₂-Emissionen leben kann.“ Wir müssen Demokratie neu denken‘ und ‚Wir müssen weg vom quantitativen Wachstum und Konsum, hin zu einem qualitativen Wachstum mit Glück, Freiheit und Liebe‘.“

Sachliche Einwände werden zu Geschwurbel degradiert

Von Jan Schad

Eine ganze Seite hat die Berliner Zeitung gestern meiner Kritik an der Corona-Politik und den #allesdichtmachen-Gegnern eingeräumt. Auch online (allerdings mit Paywall).

Mein Punkt ist, dass es außer Bill-Gates-Chip-Fantastereien (die bevorzugt rausgepickt werden, als wäre das die ganze Kritik) durchaus grundsätzliche und sachliche Kritik an den Maßnahmen gibt.

In Wirklichkeit ist es so, dass jedwede wissenschaftliche Evidenz für die Wirksamkeit (und vor allem die Verhältnismäßigkeit) der von der Regierung durchgeprügelten Grundrechtseinschränkungen fehlt. Die immer wieder gebetsmühlenhaft wiederholten (und mittlerweile von jedem Trottel nachzuplappernden) „Argumente“ sind eben nur oberflächlich betrachtet echte Argumente!

In Bezug auf Corona gibt es zahlreiche Faktoren, die man alle ZUERST abschalten müsste und auch kurzfristig KÖNNTE, bevor man auch nur im Traum daran denken dürfte, hier für 83 Millionen Menschen (die überwiegend kerngesund sind) fundamentale Grundrechte einzuschränken und Lockdown-Kosten von bis zu 2,5 Milliarden Euro pro Woche in Kauf zu nehmen.

Das ist der Knackpunkt: Dass nämlich hier eine Hemmschwelle fällt vor der Antastung von Grund- und Freiheitsrechten!!! Und die Reihe derer, die sich auch zur „Rettung des Weltklimas“ durchgreifende Maßnahmen wünschen, ist lang. Immer mehr Verantwortliche wagen es, sowas auszusprechen oder zumindest anzudeuten. Die Hemmschwelle fällt…

„Im Zweifel für den Angeklagten“, also im Zweifel für die Freiheit, lautet ein zentraler Leitsatz des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaats.

Daraus wird zunehmend das Motto „Im Zweifel GEGEN die Freiheit“… Die Grünen, von ihren Medien-Groupies schon Richtung Kanzlerschaft geschreibselt und von beiden ehemaligen Volksparteien seit langem umgarnt, stehen GENAU DAFÜR!

Im Zweifel auch gegen die Meinungsfreiheit! Meinungsfreiheit birgt doch längst das Risiko, gebrandmarkt, sozial ausgegrenzt, für dumm verkauft und sogar beruflich erledigt zu werden. Nicht nur beim Thema „Corona“!

Davon zeugen auch die Emails zweier bekannter Akteure der #allesdichtmachen-Kampagne an mich (als Reaktion auf meinen Beitrag), die sehr persönlich waren… und teilweise auch deprimierend.

Meine Belege/Quellen für den Beitrag wurden von der Redaktion der Berliner Zeitung übrigens sorgfältig geprüft, ebenso mein Identitätsnachweis.


Hier der Text des Artikels (ich habe die Argumente im Artikel aber schon seit langem hier raus gehauen):

……….

Sachliche Einwände werden zu Geschwurbel degradiert

Unser Autor ist als Notfallsanitäter im Einsatz. Er verteidigt #allesdichtmachen, weil es nach seiner Ansicht wirklich viel zu kritisieren gibt.

Berlin – Die Reaktionen auf #allesdichtmachen waren teilweise unfassbar. Viele Gegner der Kampagne geben vor, im Sinne der Angestellten des Gesundheitswesens zu agieren und bescheinigen den Video-Machern „Zynismus“ gegenüber der „Corona-Front“ und den „Corona-Toten“. Auch die Ärztin Carola Holzner („Doc Caro“) hat sich in einem Videobeitrag zu der Kampagne geäußert. Sie watscht die Initiative verständnislos ab und maßt sich an, „die Stimme des Gesundheitssystems“ zu sein („zumindest eine“) und „für alle“ zu sprechen, die in diesem Bereich arbeiten.

Ich bin 41 Jahre alt, verheiratet, Vater, seit 19 Jahren im Rettungsdienst tätig, früher Rettungsassistent, mittlerweile Notfallsanitäter. Zur Ausbildung gehören Einsätze auf Intensivstation und in der Anästhesie.Vor dem Rettungsdienst habe ich in mehreren Altenheimen als Pflegekraft gearbeitet und davor mal als junger Bundeswehrsoldat einen Schwur auf die freiheitlich-demokratische Verfassung unseres Landes abgelegt. Ich bin außerdem aktuell Betriebsratsvorsitzender und gewähltes Mitglied einer Tarifkommission. Und ich möchte festhalten, dass die Gegner der #allesdichtmachen-Kampagne keineswegs für alle Mitarbeiter des Gesundheitssystems sprechen!

Der Shitstorm gegen die Initiative war maßlos bis repressiv. Jan Böhmermann attestierte den Mitwirkenden, „nicht mehr dicht“ zu sein. Andere fragten prollig nach dem „fucking Problem“ der Akteure. Wieder andere klagten darüber, sich für ihre Schauspielkollegen zu schämen. Helge Lindh (SPD) bezeichnete die Kampagne im Bundestag als „Rechtspopulismus“. Schließlich mündete der Aufschrei in eine Rhetorik wie gegenüber Kindern, die man „nicht aufgeben“, „nicht verlieren“ dürfe. Wohin aufgeben? Aus was heraus verlieren? Aus der Gemeinschaft der Wissenden, der Guten?

Für „Doc Caro“ Holzner wurde „eine Grenze überschritten“ von #allesdichtmachen, weil „zynische Diskussionen“ in dieser Situation „nichts verloren“ hätten. Es stellt sich die Frage, ob für sie überhaupt irgendeine Art von Diskussion etwas verloren hätte in dieser Situation. Unterlegt hatte sie ihren Video-Beitrag mit dem Hashtag #wirsindmehr. Der war bisher dem „Kampf gegen Rechts“ vorbehalten.

Der harten Abwehrhaltung gegenüber #allesdichtmachen liegt eine ideologisierte Dynamik zugrunde, die höchst bedenklich ist für eine freiheitlich-demokratische Gesellschaft. Sachliche Einwände gegen die Maßnahmen werden zu kaum beachteten Fußnoten oder zu „Geschwurbel“ degradiert. Um dieses Zerrbild etwas aufzuhellen, möchte ich Eckpunkte einer sachlichen Grundsatzkritik an der Corona-Strategie umreißen, aus subjektiver Sicht eines im Gesundheitsbereich Tätigen, aber auch anhand objektiver Sachverhalte.

Die drohende Überlastung des Gesundheitssystems, namentlich der Intensivstationen, ist der Dreh- und Angelpunkt der Maßnahmen. Ohne dieses Damoklesschwert wären Grundrechtseinschränkungen nicht zu begründen. Nun ist es so, dass nicht nur ich, sondern auch viele andere Kolleginnen und Kollegen davon aber gar nichts mitbekommen. Der Rettungsdienst fährt nicht nur Notfälle, sondern auch normale Krankentransporte und Klinikeinweisungen. Vieles, was früher Hausärzte und Ärztliche Notdienste abwickelten, erledigt heute der Rettungsdienst, oft als erste Instanz im Gesundheitsbereich.

Davon, dass die Einsatzbelastung über das Aufkommen früherer Jahre gestiegen sei, kann keine Rede sein. Angespannt wurde die (sowieso seit Jahren prekäre) Personalsituation seit der Corona-Pandemie höchstens dadurch, dass immer wieder Kolleginnen und Kollegen für Wochen quarantänebedingt ausfielen – oft sogar trotz negativer Testergebnisse nach „bestätigtem Kontakt“ im Dienst.

Dazu kommen immer mal wieder verlängerte Fahrtstrecken mit Patienten zum Krankenhaus, weil einige Kliniken zwischendurch abgemeldet sind. Wegen Corona? Ja, aber anders als in Bergamo, wo die Flure mit Patienten überfüllt waren. Wenn Kliniken seit letztem Jahr „dicht“ sind, liegt es meinen Informationen nach überwiegend daran, dass Personal in Quarantäne steckt, oder daran, dass ein ganzes Krankenhaus auf „rot“ geschaltet wurde, weil es auf einer Station nachträglich einen positiven Test bei einem zuvor negativ getesteten Patienten gegeben hat.
Oder weil die Corona-Ambulanzen (Fieber-Ambulanzen) aufgrund der aufwändigen Reinigungsmaßnahmen abgemeldet sind. Da es so ist, dass wirklich jeder Patient mit erhöhter Temperatur durch dieses Klinik-Nadelöhr muss, können logistisch „verstopfte“ Fieber-Ambulanzen ständig zur Lahmlegung des Aufnahmebereichs führen. Es scheint, als ob es zumeist die logistisch-administrativen Anweisungen und Verfahren zu Corona sind, die zu punktuellen Überlastungen der Kliniken führen, nicht zwangsläufig das Infektionsgeschehen selbst.

Ursache dafür, dass die Zahl der gemeldeten Intensivbetten seit letztem Sommer immer wieder (teils drastisch) reduziert werden musste, ist der Personalmangel. Dieser besteht seit Jahren und wird jetzt durch Quarantäne und Kinderbetreuungsnotstände verschärft. Am 30. Juni 2020 meldete das Intensivregister der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) 32.505 Intensivbetten. Mitte April diesen Jahres wurden nur noch 23.868 Intensivplätze gemeldet. Personalnot als Begründung dafür ist absolut inakzeptabel. Ein Jahr lang war Zeit, dieses Problem anzugehen – und es ist auch jetzt noch möglich.

Das Deutsche Ärzteblatt schätzte bereits letztes Jahr, dass 30 bis 40 Prozent der Tätigkeiten auf einer Intensivstation durchaus von angelernten Hilfskräften übernommen werden könnten. Diese Einschätzung ist keine Herabsetzung der Arbeit auf Intensivstationen. Im Rettungsdienst können mindestens 50 Prozent der Tätigkeiten von angelernten Hilfskräften erfüllt werden. Fachpersonal ist nötig, es könnte so aber mehr überwachende Funktionen ausüben. Reservisten, Bundesfreiwilligendienstleistende, FSJ-Leistende – die Rekrutierung von Hilfspersonal wäre möglich.

Es heißt, durch die Pandemie-Verfahrensweisen hätten die Kliniken einen höheren Aufwand bei Hygienemaßnahmen. Das wundert mich. Die angeblich zusätzlichen Hygienemaßnahmen hätten bereits vor vielen Jahren implementiert werden müssen. Nämlich gegenüber multiresistenten Erregern (MRE). Dem Robert-Koch-Institut (RKI) zufolge ist die Zahl der Meldungen zu antibiotikaresistenten Keimbesiedlungen deutlich zurückgegangen im Zuge der Covid-19-Hygienemaßnahmen der Kliniken. In den Jahren zuvor starben hierzulande bis zu 20.000 Menschen jährlich im Zusammenhang mit solchen antibiotikaresistenten Keimen.

Resistente Keime waren vor Corona DAS brennende Thema des deutschen Gesundheitswesens. Deutschland lag zuletzt europaweit auf Platz 3, was Todesfälle im Zusammenhang mit MRE betraf, wie die Ärztezeitung meldete. Entweder haben die klinischen Hygienemaßnahmen gegen Corona die MRE-Fälle deutlich gesenkt – dann würden diese Maßnahmen nicht als Zusatzbelastung „oben drauf“ kommen, sondern man müsste vielmehr von einem bisher jahrelangen schwerwiegenden Versagen gegenüber MRE reden. Oder es ist so, dass die MRE-Fälle eben doch nicht so entscheidend gesenkt wurden durch Corona-Hygienemaßnahmen – man aber weniger testet und dadurch eventuell Todesfälle im Zusammenhang mit MRE in die Corona-Todesstatistik einfließen.

Ein wichtiger Faktor für die hohe Belastung der Intensivstationen ist die fortschreitende Privatisierung im Kliniksektor. Das Fallpauschalensystem der Krankenkassen zwingt die Kliniken, ihre Intensivstationen auszulasten, wenn sie keine gravierenden Umsatzverluste hinnehmen wollen. Tatsächlich haben die Kliniken im Zuge der Pandemie (und der Freihaltung von Betten, für die der Staat 560 Euro pro Bett pro Tag bezahlt) bereits immense Verluste eingefahren, wie die Krankenhausstudie 2020 zeigt.

2018 machte die Rhön-Klinikum AG einen Jahresgewinn von 51 Millionen Euro, Sana 100 Millionen, Asklepios 171 und Helios 686 Millionen Euro. Alleine die jährlichen Personalkosten deutscher Kliniken beliefen sich 2018 indessen insgesamt auf ca. 66,5 Milliarden Euro. Selbst wenn davon nur 37 Prozent auf private Betreiber fallen, übersteigen alleine diese laufenden Personalkosten die Gewinne der vier großen Privatgesellschaften um das 24-Fache! Gibt es deswegen Druck seitens der DIVI, das Fallpauschalensystem pandemiebedingt auszusetzen? Gibt es Druck auf den Staat, den Kliniken derart finanziell beizuspringen, dass diese Faktoren für die verfügbaren Intensivkapazitäten keine Rolle mehr spielen?

Im November 2020 führte ich ein Telefongespräch mit der Pressesprecherin der DIVI. Sie bestätigte, dass es zur Auslastung von Intensivstationen keine bundesweiten Daten zu früheren Jahren gibt, weil das DIVI-Intensivregister erst im April 2020 eingeführt worden sei. Die Daten einzelner Kliniken und Gesundheitsämter würden aber durchaus darauf hindeuten, dass es auch in früheren Jahren vergleichbare Auslastungen gab. Trotzdem rief DIVI-Präsident Marx unmittelbar vor der „Bundesnotbremse“ zu Verschärfungen der Lockdowns auf. Die DIVI wird trotz ihrer bescheidenen Datenlage zu den Jahren vor 2020 häufiger zitiert, als die viel größere DKG (Deutsche Krankenhausgesellschaft). Deren Präsident Gaß sagte Anfang April klipp und klar, dass es eine totale Überlastung unseres Gesundheitssystems absehbar nicht geben werde.

Bereits letztes Jahr zeigte eine Studie zur Nutzung von Intensivbetten aufgrund von Covid-19 (Ärzteblatt 19/2020), dass es selbst bei Annahme einer maximalen täglichen Fallzahl von 20.966 Covid-Patienten „keinen Anlass zu einer Diskussion über eine bevorstehende notwendige Triage“ gebe. Die „Initiative für Qualitätsmedizin“ zeigt, dass im ersten Halbjahr 2020 (erste Corona-Welle inklusive) die Zahlen der Patienten mit Atemwegsinfekten und der Beatmungspatienten durchgängig unterhalb der Zahlen von 2019 lagen. Und für das Gesamtjahr 2020 zeigt eine aktuelle (März 2021) Auswertung des InEK (Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus), dass die Belegung der Klinikbetten im Schnitt um 13 Prozent gesunken war gegenüber früheren Auswertungen.

Ist es also nicht doch berechtigt, zu fragen, ob Inzidenzen als Indikator für Schließungen taugen? Die Öffentlichkeit scheint sich auch einig darin, dass die Falsch-Positiv-Rate bei anlasslosen Massentestungen kein Problem ist. Obwohl das Bundesgesundheitsministerium jetzt 550 Millionen Schnelltests für 2021 bereitstellt, deren positive Ergebnisse theoretisch alle mit einem PCR-Test nachgeprüft werden müssten. Wenn wir vom Durchschnitt der Positiv-Rate der letzten Kalenderwochen ausgehen, kann man also durchaus mit 50 Millionen positiven Schnelltestergebnissen rechnen im Jahr 2021. Bei einer Falsch-Positiv-Rate von bis zu 10 Prozent, von der das Ärzteblatt spricht, hätten wir so alleine durch falsch-positive Schnelltestergebnisse eine Sieben-Tage-Inzidenz von 115,5 zu erwarten.

Und wie viele Menschen wissen, dass es zur Berechnung der Corona-Sterblichkeitsrate zwei verschiedene Rechenverfahren gibt? Das eine teilt die Gestorbenen durch die Anzahl aller positiv Getesteten. Das zweite (Case Fatality Rate – Fallsterblichkeit) teilt die Toten lediglich durch die Zahl der abgeschlossenen Fälle (genesen oder gestorben). Verfahren zwei kommt zu einer deutlich höheren Sterblichkeitsrate. Das RKI verwendet das zweite Verfahren, während es bei den Inzidenzen nicht nur Krankheitsfälle (genesen oder verstorben) zählt, sondern alle positiv Getesteten. Die WHO veröffentlichte dagegen im Oktober 2020 eine Studie zur Sterblichkeit von COVID-19, bei der man die erste Methode verwendete. Ergebnis: eine durchschnittliche Sterblichkeitsrate von 0,2 Prozent, bei den unter 70-jährigen 0,05 Prozent.

Hinsichtlich einer „Übersterblichkeit“ weisen führende Statistiker, wie Göran Kauermann von der Universität München darauf hin, dass der Begriff nicht bedeutet, dass mehr Menschen gestorben sind, sondern dass UNERWARTET mehr Menschen gestorben sind. Kauermann stellt für 2020 keine Übersterblichkeit in Deutschland fest, sobald man die erwartete Mehrsterblichkeit einer alternden Gesellschaft pro Jahr abzieht. Auch weltweit kann man anhand der Daten der UNO keine Übersterblichkeit erkennen: 2020 starben weltweit im Schnitt 7,61 Menschen pro 1000 Menschen. 2019 waren es 7,59, 2015 ebenfalls 7,61.

Im Rettungsdienst sind übrigens eindeutig internistische Probleme wie Herzinfarkt oder neurologische Probleme wie Schlaganfall maßgeblich. 270.000 Deutsche erleiden jedes Jahr einen Schlaganfall, 99.900 Personen sterben daran, das sind 37 Prozent. Warum versuchen wir es nicht mal mit Verbot von Zigaretten, Alkohol, fettem Essen, Zucker und der Verordnung von Zwangssport, um diese Menschen zu retten? Weil wir eine freie, eigenverantwortliche und mit Eigenrisiko ausgestattete demokratische Gesellschaft sind.

Unsere Grund- und Freiheitsrechte erschienen mir immer als etwas Unantastbares. Einschränkungen müssen wasserdicht begründet und durch die Verhältnisse gerechtfertigt sein. Es in eine rechtspopulistische Ecke zu drängen, wenn Bürger die Begründungen und die Verhältnismäßigkeit in Frage stellen, ist antidemokratisch. Dass Freiheit und das Recht auf Kritik so schnell zur Disposition stehen, wenn Angst im Spiel ist, macht Sorge. Diese Sorge hat die #allesdichtmachen-Kampagne aufgegriffen. Und das war richtig so.

Jan Schad ist in Hessen als Notfallsanitäter tätig.

Mein Globus

Kommentar

von Siegfried Gerdau

Ich habe einen Globus. Er steht so an exponierter Stelle, dass ich das Weltgeschehen immer plastisch vor Augen habe. Nur, wenn ich unser Land sehen möchte, muss ich näher rücken. Deutschland nimmt auf meinem Globus kaum mehr Platz als eine dicke Fliege ein. Ich sehe große Flüsse wie Mekong, Gelber Fluss, Jangtsekiang, Ganges, Amazonas und den Nil. Alle transportieren sie gigatonnen Abfall, ungeklärte Fäkalien und alles was Menschen in ihrer Dummheit achtlos entsorgen, Richtung Meer. Ich sehe nicht die abertausenden Flugzeuge, die rund um den Globus Abgase in der Luft verteilen und nicht selten Sprit ablassen. Ich sehe auf meinem Globus nicht die Straßen der Welt, auf der Tag und Nacht 1, 25 Milliarden benzin- oder dieselgetriebene Fahrzeuge die Luft verpesten, so dass zum Beispiel in China an manchen Tagen kaum der Himmel zu sehen ist.

Ein Blick auf den Globus hilft zu relativieren.

Ich kann auch die 350 Kreuzfahrtschiffe und die über 5 000 Handelsschiffe nicht sehen, die zusammen 139 Millionen Tonnen CO2 ausstoßen. Unabhängig von allen Zahlenspielchen und Relativierungen sind sie wohl maßgeblich für die Luftverschmutzung verantwortlich. Ich sehe auf meinem Globus auch nicht die unzählbaren Schlote der Fabriken, der Müllverbrennungen oder die Feuer am Ganges, auf denen Leichen verbrannt und dann die Reste in den Fluss entsorgt werden. Ich sehe auf meinem Globus nicht die Müllberge überall auf der Erde, die entweder vor sich hin qualmen oder das Grundwasser in hohem Maße verseuchen. Ich kann auf meinem Globus alle aktuellen Kriegsschauplätze verfolgen, sehe aber nicht, was diese Kriege, oder wie man sie immer nennen will, für immense Schäden an für Mensch und Umwelt anrichten. Ich will nicht zwischen guten und bösen Kriegen unterscheiden und es schüttelt mich, wenn ich sehe, wie der Mensch in seiner bodenlosen Dummheit und Zurückgebliebenheit immer weiter Schwerter schmiedet und sich von skrupellosen Mitmenschen in kriegerische Auseinandersetzungen hetzen lässt.

Ich höre besonders in unserer jetzigen Zeit ständig, dass Deutschland seine Schadstoffausstoße an CO2 so bald als möglich gegen Null reduzieren müsse. Natürlich müssen wir das, aber auf der Welt oder zumindest in Europa. In fast klerikaler Manier predigen Heilsverkünder von Zurücknahme aller „schlechter“ Lebensgewohnheiten in Deutschland und versprechen zum Beispiel, dass mit der Aufgabe unserer Verbrenner, die Erde gesunden werde. Ich schaue auf meinen Globus und schüttele den Kopf. Nicht über diese Wanderprediger oder die sie ergeben begleitenden Nachrichtenüberbringer. Nein, ich schüttele den Kopf über die Menschen, die sich von diesem engstirnigen Denken inspirieren lassen und glauben, dass Deutschland alleine durch vorbildliches Energie-Fasten acht Milliarden Menschen der Welt auf den rechten Weg bringen kann. Wir schaffen die schädliche Energieerzeugung von Kohle und Erdöl ab, setzen dagegen auf erneuerbare Energie wie die Sonnen-und Windkraft. Wenn es dann eng wird, haben ja unsere Nachbarn rund um Grünland genügend Strom aus sehr nachhaltiger Atomkraft, den sie uns gerne verkaufen. Wir setzen auf elektrische Antriebe, die wir massenhaft in unseren Autos installieren wollen und wissen noch nicht Mal genau, wie wir den immensen Strombedarf zum Laden der Batterien decken können.

Wir plündern dafür die Rohstofflager andere Länder, um unseren Fortbewegungswohlstand nicht zu gefährden. Dabei nehmen wir die Ausbeutung von Natur und Mensch locker in Kauf. Wir verzichten auf Gas aus Russland, weil dieses Land ja so gefährlich für uns ist. Dafür kaufen wir das, unter schlimmsten Bedingungen aus der Erde gespülte, Fracking-Gas. Wir haben immer noch keine langfristigen Endlager für Atommüll. Jetzt kommen noch die Flügel der Windkraftanlagen dazu. Alles was wir machen tun wir halb und obwohl das Wort Nachhaltig in jeder Umwelt-Rede vorkommt, schaffen wir nichts, aber auch gar nichts tatsächlich nachhaltig zu betreiben. Vielleicht brauchten wir nachhaltige Politiker, aber da mangelt es wie beim Lithium an geeigneten Vorkommen.

Wir haben das Ziel unser Land schadstofffrei zu machen und da sind all diese Bedenken ohne Bedeutung. So ganz nebenbei zeigen wir Putin nicht die Grüne Karte, sondern wenn er sich nicht besinnt und unseren Maßstab für Menschenrechte akzeptiert, auch bald die rote Karte. Wir sind nämlich die Guten und das wird Wirkung bei ihm zeigen.

Kann es sein, dass das Corona-Virus nicht nur die Lungen befällt, sondern mittlerweile auch unsere Köpfe. Unsere sicher ehrenwerten Bestrebungen die Welt besser und sauberer für die nächsten Generationen zu machen, funktioniert bestimmt schon bald in Deutschland. Was aber ist mit dem nicht unbedeutenden Rest der Welt? Die Grenzen Deutschlands existieren lediglich auf dem Papier und wenn wir sie überschreiten stehen wir rundherum vor Kohle- und Kernkraftwerken in großer Zahl.

Wenn wir in neun Jahren die Luft sauber haben wollen, müssen wir 106 große Kohlekraftwerke abschalten. Wir müssen noch sechs Kernkraftwerke stilllegen und die mit Erdöl befeuerten natürlich auch noch. Die Alternativen sind dann Wind- und Sonnenenergie. Wir wollen es also schaffen die derzeitigen Megamengen an elektrischer Energie alleine von Solarelementen auf den Hausdächern und aus den WKA zu erzeugen. Seriöse Berechnungen haben ergeben, dass der Strombedarf für alle PKW, (wenn sie denn elektrisch angetrieben wären) durch sechs Kraftwerke oder eine vergleichbare Größe von alternativen Energieerzeugern gedeckt werden müssten. In neun Jahren schon? Na denn gutes Gelingen.

Prof. Dr. Dr. Ulrich Schmidt – Kiel Institute (IfW) sagt:  Aktuelle Studien haben berechnet, dass das Elektroauto bereits beim jetzigen Strommix in Deutschland eine positive Klimabilanz besitzt. Der Autor stellt jedoch fest, dass diese Studien den erhöhten Stromverbrauch, der aus dem Ausbau der Elektromobilität resultiert, vernachlässigen. Er zeigt, dass bei Berücksichtigung des erhöhten Stromverbrauchs Elektroautos tatsächlich zu 73% höheren Treibhausgasemissionen führen als moderne Diesel-PKWs. Als Begründung führt er an, dass es umweltschonender ist, erneuerbare Energien zur Reduzierung der Verstromung von Kohle zu nutzen, als damit Elektroautos zu betanken.

Noch ein paar Fakten:

Ein mittleres Atomkraftwerk hat eine Nennleistung von etwa 1.400 Megawatt, das entspricht jährlich elf Milliarden Kilowattstunden Strom für 3,5 Millionen Haushalte.

Eine moderne Windkraftanlage mit etwa 3 Megawatt elektrischer Leistung erzeugt jährlich so viel Strom, wie 2.000 Haushalte im Jahr benötigen. Gerechnet wurde mit einem Strombedarf von 3.500 kWh pro Haushalt.

Und so ganz nebenbei ist der Strompreis für private Haushalte im März 2020 im weltweiten Vergleich am höchsten: 39 Dollar-Cent mussten Deutschlands Einwohner pro Kilowattstunde zahlen.

Nach Expertenschätzungen wird sich das auch in Zukunft nicht ändern. Wir steigen um auf alternative Energien, zahlen aber dafür horrende Preise.  

Lanz gegen Merz- Boulevard-Journalismus im ZDF

Kommentar

von Siegfried Gerdau

Selten habe ich einen schlechteren und unhöflicheren Lanz gesehen. Was der gestern Nacht lieferte, war verbaler Boulevard- Journalismus par exzellenz. Seine Körpersprache machte deutlich, um was es ihm in erster Linie ging: “ Wie mache ich Merz am gründlichsten fertig.“ Der ließ sich jedoch nicht fertigmachen und hielt mit seiner guten Kinderstube und seinem profunden Fachwissen dagegen.


Mancher Zuschauer fragte sich sicher, was den Moderator geritten hat und was er eigentlich von Merz hören wollte. Über seine teilweise unverschämten Bemerkungen konnte der Politiker meist nur mitleidig lächeln und dennoch blieb er keine Antwort schuldig… wenn er denn die seltene Gelegenheit dazu hatte. Lanz wollte offensichtlich gar nichts ausführlich von ihm hören, sondern seinen Gast lieber mit Schlagworten und Plattheiten traktieren: („Sind sie sozusagen so etwas wie ein Maaßen light?“). Warum eigentlich hat er sich so in einen Mann verbissen, der noch nicht einmal ein politisches Amt innehat. Das stank gewaltig polarisierend und abgeledert.

Als die bis dahin überhaupt nicht zu Wort gekommene DIW-Professorin Claudia Kemfert (der weitere Gast in der Sendung) endlich grünes Licht bekam, sah sich Merz einer zweiten Front gegenüber. Er wehrte sich berechtigt gegen die aufgezwungene Rolle als „regierungsamtlicher Antwortgeber“, der er sicher nicht ist. Fazit: Nicht ohne Grund forderten 2014 mehr als 230. 000 Menschen die Entlassung des Moderators. Der Tenor der Forderung: Lanz hat zum wiederholten Male gezeigt, dass er weder fähig noch willens ist, seinen Gästen gleichberechtigt Wohlwollen, Referent und Anstand entgegenzubringen.“ Genau dieses Verhalten hat er am Donnerstagabend füßescharrend wieder einmal sehr anschaulich unter Beweis gestellt.

Was wird Intensivpfleger Ricardo Lange gedacht haben Angesichts eines ungehobelten Markus Lanz, der sich die Probleme auf deutschen Intensivstaionen zwar anhörte, sich danach sofort wieder seiner „Zielscheibe“ zuwandte.

Nicole Diekmann aus dem ZDF-Haupstadtstudio Berlin hätte sich gerne an der verbalen Dresche für Merz beteiligt. Ihre Einlassungen waren jedoch farblos und lasch.

Wer sich die Mühe machte, am Donnerstagabend bis zum ZDF- Programmbeginn um 23.15 Uhr aufzubleiben, hatte zum LANZ-Ende sicher einen schalen Geschmack im Mund. Gute Talk-Runden gehen anders und nicht jeder unhöfliche Moderator ist gleichzeitig auch ein Guter.

Den Kommentar, den Kollege Mirko Schmid von der Frankfurter Rundschau zum Thema geschrieben hat möchte ich Ihnen nicht vorenthalten

Markus Lanz im ZDF

„Der Talk vom 6. Mai“, ZDF, von Donnerstag, 6. Mai, ab 23.15 Uhr. Im Netz: ZDF Mediathek.

ZDF-Talk: Friedrich Merz schwimmt, Markus Lanz beißt zu

Von Mirko Schmid Frankfurter Rundschau

Markus Lanz präsentiert im ZDF seinen Stargast Friedrich Merz – um den mäandernden Politiker dann vorzuführen. Relevant wird es mit Pfleger Ricardo Lange. Die TV-Kritik.

Mit Markus Lanz ist es immer so eine Sache. Positiv betrachtet kann man ihn einen Wadenbeißer nennen, der im ZDF regelmäßig Finger in Wunden legt. Der nachhakt, seine Fragen wiederholt, bis sie beantwortet werden und ein Gespür dafür hat, wenn sich einer seiner Gäste herauszuwinden versucht. In seinen besten Momenten erinnert er dann an Michel Friedmann zu dessen bester Zeit – vielleicht ein bisschen weniger aggressiv und auch ein Stück weit weniger verliebt in sich selbst.

In anderen Momenten scheint der oft gescholtene Linkenfresser durch, der sich auffällig häufig in jene verbeißt, die es wagen, konservative Dogmen infrage zu stellen. Dann kann Markus Lanz wie kaum ein Zweiter wütend machen oder wahlweise eine Röte des Fremdschams in Gesichter zaubern.

An diesem Abend macht Lanz fast alles richtig, vor allem darin, einen auf sehr unangenehme Weise von sich selbst überzeugten Protagonisten eines überholten Politikstils auf den Grill zu legen. Nicht oft war eine solche Verzwergung des Friedrich Merz zu erleben wie an diesem Abend. Dabei war er als Stargast eingeplant. Von Maybritt Illner als Einziger angekündigt, als diese den verbalen Staffelstab an Lanz weiterreicht.

Markus Lanz lässt Friedrich Merz zusammenschrumpfen

Und doch schrumpft Friedrich Merz, der sich in der CDU für so viel geeigneter hält als alle anderen, im Kreuzverhör des Markus Lanz im ZDF auf ein dermaßen mikroskopisches Bouquet aus Selbstgefälligkeit und Hilflosigkeit zusammen, dass man mit diesem Mann, dem die Moderne so offensichtlich zuwider ist, fast schon Mitleid haben kann. Natürlich nur so lange, bis es ihm wieder einmal gelingt, eine Frau mit einem passiv-aggressiven Unterton zurechtzuweisen, doch bitte die Klappe zu halten.

Oder wie Friedrich Merz es gegenüber Wirtschaftswissenschaftlerin Claudia Kemfert wörtlich herauspresst: „Jetzt unterbrechen Sie mich bitte nicht.“ Kurz bevor er ihr verächtlich lachend seinen Respekt verweigert, als Frau Kemfert dann auch mal reden darf. Dabei wäre er doch so gern der Maurer, wie es Markus Lanz nennt, der den „Renovierungsbedarf auf allen Etagen“ (Merz), den die bundesrepublikanische Politik ohne ihn, den Bessermacher, aufgestaut haben soll.

Damit Friedrich Merz allerdings endlich dort ankommt, wo er sich selbst sieht – also ganz oben – wird er auf seine späteren Jahre lernen müssen, sich zu erklären. Ob er unter einer Kanzlerin Annalana Baerbock ins Kabinett einziehen würde? Will er nicht drüber nachdenken, schließlich kämpfe man um Platz 1. Ober er das Gendern verbieten würde? Das geht in Deutschland doch gar nicht, „zumindest nicht in unserem Rechtssystem“. Wie er es findet, dass Populist Maaßen für die Thüringer CDU in den Bundestagswahlkampf geht? Inakzeptabel sei es, dem Wahlkreis reinzureden.

Friedrich Merz schwimmt, Markus Lanz beißt zu

In diesen Momenten ist Markus Lanz gut. Obwohl dieser Friedrich Merz weder für die Grünen noch für die Linkspartei Reden schwingt, beißt der Mini-Friedmann zu. Lässt Merz nicht von der Angel. Wirft immer wieder neue Kohle in den Grill, über dem Merz so sehr schmort, dass es niemanden hätte verwundern können, hätte er zu schreien angefangen. Oder hätte er die Weidel gemacht und wäre beleidigt abgezogen. Doch Merz, das muss man ihm lassen, bleibt auf seine Weise stabil. Er gibt die immer selben ausweichenden Antworten auf die immer selben klaren Fragen. So gesehen konsequent.

Doch Lanz spielt Merz‘ Spiel nicht mit, an diesem in Teilen echt denkwürdigen ZDF-Abend. Mehrfach macht der Talkmaster wenig subtil deutlich, dass er dem Politiker einfach nicht glaubt. Dass er ihm nicht abnimmt, dass er keinen Groll auf die CSU und Edmund Stoiber hegt, die ihn auf dem vermeintlichen Höhepunkt seiner Schaffenskraft aussortiert hatten. Und dass Merz, wenn es um Hans-Georg Maaßen geht, so rein gar nichts mehr von der in seiner Selbstbeschreibung behaupteten klaren Kante zeigt: „Sie eiern hier gerade unglaublich rum.“ Lanz macht den Rezo, das staunende Publikum erlebt die Zerstörung des Friedrich Merz.

Auch wenn es schade ist, wie wenig Markus Lanz seinen weiblichen Gästen, also eben Claudia Kemfert und der während ihrer viel zu kurz bemessenen Redezeit oft brillanten Journalistin Nicole Diekmann (zum Impfen: „Die Einstiche kommen immer näher“), an diesem Abend einräumt: Der eigentliche Skandal ist, dass sich Lanz viel zu lange mit einem alten weißen Mann kabbelt, der sich nicht zu schade ist, sich über eine angebliche Diskriminierung (sic!) aufzuregen, als er zu hören bekommt, dass ein politisches Urgestein wie er nicht wirklich wie ein Gesicht der Modernisierung wirkt.

Der eigentliche Stargast bei Markus Lanz heißt an diesem Abend Ricardo Lange

Denn der eigentliche Stargast dieses Abends ist ein anderer. Kein Politiker. Keine Journalistin und keine Professorin. Sondern ein Intensivpfleger. Und zwar dieser Ricardo Lange aus Berlin, der Gesundheitsminister Jens Spahn so lange auf die bedrückenden Missstände in deutschen Kliniken aufmerksam machen musste, bis dieser nicht mehr anders konnte, als dem Pfleger den Rahmen der Bundespressekonferenz zu bieten. Natürlich erst, nachdem Lange der Presse von all seinen hilflosen Versuchen berichten musste, Gehör bei diesem Minister zu finden. Dem er vergeblich Mails schrieb, ihm auf den Anrufbeantworter sprach.

Zu Gast bei Markus Lanz            

Claudia Kemfert              Wirtschaftswissenschaftlerin

Nicole Diekmann            Journalistin

Ricardo Lange   Intensivpfleger

Friedrich Merz  Politiker

Lange macht das nicht, weil er ins Rampenlicht will. Lange macht das, weil er etwas zu sagen hat. Weil er eine unbequeme Wahrheit mit sich rumträgt, die ihn nach eigenem Bekenntnis „emotional vergewaltigt“. Weil er es nicht mehr aushält, sich Vorwürfe zu machen, weil er es nicht gleichzeitig schafft, sich drei an heftigsten Corona-Symptomen leidenden Menschen in zwei verschiedenen Krankenzimmern zu widmen. Weil ihn die Politik im Stich lässt.

Und die Worte des Ricardo Lange tun weh. Sie sind unangenehm, bedrückend, berührend. Sie machen betroffen und wütend. Und sie machen hilflos. Und das vor dem Fernseher und nicht nach stundenlangem Dauereinsatz auf einer Intensivstation, auf der man vom System alleingelassen mit ansehen muss, wie schnell die Politik darin ist, Milliarden mit der Bazooka herauszuhauen, Fluglinien zu retten, aber so rein gar nichts gegen den Personalmangel auf den Stationen unternimmt.

Markus Lanz hätte gut daran getan, Ricardo Lange länger zuzuhören

Der Kloß im eigenen Hals schwillt an, wenn dieser stiernackige Mann von „Mama“ und „Papa“ spricht, die ihre Liebsten nicht mehr in den Arm nehmen können. Die in schwarze Säcke gepackt werden, weil die Zeit nicht mehr dazu reicht, sie herzurichten. Ihnen das Fenster zu öffnen, damit die Seele entweichen kann. Von ihnen als Pflegekraft Abschied zu nehmen. Wenn er erzählt, dass er sich dafür beleidigen lassen muss, dass er offen zugibt, wie sehr ihn das mitnimmt. Sich als Müllmann bezeichnen lassen muss, der für seinen Beruf ungeeignet ist, wenn er Probleme damit hat, den „Müll in schwarze Säcke“ zu packen.

Wenn er von Zuschriften erzählt, in denen behauptet wird, dass Puppen statt Menschen in den Intensivbetten lägen, um eine Pandemie vorzutäuschen. Während er mit ansehen muss, wie Betten auf einmal leer sind. Betten, in denen am Abend zuvor Menschen gelegen haben. Menschen, die um ihr Leben gekämpft haben. Und den Kampf verloren. Und wenn dieser Ricardo Lange uns alle daran erinnert, dass eben nicht nur die Alten und Schwachen um ihr Leben kämpfen. Sondern auch die 27-jährige werdende Mutter, der ihr Kind in der 25. Woche aus dem Leib entrissen werden muss, damit eine Überlebenschance bleibt.

Dieser Abend mit Markus Lanz und seinen Gästen war in Teilen bedeutend. Er hätte noch bedeutender werden können, wäre Ricardo Lange länger zur Sprache gekommen. Oder hätte man ihn mal gefragt, was er von dem ganzen Politiktheater hält, dass die Merzens, Söders und Laschets mit ihren abgehobenen Intrigenspielen aufführen. Wie relevant es auf der Intensivstation ist, wer von denen sich in welches Amt drängt.

Ricardo Lange hätte bei Markus Lanz noch viel mehr zu sagen gehabt

Doch nachdem Ricardo Langes, durchaus empathische, Befragung durch Markus Lanz zu Beginn der Sendung abgehakt ist, bleibt er leider ein stummer Beisitzer. Lanz bittet ihn nicht ein einziges weiteres Mal zu Wort. Dabei hat er doch so viel zu sagen, dieser Intensivpfleger aus Berlin. Zum Beispiel, wie sehr es ihn bedrückt, dass „irgendwelche Schauspieler“ von Minister Spahn sofort zum Gespräch eingeladen werden, wenn diese auf ätzende Art und Weise ihrem Unmut darüber Luft machen, dass sie noch ein wenig die Füße still halten müssen. Damit die Intensivstationen wieder atmen können.

Und wie er es findet, dass ihm ein Jens Spahn erst Gehör schenkt, nachdem er es mit seiner Beharrlichkeit auf die Titelseite einer Zeitung bringt. Und dort für den Minister unangenehm angeprangert wird, dass er dem Mann von der Front nicht zuhört. Anders als diesen Schauspielern, die in ihrer zynischen Selbstbezogenheit den Blick für diejenigen verloren haben, die um ihr Leben kämpfen. Oder um das anderer. Doch Applaus für seinen Kampf, den will Ricardo Lange nicht. „Das Rumgeklatsche hat mich genervt“, sagt er, „es müssen Taten folgen“.

Markus Lanz hätte ihm länger zuhören sollen an diesem Abend. Und wir alle sollten wieder lernen, den Richtigen zuzuhören. Und damit sind keine bornierten Schauspieler gemeint, die pseudo-witzige Systemkritik ins Internet erbrechen. Und erst recht keine Wiedergänger der Politik, die nicht wahrhaben wollen, dass der März vielleicht alles neu macht. Aber ganz sicher nicht der Merz. (Mirko Schmid)

Frankfurter Rundschau

Jugendwehr erhält Geldspende

Ein Herz für die Driedorfer Jugendfeuerwehr hat die Geschäftsführerin des Driedorfer Fitnessstudios Formline Stephanie Gross. Am Dienstag überreichte sie vor ihrem Driedorfer Fitnessstudio dem Gemeindejugendfeuerwehrwart Frank Heidrich im Beisein des Gemeindebrandinspektors Frank Merkelbach und des Driedorfer Bürgermeister Carsten Braun einen symbolischen Scheck in Höhe von 2045, 79 Euro.

Steffi Gross, die Geschäftsführerin von Formline Driedorf.

Wie kam es zu diesem unverhofften, aber höchst willkommenen Geldsegen.

Ein euroträchtiges Symbol wechselt die Besitzer

„Im vergangenen Jahr erlosch der ortsansässige Verein für Gesundheitssport Driedorf e.V. und ging in den bundesweit tätigen Verein für Rehasport und Gesundheitsförderung e.V., Oberhausen über. Für die Rehasport Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die auch weiterhin unter dem Dach von Formline agieren, änderte sich nichts. Sie gehen wie gewohnt ihren verordneten Reha-Maßnahmen im orthopädischen Bereich nach“, sagte Steffi Gross, die dem aufgelösten Verein als Vorsitzende angehörte.  Eine Änderung gibt es jedoch und die ist im Vereinsrecht begründet. Da sich der Verein aufgelöst, beziehungsweise einen Vereinswechsel vorgenommen hat, sagt der § 45 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) unter „Anfall des Vereinsvermögens“

  • Mit der Auflösung des Vereins oder der Entziehung der Rechtsfähigkeit fällt das Vermögen an die in der Satzung bestimmten Personen.

In der Satzung des mittlerweile erloschenen „Vereins für Gesundheitssport“ wurde damals einvernehmlich festgelegt, dass im Falle seiner Auflösung das Vermögen an die Jugendwehr der Gemeinde Driedorf übergeht.

So einfach geht und ging das auch in Driedorf. Die Mädchen und Jungen im blauen Outfit der Feuerwehr-Novizen freuen sich und die Euros sind mehr als gut angelegt. Gerade im Nachwuchsbereich müssen alle Wehren immense Anstrengungen in der Nachwuchsförderung unternehmen. Auch Bürgermeister Carsten Braun gefällt diese Unterstützung, nicht nur Angesichts klammer Gemeindekassen, sehr.

Mit dem nötigen Abstand. Von links: Carsten Braun, Steffi Gross, Frank Heidrich und Frank Merkelbach.

Einziger Wermutstropfen: Am Fitnessstudio stehen die Bewegungswilligen immer noch vor verschlossenen Türen. Steffi Gross bietet zwar Online-Kurse an, aber dabei kommt kein einziger Cent in ihre Kasse. Sie hofft sehr, dass sich die Corona-Pandemielage in absehbarer Zeit zum positiven hin ändert und sich das Leben aller Menschen wieder normalisiert. sig/Fotos: Gerdau

Ehemaliger Herborner lenkt Gießener Parlament

„Die Würde unseres Parlaments lebt, nach meiner festen Überzeugung, von den Werten des Grundgesetzes, von Menschenwürde, Toleranz, Respekt und Anstand“, rief der Wahl-Gießener Joachim Grußdorf den Gießener Parlamentariern in seiner Antrittsrede zu. Der 69-jährige ehemalige Herborner wurde am 29. April dieses Jahres „inthronisiert“. Seine Wahl zum Stadtverordnetenvorsteher erfolgte einstimmig und ohne Enthaltungen. Grußdorf, der seit 1993 dem Zusammenschluss der Grünen mit der Bürgerrechtsbewegung Bündnis 90 als Mitglied angehört, versteht sich nach eigener Aussage ausdrücklich als Bündnisgrüner.

Joachim Grußdorf kam am 15. November 1951 in Eberswalde, in der damaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) zur Welt und wuchs in Joachimstal nordöstlich von Berlin auf.

Joachim Grußdorf, ein ehemaliges Herborner Gesicht.

Als die DDR am 13. August 1961 ihre Staatsgrenze und damit auch die Berliner Sektorengrenze nach Westberlin mit einer Mauer abriegelte, befand er sich mit seiner Mutter zum Verwandtenbesuch in Westberlin. Joachim, der fast Zehnjährige, blieb mit ihr dort. Verwandte, die in der Nähe von Tringenstein (Lahn-Dillkreis) im Forsthaus Schwellengrund wohnten, versprachen sie aufzunehmen. Bereits am 1. September 1961 ging der Flug von Berlin nach Frankfurt am Main und nach dem Notaufnahmeverfahren in die neue Heimat.

Im April des darauffolgenden Jahres zog die kleine Familie nach Herborn. Joachim Grußdorf besuchte die Alsbach-Grundschule und im Anschluss daran das Johanneum-Gymnasium bis zum Abitur 1971. Seinen Grundwehrdienst leistete er bis 1972 in Herborn-Seelbach ab.

Viele Freundschaften mit Gleichaltrigen, die ihn auf seinem Weg in den Herborner Jahren begleiteten, bestehen heute noch. Die enge Bindung zu der Stadt an der Dill fußt nicht zuletzt auf der familiären Bindung zu Tochter Yvonne Grußdorf , Schwiegersohn Frank Pletka und Enkeltochter Sophie Grußdorf.

Nach dem Lehramtsstudium in Gießen und Marburg, mit Referendariat in Dillenburg, war Grußdorf als Förderschullehrer an der Herborner Kirchbergschule, der beruflichen Schule Limburg, der Gießener Martin-Buber-Schule und schließlich dort als Konrektor tätig. In dieser Zeit (1987 – 1995) heiratete er 1994 seine zweite Frau Susanne Klare-Grußdorf .

Später wechselte er in die Lehrerweiterbildung an der Hessischen Lehrkräfteakademie und wurde 2016 in den Ruhestand versetzt.

Erste politische Schritte unternahm Joachim Grußdorf in der antiautoritären Schülerbewegung 1968. Kommunalpolitisch betätigte er sich jedoch erst seit 2009 in Gießen. Schon 2011 amtierte er als ehrenamtlicher Stadtrat im Magistrat und war ab 2016 bis zu seiner Wahl zum Stadtverordnetenvorsteher 2021 Stadtverordneter. Darüber hinaus fungierte Grußdorf als Schul- und kulturpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, sowie als Mitglied im Schul- und Kulturausschuss des Hessischen Städtetags. Er war Aufsichtsrat in „Schule@Gießen“ und Mitglied im Vorstand des Behindertenbeirats sowie Mitglied im Seniorenbeirat.

Neben Politik und Familie treiben ihn zwei weitere Leidenschaft um. Joachim Grußdorf spielt sehr gerne Gitarre und fährt leidenschaftlich und oft Fahrrad. Seit 2010 stehen regelmäßig Fahrradurlaube mit Distanzen von 500 Kilometern gemeinsam mit Frau Susanne auf dem Stundenplan. Beide hoffen sehr darauf, dass dies auch im Juli wieder klappen könnte. Die Freude an der Gartenarbeit teilt er ebenfalls gerne mit ihr und abends greift Joachim auch schon mal zur Krimi-Nachtlektüre.

Einen seiner prägnanten Grundsätze machte er in seiner Einführungsrede in das Amt des Gießener Stadtverordnetenvorstehers deutlich. „In einem demokratischen Gemeinwesen ist kein Thema es wert, über den Streit das Gemeinsame in Vergessenheit geraten zu lassen.“

In diesem Sinne wünscht auch gerdaus-welt ihm für seine weitere politische und private Zukunft viel Glück und vor allem Gesundheit.

sig/Foto: privat

Ergotherapie-Praxis in Breitscheid

Das Breitscheider Gesundheitsnetz hat eine sehr willkommene Erweiterung erfahren. Mit der Eröffnung ihrer Ergotherapie-Praxis Breitscheid, Schönbacherstraße 15 haben Nicole Dietermann (51) und Lena Boss (31) eine weitere Lücke in der Patientenversorgung auf dem Westerwald geschlossen. Die examinierte Ergotherapeutin, psychologische Beraterin und Seelsorgerin Nicole Dietermann lernte ihre examinierte Partnerin und Bachelor-Absolventin Lena Boss während der umfangreichen und langjährigen Ausbildung kennen. Beide blicken darüber hinaus auf eine umfangreiche Erfahrung in verschiedenen Tätigkeitsbereichen zurück. Dazu gehörten unter anderem Einsätze in Seniorenpflege-Einrichtungen als Ergotherapeutinnen. Sie beschlossen ihre sehr breit gefächerte Ausbildung als existenzgründende, selbständige Therapeutinnen in den Dienst ihrer Patientinnen und Patienten zu stellen. Deren Altersspektrum reicht vom Kleinkind bis hin zu Seniorinnen und Senioren. Auf die Frage, was Ergo-Therapie bedeutet, erklärte Lena Boss folgendes: „Ergotherapie unterstützt und begleitet Menschen jeden Alters, die in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt oder von Einschränkung bedroht sind. Ziel ist, sie bei der Durchführung für sie bedeutungsvoller Betätigungen in den Bereichen Selbstversorgung, Produktivität und Freizeit in ihrer persönlichen Umwelt zu stärken.“ Dazu gehören die Bereiche Handtherapie, Narbenbehandlung, Wahrnehmungsstörungen, motorisch-funktionelle Behandlung, Hilfsmittelberatung und sogar die Herstellungen von Hand- oder Fingerschienen und psychisch-funktionelle Behandlung. In den modernen lichtdurchfluteten Räumen der Praxis Schönbacherstraße/Ecke Poststraße stehen vielfältige Arbeitsgeräte für die Arbeit mit den Patienten bereit. Die meisten Therapieangebote werden von den Krankenkassen bezahlt. Ein sehr attraktives Angebot mit dem die beiden Therapeutinnen Jugendliche beim Homeschooling unterstützen, rundet das umfangreiche Repertoire der Ergotherapie-Praxis GbR Dietermann und Boss in Breitscheid ab. Terminvergabe und weitere Informationen per mobil-Telefon 0176 97830864 und 0151 42869325 und per Mail: info@ergo-lahn-dill.de. sig/Foto: Gerdau

Nicole Dietermann (stehend) und Lena Boss haben in Breitscheid eine Ergotherapie-Praxis eröffnet.

Der Mai

Von Kurt Reihl

Foto: Gerdau

Da hat er gar nicht übertrieben,

was Erich Kästner einst geschrieben

dass dieser schöne Monat Mai

mit seinen reichen Blütenbäumen

und zart gehegten Liebesträumen

der „Mozart des Kalenders“ sei.

Da ist Musik in jeder Blüte.

Die Lieder dringen ins Gemüte

und machen frei von Sorg und Frust.

Man muss nur richtig sehen wollen,

der Blütenpracht die Ehre zollen,

dann wächst die eigene Freud und Lust.

All die lauen Maienlüfte

führen mit sich wonnige Düfte

und beflügeln unseren Traum.

Bienen schöpfen aus dem Vollen.

Nippend an den Blütenpollen

schwängern sie den Baum.

Mit den Augen musst Du trinken

und im Blütenrausch versinken,

denn nur kurz ist dieser Mai.

Schon nach einunddreißig Tagen wirst Du wehmutsvoll beklagen:
viel zu schnell ging er vor

Gimbel´s Born in Driedorf feiert 100. Geburtstag

Von Anette Plescher

Genau 100 Jahre ist es her, seit der damalige Revierförster Theodor Gimbel aus Heisterberg in dem Driedorfer Waldstück „In der Struht“ eine Quelle einfasste, die später den Namen „Gimbelbrunnen“ erhielt. Seitdem war das Kleinod, unweit der heutigen Bergstraße in Driedorf, ein beliebtes Ziel für Jung und Alt. Ein Windbruch machte dem Ausflugsziel vor einigen Jahren den Garaus. Die fallenden Bäume und danach der Einsatz von schwerem Gerät, ließ von dem Brünnlein nichts mehr übrig. Die kleine Brücke gab es nicht mehr und den Brunnenstein mit der Inschrift „Gimbelbrunnen 1921“ hatte es zwei Meter von seinem Ursprungsort verschleppt. Dem Driedorfer Gerd Lorenz ließ das alles keine Ruhe. Immer wenn er mit seiner Hündin June spazieren ging, wanderte er auch an dem Brunnen vorbei und schaute dort nach dem Rechten. Als dann der Sturm kam und alles zerstörte, beschloss er den „Born“ wieder aufzubauen. Das sollte spätestens zum 100. Geburtstag erledigt sein. In unzähligen Arbeitsstunden räumte er das verwüstete Areal frei, schleppte Steine, säuberte das kleine Bachbett und legte den Wasserzulauf frei. Das ehemalige kleine Brücklein erneuerte er ebenfalls und baute gleich noch ein zweites samt Handlauf dazu. Den schweren Brunnenstein schaffte er jedoch mit Muskelkraft nicht alleine. Der Driedorfer Heiner Klaas ließ sich nicht lange bitten und sorgte mit handwerklichem Geschick und seinem PS-starken Traktor dafür, dass der Brunnenstein schon bald wieder an seinem alten Platz thronte. Gerd Lorenz hat das Fundament so stabil vorbereitet, dass das Brunnenarrangement mindestens weitere 100 Jahre bestehen bleiben wird.  

Intensive Recherchen hatten ergeben, dass der Namensgeber von „Gimbel´s Born“ auf seinen Erbauer Theodor Gimbel zurückzuführen ist. Der stammte genau genommen aus Hohenroth. Maria Kroppach aus Heisterberg erinnert sich noch an den damaligen Förster, dessen beiden Brüder Manfred und Theo Heinigk und auch an dessen Enkel. Auch die Geschwister Anneliese Hof (heute Brandenburger) und Gerhard Hof sind noch gut in der Erinnerung von Maria Kroppach. Der einst in Driedorf ansässige Uhrmacher Herbert Gimbel war ein Cousin des Försters.

Damit das schön gelegene Kulturdenkmal wieder zu einem entsprechenden Ausflugsziel wird, hat Driedorfs Bürgermeister Carsten Braun zugesagt, sich um eine rustikale Sitzgelegenheit zu kümmern. Braun freute sich so sehr über die Eigeninitiative von Gerd Lorenz und Heiner Klaas, dass er den fleißigen Schaffer je ein kulinarisches Präsent überreichte.

Zu finden ist der Gimbelbrunnen ganz einfach. Wer aus Driedorf-Heiligenborn kommend, mit dem Auto nach Driedorf (Kerngemeinde) fährt, biegt in die erste Einfahrt hinter dem Hochwald ein. Dort am sogenannten „Katzebrückelche“ kann das Auto stehen bleiben und man wandert keine 2000 Meter immer geradeaus den Waldweg hoch. Schon bald sieht man auf der linken Weg-Seite den Gimbelborn. Fotos: Siegfried Gerdau

Viel Spaß bei dem Besuch des Brünnleins.